Gericht

Eltern genötigt: 37-Jähriger verurteilt

In Graz musste sich am Dienstag ein 37 Jahre alter Mann vor Gericht verantworten, der seine Mutter und seinen Vater via SMS bedroht und hohe Geldbeträge gefordert haben soll. Er wurde nicht rechtskräftig zu einer bedingten Haftstrafe verurteilt.

Der mittlerweile 37-Jährige hatte seine Kindheit und Jugend in Villach verbracht, bis er zum Studium nach Graz gekommen ist, wo er nach wie vor wohnhaft ist. Im Alter von 30 Jahren brach er den Kontakt zum Vater ab und nahm ihn erst wieder auf, als dieser ihn vor zwei Jahren beim Kauf einer Wohnung finanziell unterstützte.

Vorwurf des sexuellen Missbrauchs

Kurz danach wurde der Kontakt erneut unterbrochen. Im Dezember des Vorjahres soll der 37-Jährige schließlich begonnen haben, seine Eltern per SMS zu bedrohen. „Das Verhältnis zu seinen Eltern ist als sehr belastend zu bezeichnen“, bemerkte die Staatsanwältin gleich zu Beginn. Laut Anklage drohte der Mann unter anderem mit einer Anzeige wegen sexuellen Missbrauchs in seiner Kindheit sowie Kinderarbeit, wenn seine Eltern nicht 150.000 Euro an ihn überwiesen würden, zudem forderte er von seinen Eltern Erinnerungsfotos aus seiner Kindheit ein.

Zusätzlich soll der Angeklagte verbale Drohungen gegen seine Mutter ausgesprochen haben. „Widerwärtige Monster ihr, im Gefängnis sollt ihr verrotten! Ich werde euch vernichten!“, lautete etwa eine Nachricht. Im Jänner folgte schließlich noch ein weiteres E-Mail, in dem der Angeklagte seine Eltern zu einer außergerichtlichen Einigung aufforderte, andernfalls werde er zur Polizei gehen.

„Seelische Wunde hat zu sprechen begonnen“

Stattdessen musste sich der 37-Jährige am Dienstag selbst vor Gericht verantworten – ihm wurden schwere Nötigung, gefährliche Drohung und Erpressung vorgeworfen. Der Angeklagte, der vier Jahre lang als Lehrer tätig und zuletzt Taxifahrer war, leugnete vor Gericht gar nicht, die SMS geschrieben zu haben. „Warum haben Sie das gemacht?“, fragte der Richter. „Eine seelische Wunde hat zu sprechen begonnen“, lautete die Antwort. Der Grund für sein Verhalten sei „in der Vergangenheit liegendes Ungemach“, führte der Beschuldigte aus.

Er warf seinen Eltern vor, sich nicht genug um ihn gekümmert zu haben. Im Alter von zwei Jahren verbrannte er sich eigenen Angaben zufolge die Hände an einer Bügelmaschine und bis heute habe er keine Entschuldigung dafür erhalten, deshalb wollte er „einen Feuerstrahl“ schicken. „Es ist nicht ungewöhnlich, dass man sich als Kind verletzt“, relativierte der Richter. „Das sehe ich anders“, widersprach der Beschuldigte.

„Meine Eltern sind geistig nicht gesund“

Seine Eltern hätten besser auf ihn aufpassen müssen, deshalb betrachtete er die geforderte Summe auch als Schmerzensgeld. Dem Vater warf er außerdem vor, ihn sexuell belästigt zu haben. Dieser soll ihn auch zum Fußball- und Eishockeyspielen gezwungen haben, während er „lieber etwas anderes gemacht“ hätte. „Meine Eltern sind geistig nicht gesund“, diagnostizierte der 37-Jährige. Seine Mutter sei nach seiner Geburt depressiv gewesen und habe sich nicht genug um ihn gekümmert, erzählte er weiter.

Bedingte Haft für 37-Jährigen

„Sie tun sich schon selbst sehr leid und hören sich gerne reden“, bemerkte der Richter. Nur der Vater war als Zeuge erschienen und bezeichnete sämtliche Vorwürfe als „komplett an den Haaren herbeigezogen“. In seinem Schlusswort wandte sich der 37-Jährige an den Vorsitzenden: „Ich hoffe auf ihre Einsicht und ihr Mitgefühl“.

Der Schöffensenat hielt dem Angeklagten zugute, dass er sich nicht unrechtmäßig bereichern wollte, sondern tatsächlich glaubte, auf Schmerzensgeld Anspruch zu haben. Die Verurteilung erfolgte wegen versuchter schwerer Nötigung und gefährlicher Drohung. Das eine Jahr bedingte Haft nahm der Angeklagte an, die Staatsanwältin gab keine Erklärung ab. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.