Aufkleber auf Tür „Quarantäne – Zutritt für Unbefugte verboten“
APA/HANS PUNZ
APA/HANS PUNZ
Coronavirus

Quarantänepflicht weicht Verkehrsbeschränkungen

Die Coronavirus-Quarantäne fällt mit August – das hat Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) nach einem Treffen mit den Landesgesundheitsreferenten in einer Pressekonferenz Dienstagnachmittag bestätigt.

Wer sich nicht krank fühlt, kann demnach auch nach einem positiven Test das Haus verlassen, ist allerdings Verkehrsbeschränkungen unterworfen. Dies bedeutet, dass eine FFP2-Maske getragen werden muss, außer man ist im Freien und in zwei Metern Abstand unterwegs. Ferner werden in der Verordnung Betretungsverbote definiert: Das sind Krankenanstalten ebenso wie Pflege- und Behinderten- und Kureinrichtungen, Kinderbetreuungseinrichtungen, Volksschulen und Horte – allerdings dürfen Beschäftigte diese Arbeitsorte betreten, klarerweise mit Maske, wenn sie infiziert sind.

Arbeiten mit positivem Test möglich

Ohnehin ist Arbeiten mit positivem Test künftig – konkret ab Inkrafttreten der Verordnung mit 1. August – wieder möglich, wenn Maske angelegt ist. Dies gilt allerdings nicht in Berufen, wo das Tragen einer Maske die Jobausübung de facto verunmöglicht, wie Logopäden und Musiker. Keine Beschränkungen gibt es, wenn am Arbeitsplatz nur aktuell infizierte Personen zusammentreffen. Doch auch hier gibt es eine Ausnahme: In vulnerablen Settings wie Krankenhäusern ist eine Maske zu tragen.

CoV-Regelung ab 1. August
Grafik: APA/ORF.at

Für Risikogruppen soll künftig wieder eine Ausnahme bestehen. Sie müssen nicht am Arbeitsort tätig werden, wenn es keine geeignete Schutzeinrichtung dort gibt.

Gasthausbesuch für Infizierte mit Maske möglich

Daheim ist auch für Infizierte keine Maske anzulegen, solange nur Personen desselben Haushalts anwesend sind, das gilt auch für Privat-Pkw. Auch Besuche in öffentlichen Einrichtungen wie Gasthäusern oder Schwimmbädern bei positivem Test sind mit Maske erlaubt – die Maske darf aber nicht abgenommen werden, um Essen oder Getränke zu konsumieren.

Zu beachten ist, dass die Verkehrsbeschränkungen nicht erst nach einem positiven PCR-Test laufen, sondern bereits nach einem Antigen-Test. Wird dieser durch einen PCR-Test nicht bestätigt, fallen die Vorgaben. Ohnehin gelten die Verkehrsbeschränkungen maximal zehn Tage – nach fünf kann man sich freitesten.

Rauch: Neue Phase der Pandemie

Rauch sprach am Dienstag von einer neuen Phase der Pandemie, in der man mit Impfung und Medikamenten Werkzeuge zur Bekämpfung der Krankheit in der Hand habe. Zu beachten gebe es auch psychische Auswirkungen durch die Krise.

Statement von Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne)

Pressekonferenz mit Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne), ÖVP-Arbeitsminister Martin Kocher und Katharina Reich (Generaldirektorin für die Öffentliche Gesundheit) zu den Themen: Schutz von Risikogruppen durch Impfen und Medikamente, Absonderung oder Verkehrsbeschränkung, Schutz von Risikogruppen am Arbeitsplatz, Präsentation Variantenmanagementplan.

Chief Medical Officer Katharina Reich ergänzte, dass CoV in absehbarer Zeit bleiben werde und man sich darauf einstellen müsse. Es werde nun ein erster „Step down“ vom Krisen- zum Akzeptanzmodus gesetzt – sie wies auch darauf hin, dass nur 50 Prozent der Hospitalisierten mit Corona tatsächlich wegen Covid im Krankenhaus seien – mehr dazu in Details zu Quarantäne-Aus präsentiert (news.ORF.at).

Bogner-Strauß: „Sinnvoll“

Landeshauptmann Christopher Drexler (ÖVP) befürwortete bereits am Montag ein Quarantäne-Aus, und Gesundheitslandesrätin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) hielt es am Dienstag angesichts der momentanen Spitals-Bettenbelegung und der vorherrschenden Virusvarianten für sinnvoll, „auf Verkehrsbeschränkung zu setzen. Diese Maßnahme kann man auch schon in vielen Ländern Europas beobachten“.

Die Wiedereinführung der telefonischen Krankmeldung sowie die Risikogruppen-Verordnung seien wichtige Bausteine, so Bogner-Strauß: „Nichtsdestotrotz gilt es weiterhin achtsam zu sein. Sollte sich die Lage ändern, müssten die Maßnahmen natürlich wieder neu evaluiert werden.“

SPÖ-Länder mit Kritik

Während dagegen Fachleute durchwegs skeptisch sind – mehr dazu in Quarantäne-Aus: Fachleute skeptisch (news.ORF.at) –, kam aus den SPÖ-geführten Bundesländern scharfe Kritik: Wien orientiere sich an den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und sei gegen das Aus der Quarantäne, sagte etwa der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) – mehr dazu in Ludwig zu Quarantäne-Ende: „Falsche Richtung“ (wien.ORF.at).

Der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) kritisierte in einer Stellungnahme, dass „die Bundesregierung wesentliche Fragen und fast alle Details offengelassen“ habe – mehr dazu in Quarantäne-Aus: Doskozil für „stufenweisen Strategiewechsel“ (burgenland.ORF.at). Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) wiederum sagte, es handle sich bei den Überlegungen um einen „Strategiewechsel, für dessen Folgen die Bundesregierung die volle Verantwortung übernehmen muss“ – mehr dazu in Aus für Quarantäne: Kritik aus Kärnten (kaernten.ORF.at).

Erhebliche Erleichterung für Verwaltung

Das Aus für die Quarantänepflicht wirkt sich jedenfalls auch auf die Verwaltung aus – das bestätigt Eva Winter, die Leiterin des Grazer Gesundheitsamts: „Für uns als Gesundheitsbehörde ist das natürlich eine erhebliche Erleichterung, auf die wir auch schon sehr lange warten. Wir haben jetzt natürlich den Vorteil, dass wir nicht mehr so viele Bescheide schreiben müssen, weil die Leute automatisch verkehrsbeschränkt sind.“

Auswirkungen aufs Testen unklar

Die Auswirkungen auf das Testen sind noch unklar – allerdings wird derzeit ohnehin nur wenig getestet, sagt die Vizepräsidentin der Apothekerkammer, Alexandra Fuchsbichler: „Die Testungen haben deutlich abgenommen, wenn man davon ausgeht, dass wir vor einem halben Jahr 100 Prozent hatten, dann sind wir jetzt bei zehn bis 15 Prozent. In den letzten ein bis zwei Wochen ist es aber wieder etwas angestiegen.“ Ob mehr oder weniger getestet wird, wenn keine Quarantäne droht, lässt sich aus Sicht der Apothekerkammer nicht sagen.

Spitäler: Hoffen auf Entspannung

In den steirischen Landespitälern hofft man, dass das Ende der Quarantänepflicht Erleichterung in die angespannte Personalsituation bringen wird, „denn wir kommen aus einer Zeit, wo wir teilweise halbe bis ganze Stationsbesetzungen verloren haben durch die Quarantänebestimmungen“, so KAGes-Vorstandsvorsitzender Gerhard Stark. Allerdings fehlen auch regulär in den steirischen Landesspitälern derzeit 450 Pflegekräfte und 180 Ärztinnen und Ärzte.

Reaktionen auf das Quarantäne-Aus

Das Aus für die Quarantäne-Pflicht der Bundesregierung wirkt sich aber nicht nur auf jeden Einzelnen aus, sondern man wird es auch in der Verwaltung spüren: dort, wo bisher die Bescheide rund um die Quarantäne ausgestellt worden sind. Bei den Behörden erwartet man auf alle Fälle weniger Bürokratie.

Wirtschaftskammer zeigt sich erleichtert

Von Seiten der Wirtschaft zeigt man sich erleichtert: Die letzte Stufe der Verordnung mit möglichen harten Lockdowns müsse unbedingt vermieden werden, so Wirtschaftskammer-Direktor Karl-Heinz Dernoscheg. „Grundsätzlich sind die Erleichterungen in diesem Entwurf durchaus sehr begrüßenswert. Die Hoffnung, die wir alle haben, ist, dass es nicht wieder zu Verschärfungen kommen muss – ich betone muss. Von Seite der Wirtschaft möchten wir möglichst unbehinderte Arbeitsmöglichkeiten haben, aber wir sind keine Virologen – das heißt, die medizinischen Entscheidungen müssen die treffen, die da kompetent sind.“ Man begrüße aber, das jetzt wieder auf mehr Eigenverantwortung gesetzt werde.

Arbeitsrechtliche Bedenken

Bedenken bezüglich der Konsequenzen für Unternehmen und Beschäftigte kamen dagegen von der Arbeitsrechtsexpertin Katharina Körber-Risak: „Jeder vernünftige Arbeitgeber lässt Covid-Positive daheim“, so die Anwältin – mehr dazu in Quarantäne-Aus: Arbeitsrechtlerin kritisch (wien.ORF.at).