Leerer Kindergarten
Getty Images/iStockphoto/onurdongel
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Bildung

Neuerungen für Elementarpädagogik

Nach vielen Protesten und jahrelanger Kritik soll die Elementarpädagogik in der Steiermark aufgewertet werden: Weniger Kinder pro Pädagogin, weniger Bürokratie und zahlreiche Personalanreize wie eine 15.000-Euro-Prämie wurden am Freitag präsentiert.

Seit Jahren kämpfen die steirischen Elementarpädagoginnen und -pädagogen für bessere Rahmenbedingungen ihrer täglichen Arbeit mit den Kleinsten der Gesellschaft. Anfang des Jahres hat das Land Steiermark einen Dialog mit den Branchenvertretern und Maßnahmen angekündigt – mehr dazu in Elementarpädagogen: Land will helfen (24.2.2022).

Am Freitag präsentierte der zuständige Bildungslandesrat Werner Amon (ÖVP) gemeinsam mit Landeshauptmann Christopher Drexler (ÖVP), Landeshauptmann-Stellvertreter Anton Lang (SPÖ) und Landesrätin Ursula Lackner (SPÖ) ein Bündel an Maßnahmen. Ziel sei es einerseits, den wichtigen Beruf von Elementarpädagoginnen und Elementarpädagogen aufzuwerten und andererseits für eine qualitative Verbesserung der Rahmenbedingungen in den elementarpädagogischen Einrichtungen zu sorgen, sagte die politisch Verantwortlichen.

Herausforderung Personalmangel

Die größte Schwierigkeit, die es kurzfristig zu bewältigen gibt, liegt in der Tatsache, dass von allen Absolventinnen und Absolventen der BAfEPs (Bildungsanstalten für Elementarpädagogik) nur rund 30 Prozent eines Jahrgangs bereit seien, als Elementarpädagoginnen und Elementarpädagogen in einer entsprechenden Einrichtung beruflich tätig zu werden.

Deshalb wird im Herbst die „Personaldispens“ verlängert, die es den Trägern ermöglicht, auch Betreuerinnen und Betreuer mit bestimmten facheinschlägigen pädagogischen Ausbildungen und einer Zusatzqualifikation einzusetzen. Außerdem muss es das Ziel sein, diese Dispens als Übergangsregelung zu verstehen, bis ausreichend viele ausgebildete Elementarpädagoginnen und -pädagogen zur Verfügung stehen.

15.000 Euro Landesprämie

Das Land Steiermark wird jenen, die sich noch heuer entscheiden, Vollzeit für den elementarpädagogischen Bereich zur Verfügung zu stehen, eine Prämie von 15.000 Euro zahlen. Diese Prämie wird über die Träger auf einmal an Jene ausbezahlt, die sich verpflichten, für zumindest drei Jahre im Dienst einer elementarpädagogischen Einrichtung zu bleiben. Bei einer vorzeitigen Beendigung ist der aliquote Anteil der Prämie zurückzuzahlen.

Voraussetzung ist eine vollwertige Ausbildung als Elementarpädagogin oder –pädagoge. In den letzten zwei Jahren darf keine Anstellung in einer elementarpädagogischen Einrichtung vorliegen. Auch jene, die derzeit in elementarpädagogischen Einrichtungen als Betreuerinnen oder Betreuer tätig sind und sich bereiterklären, ein Kolleg für Elementarpädagogik zu absolvieren, sollen ein Landesstipendium in der Höhe von 15.000 Euro erhalten. Zur besseren Betreuung der Praktikantinnen und Praktikanten strebt das Land ein Mentoring-Programm an, das erst mit dem Bund verhandelt werden muss.

Betreuungsschlüssel sinkt

Vor allem die hohe Anzahl an Kindern, die die Pädagoginnen und Pädagogen betreuen, wurde immer wieder kritisiert. Das soll sich jetzt ändern. Beginnend mit dem Kindergartenjahr 2023/2024 wird der Betreuungsschlüssel von derzeit 1:25 stufenweise gesenkt. Je nach Gegebenheit und den räumlichen Möglichkeiten in den jeweiligen Einrichtungen kann über fünf Jahre die Betreuungszahl auf 20 Kinder gesenkt werden oder andernfalls je Gruppe eine zusätzliche Betreuerin bzw. ein zusätzlicher Betreuer angestellt werden.

Auch Beiträge für Kinderkrippe werden gestaffelt

Elternbeiträge sollen zukünftig auch in den Kinderkrippen sozial gestaffelt sein, denn der Zugang zu elementarer Bildung darf nicht vom Einkommen der Eltern abhängen, so die politischen Vertreter am Freitag. Das Modell orientiert sich an der Sozialstaffelung in den Kindergärten und sieht einen vertretbaren Selbstbehalt vor. Außerdem soll der zeitliche Aufwand, den die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Kinderbetreuungseinrichtungen aufwenden müssen, evaluiert.

Kostenteilung angedacht

Pro Jahr nimmt das Land für das Maßnahmenpaket zwölf Millionen Euro in die Hand. Landeshauptmann Drexler und sein Stellvertreter Lang sehen bei der Finanzierung künftig auch die Städte und Gemeinden gefordert. Noch im September sollen die Maßnahmen im Landtag beschlossen werden. Ein zweiter Teil an Verbesserungsmaßnahmen folge in der ersten Jahreshälfte 2023.

Lob und Kritik an vorgestellten Änderungen

Auch wenn die angekündigte Prämie und das Mentoring-Programm gute Ansätze sind, bleiben wesentliche Baustellen in der Elementarpädagogik bestehen, kritisiert NEOS. Für Klubobmann Niko Swatek wurde insbesondere auf die Bedürfnisse der Kinder und ihrer Eltern vergessen. Es fehlte der Ausbau der Öffnungszeiten, und die Reduzierung der Gruppengrößen gehe zu langsam und sei nicht ausreichend. Niko Swatek: „Die OECD empfiehlt einen Schlüssel von 1:7. Nur ein gut ausgebautes Kinderbildungs- und -betreuungsangebot fördert die Talente unserer Kinder und sorgt für Chancengerechtigkeit in unserer Gesellschaft.“

Die angekündigte Prämie von unglaublichen 15.000 Euro für Absolventen einer Bildungseinrichtung für Elementarpädagogik, wenn diese sich für eine Anstellung in einer Einrichtung verpflichten, löst die tatsächlichen Probleme im Bereich nicht. Die Landesregierung wird sich die Mängel in der Elementarpädagogik nicht einfach wegkaufen können“, so FPÖ-Bildungssprecher Stefan Hermann.

Für die Grünen Steiermark geht das am Freitag präsentierte Maßnahmenpaket in die richtige Richtung. Viele grüne Forderungen sind darin enthalten, sagte Bildungssprecherin Lara Köck. „Das Tempo, mit dem Werner Amon seit seinem Amtsantritt vor eineinhalb Monaten erste Maßnahmen auf den Weg gebracht hat, verdeutlicht einmal mehr das Unvermögen seiner Vorgängerin“, so Köck.

Änderungen bringen neue Herausforderungen

Die vorgestellten Maßnahmen werden seitens steirischer Sozialpartner und Industrie begrüßt. Für die Elementarpädagogik in der Steiermark sei nun kurzfristig Verbesserung in Sicht. Weitere Maßnahmen, vor allem jene, die langfristig wirken, seien aber noch zu setzen. Hier denken Sozialpartner und Industrie zum Beispiel an ein modernes Bedarfstool sowie eine Debatte über die Finanzierungsstruktur.

Durch die Senkung der Gruppengrößen, wird – je nach Bedarf – der Bau zahlreicher neuer Gruppenräume und der Betrieb mit zusätzlichem Personal notwendig sein, sagte der Landesvorsitzende des steirischen Städtebundes, Kurt Wallner: „Die Städte und Gemeinden sind im Interesse einer modernen Kinderpädagogik selbstverständlich bereit, die Neuerungen in ihrem Wirkungsbereich umzusetzen, erwarten sich jedoch wirksame finanzielle Unterstützung."