Chronik

Untreue: Ehemaliger Leobener Gemeinderat verurteilt

Ein ehemaliger Gemeinderat ist am Donnerstag in Leoben wegen Untreue zu zehn Monaten bedingter Haft verurteilt worden. Er soll Rechnungen gelegt haben, ohne dass es entsprechende Leistungen dafür gegeben haben soll.

Insgesamt wurde acht Jahre lang ermittelt. Der Verdacht kam durch aufmerksame Mitarbeiter auf, die sich bereits 2014 an Bürgermeister Kurt Wallner (SPÖ) wandten – zum damaligen Zeitpunkt war der Beschuldigte noch SPÖ-Gemeinderat und somit ein Parteikollege des Stadtoberhaupts.

Rechnungen ohne Leistungen

Einem der Tochterunternehmen der Stadt soll es finanziell nicht gut gegangen sein, so der Staatsanwalt. Laut Anklage soll der Beschuldigte daher zwischen 2006 und 2014 Rechnungen in der Höhe von insgesamt rund 330.000 Euro an jeweils andere Gesellschaften innerhalb des Stadtverbundes gelegt haben, ohne dass es entsprechende Leistungen dafür gegeben haben soll.

Konkret sollen etwa Kopier- und Personalleistungen oder auch Internetkosten den jeweils anderen Gesellschaften verrechnet worden sein, obwohl die Unternehmen selbst über Personal und Kopierer verfügt haben. In einem Fall soll ein Dienstleister eine zu hohe Rechnung gelegt haben und die Wiedergutmachung dann an eine Schwestergesellschaft überwiesen worden sein.

Der Angeklagte habe als Geschäftsführer mehrerer Gesellschaften Vermögen zwischen den Unternehmen meist zu Jahresende oder vor Generalversammlungen transferiert und verschoben: Die tatsächlichen Verhältnisse seien damit verschleiert worden, lautet der Vorwurf, auch soll so die Liquidität aller Gesellschaften aufrecht erhalten worden sein.

Verteidiger: „Opfer einer politischen Intrige“

Schon zu Prozessauftakt im Februar stellte der Verteidiger die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft in Abrede: Sein Mandant sei „Opfer einer politischen Intrige“ geworden, doch dem habe man sich in dem jahrelangen Ermittlungsverfahren seitens des Anklägers nicht gewidmet. Der Beschuldigte sei als „erfolgreicher Betriebsansiedler“ nach Leoben geholt worden, um die Tochterunternehmen der Stadt zu organisieren: Er habe rund 2.800 Arbeitsplätze in der Stadt mitgeschaffen, „aber er machte einen Fehler: Er ging in die Politik“, so der Verteidiger damals – das war im März 2010 unter dem damaligen Bürgermeister Matthias Konrad (SPÖ).

Bis 2013 habe sich dann laut Verteidigung bei den Unternehmen alles gut entwickelt, der Angeklagte war Geschäftsführer der Gesellschaften und SPÖ-Gemeinderat – dann allerdings stand ein Wechsel im Bürgermeisteramt an, und im Zuge dessen kam es offenbar zu Konflikten innerhalb der SPÖ. Konrad-Nachfolger wurde schließlich Kurt Wallner, der nunmehrige Landeshauptmannstellvertreter Anton Lang (SPÖ) stieg zum Finanzstadtrat auf und wollte laut dem Verteidiger den Angeklagten „los werden“ – sein Vertrag als Geschäftsführer der Gesellschaften war allerdings schon verlängert.

„Die Suche nach dem goldenen Löffel“

Deshalb soll man nach dem Motto „Freund, Feind, Parteifreund“ nach dem „goldenen Löffel“ gesucht haben, den der Angeklagte angeblich gestohlen haben soll, erklärte der Verteidiger: So soll es dazu gekommen sein, dass eine Mitarbeiterin einer der Gesellschaften Unterlagen sammelte, kopierte und diese an Bürgermeister Wallner weitergab. „Sie sollte etwas gegen ihn suchen“, so der Verdacht des Verteidigers.

Der Anwalt sparte im Februar auch nicht mit Kritik am Staatsanwalt und seinen Erhebungen: „Dem Bürgermeister gelang es offensichtlich, den Staatsanwalt zu instrumentalisieren.“ Aus „niederen Motiven“ seien Kollateralschäden in Kauf genommen worden, um jemanden los zu werden. Bei der Gemeinderatswahl 2015 trat er übrigens mit einer eigenen Liste an und schaffte ein Mandat; bei der Wahl 2020 gelang ihm das nicht mehr.

Nicht rechtskräftig

Nach fast neun Jahren Ermittlungen und Prozess gab es am Donnerstag nun aber einen vorläufigen Schlusspunkt: Der ehemalige Gemeinderat wurde zu zehn Monaten bedingter Haft wegen eines Schadens von rund 95.000 Euro verurteilt, von zwei Drittel der ursprünglichen Schadenssumme wurde er freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft gab keine Erklärung ab, der Politiker nahm sich nach dem Urteil drei Tage Bedenkzeit – es ist somit nicht rechtskräftig.