Eine Fraus steht zwischen dem Ehrendenkmal für die Sowjetarmee am Schwarzenbergplatz und einer Mauer, die in den Farben der ukrainischen Flagge bemalt wurde. (1.3.2022)
JOE KLAMAR / AFP / picturedesk.com
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Politik

Ukraine-Krieg: Bei Hilfe Luft nach oben

Vor genau einem halben Jahr hat Russland die Ukraine angegriffen – nur wenige Tage später kamen die ersten Geflüchteten in der Steiermark an. Nach sechs Monaten sieht Honorarkonsul Friedrich Möstl noch einigen Nachbesserungsbedarf bei den Hilfen.

Vor einem halben Jahr überfiel Russland die Ukraine und entfesselte damit einen der größten militärischen Konflikte in Europa seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Die Folgen: Tod und Zerstörung, eine seit Jahrzehnten beispiellose Fluchtbewegung, aber auch eine neu geordnete geopolitische Architektur und weltweite Konsequenzen für die Versorgung mit Energie, Rohstoffen und Nahrung – mehr dazu in Ein halbes Jahr Krieg – und kein Ende in Sicht (news.ORF.at).

Fast 8.000 Menschen sind seit dem Kriegsbeginn aus der Ukraine in die Steiermark geflüchtet. Schnell wurden private Quartiere und Spenden organisiert, ein Ankunftszentrum in der Grazer Messe installiert und auch der Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglicht – mehr dazu in Mehr als 200 Geflüchtete haben schon Arbeit (20.4.2022). Friedrich Möstl, Honorarkonsul der Ukraine in der Stadt Graz, zieht nach einem halben Jahr Krieg eine weitgehend positive Bilanz, sieht aber noch einige Punkte, in denen nachgebessert werden muss.

Viele Kinder sind traumatisiert

„Die Menschen sind einerseits sehr dankbar, dass sie hier in der Steiermark Sicherheit und Aufnahme gefunden haben. Andererseits ist die Sorge sehr groß. Sehr viele haben auch Kinder. Wir haben fast 3.000 Kinder hier in der Steiermark aufgenommen. Die sind natürlich auch traumatisiert und von den Kriegshandlungen in der Ukraine stark beeinflusst. Denen geht es nicht sehr gut“, sagt Möstl.

Von der Zivilgesellschaft zeigt sich der Experte beeindruckt: „Ich darf die Steirerinnen und Steirer nur bitten, dass sie ihre anfangs gezeigte Hilfsbereitschaft beibehalten und Menschen aus der Ukraine weiterhin eine Heimat geben. Einige werden sicher auch hier bei uns bleiben. Die meisten sind Frauen und Kinder, und ich denke, dass wir hier als Land gezeigt haben, dass wir ein sehr großes Herz haben.“

Zu wenige Betreuungsplätze

Von knapp 8.000 Personen, die in der Steiermark registriert wurden, befinden sich derzeit rund 1.000 in einem aufrechten Beschäftigungsverhältnis oder haben eine Bewilligung. „Wichtig wäre hier natürlich auch, dass die Frauen und Kinder Betreuungsplätze haben, sonst ist es schwierig, einen Job anzunehmen. Ein Problem ist auch, dass die Familienbeihilfe nur normal beantragbar ist und man durchschnittlich drei bis sechs Monate warten muss, bis man die Familienbeihilfe bekommt.“ Hier sei laut Möstl auch noch nicht geklärt, ob eine Familienbeihilfe, die in einigen Monaten auf einmal ausgezahlt wird, sich negativ auf die Grundversorgung auswirke.

Honorarkonsul Friedrich Möstl
Honorarkonsulat der Ukraine in Graz
Friedrich Möstl

Zahl der Ankommenden stark zurückgegangen

„Ein weiterer wichtiger Punkt ist auch, dass die Ukrainerinnen nicht unter das Behindertengesetz fallen. Das ist vor allem für die Kinder schlimm, die dringend Therapien brauchen – da haben wir Hunderte davon. Und das können sich die Ukrainerinnen oft nicht leisten, das wird derzeit oft von privaten Spendern aufgebracht“, meint der Honorarkonsul, der für eine Ausdehnung des Gesetzes auf Menschen aus der Ukraine plädiert.

Die Anzahl der ankommenden Menschen ging in den vergangenen Wochen stark zurück, sodass das Ankunftszentrum in der Grazer Messe mittlerweile wieder geschlossen wurde – mehr dazu in Ankunftszentrum in Graz geschlossen (11.8.2022).