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Politik

Experten gegen „Hass im Netz“-StA

Soll eine eigene Staatsanwaltschaft eingerichtet werden, die sich künftig der Verfolgung von Hassbotschaften im Internet widmet? In dieser Frage zeigt die Bundesregierung Uneinigkeit. Von den Staatsanwälten und auch der Antidiskriminierungsstelle heißt es, man solle die aktuellen Behörden mit Experten unterstützen.

Der Fall einer oberösterreichischen Ärztin, die monatelang Hassbotschaften und Morddrohungen über das Internet erhalten hat und Suizid beging, hat in der Politik eine Debatte über die Verfolgung von Hass im Netz ausgelöst. Justizministerin Alma Zadic von den Grünen hat sich vergangene Woche gegen eine eigene Sonder-Staatsanwaltschaft ausgesprochen. Sie wolle lieber die bestehenden Staatsanwaltschaften mit mehr Ressourcen stärken. Koalitionspartner ÖVP hat am Wochenende hingegen die Einrichtung einer eigenen Staatsanwaltschaft für Hass im Netz gefordert.

„Ermittlungsbehörden gehören aufgerüstet“

Seit der Coronavirus-Pandemie seien Wut und Aggression im Netz massiver geworden, sagt Daniela Grabovac von der Antidiskriminierungsstelle Steiermark. Manche Menschen würden offenbar keinen Ausweg mehr sehen: „Wir befürchten, dass das nicht nur die Spitze des Eisberges ist, sondern noch einiges folgen wird, weil die Handhabe gegen die Täterinnen und Täter sehr schwierig geworden ist.“

Die Problematik sei, dass jemand, der in der Öffentlichkeit steht, aufgrund seiner öffentlichen Meinung vermehrt im Netz angegriffen werde. Es brauche hier mehrere Schritte, sagt Grabovac: „Die Ermittlungsbehörden gehören aufgerüstet und personell besser besetzt. Insbesondere glaube ich, dass es ein guter Weg wäre, neben den Staatsanwaltschaften auch die Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN), die heuer neu aufgesetzt wurde, mit diesen Kompetenzen und Ressourcen mehr auszustatten.“

Zusammenarbeit mit Plattformen schwierig

Die Präsidentin der Staatsanwältevereinigung, die Steirerin Cornelia Koller, spricht sich im „Standard“-Interview gegen eine eigene Sonder-StA aus. Vielmehr trete sie dafür ein, dass die Staatsanwaltschaften von Experten unterstützt werden. Bereits vor einem halben Jahr seien bei den Staatsanwaltschaften Wien und Graz entsprechende Kompetenzzentren eingerichtet worden. Dieses Projekt, an dem im Moment sieben spezialisierte Staatsanwälte mitwirken, müsse laut Koller nun „flächendeckend erweitert werden, damit in jeder Staatsanwaltschaft in ganz Österreich zumindest ein Spezialist sitzt, der sein Wissen weitergeben kann.“

Eine engere Zusammenarbeit der Behörden fordert Daniela Grabovac: „Was wir bemerkt haben, ist, dass die Zivilgesellschaft, Beratungsstellen, Polizei, Staatsanwaltschaften und Gerichte dementsprechend gut zusammenarbeiten müssen, um solche Fälle zu verhindern.“

Problematisch sei nach wie vor die Kommunikation mit Social Media-Plattformbetreibern, die sehr oft um Löschung zweifelhafter Inhalte gebeten werden, dem aber nicht nachkommen, kritisiert man bei der Antidiskriminierungsstelle Steiermark.