Chemiefabrik in der Ukraine
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Chronik

Steirerin für Rotes Kreuz in Kiew

Seit rund einem Monat koordiniert die Rottenmannerin Lisa Taschler für das österreichische Rote Kreuz die Verteilung von Spenden und Hilfsgütern in der Ukraine. Mit dem ORF Steiermark sprach die 35-Jährige über ihren Alltag, Luftangriffe und Hilfsbereitschaft.

„Wir sehen natürlich gewisse Fluktuationen in den Spendenströmen, aber grundsätzlich würde ich sagen, dass das sehr erfreulich ist, wie hilfsbereit und wie solidarisch sich die österreichische Bevölkerung zeigt“, sagt Lisa Taschler. Die Rottenmannerin ist bis Anfang 2023 als Programmkoordinatorin des ÖRK in Kiew im Einsatz. „Ich hoffe vor allem jetzt, wo der Winter vor der Tür steht, dass die Spendenströme wieder stärker werden.“ Taschler ist unter anderem für die Verteilung der Spenden zuständig, die über die ORF-Aktion „Nachbar in Not“ gesammelt werden.

Arbeiten im Luftschutzkeller

Für das ÖRK sind fünf bis zehn Personen in der Ukraine im Einsatz. Gemeinsam mit Hilfskräften aus anderen Ländern werden die Spenden verteilt. „Im Idealfall – also an einem ruhigen Tag ohne Luftalarm – bin ich im Büro. Im Oktober hat es einige Angriffe auch im Zentrum von Kiew gegeben, da sind durch die Druckwellen der Einschläge auch Fensterscheiben im Büro zerbrochen. Da heißt es schon, dass man Luftalarme wirklich ernst nehmen muss und sich in einen sicheren Raum begibt.“

„Wenn Explosionen zu hören sind, müssen wir in einen Luftschutzkeller. Wir haben unsere Luftschutzkeller im Büro und bei unseren Wohnhäusern soweit ausgestattet, dass wir dort auch arbeiten können. Es gibt ein paar Stühle, Tische, Decken und auch Powerbanks und Batterien. Es ist aber natürlich nicht einfach, unter solchen Umständen weiterzuarbeiten“, schildert Taschler. Die Internetverbindung sei meist schwach – Kommunikation passiert meist über das Telefon. Im Gespräch mit dem ORF brach die Verbindung einmal zusammen – „das ist ganz normal“, meint Taschler.

„Wir sind ja dann auch nicht nur in unserem Luftschutzkeller im Büro, sondern auch in öffentlichen – und da kommt man mit den Menschen ins Gespräch. Da sitzt man dann zum Beispiel in einer U-Bahn-Station, sitzt mit Leuten, sieht die Solidarität. Da werden Decken und Wasser geteilt, die Leute kommen teilweise mit ihren Haustieren. Das ist dann wirklich ein Ort, an dem man auch merkt, wie zermürbend das auf Dauer für die Bevölkerung ist, wenn man täglich in den Luftschutzkeller muss. Und viele haben den Konflikt noch viel enger wahrgenommen – sind verletzt worden oder haben Freunde oder Familienmitglieder verloren“, erzählt Lisa Taschler.

Immer auf Ernstfall vorbereitet

Jedes Mal, wenn die Sirene ertönt und der Luftalarm losgeht, seien die Traumata der Menschen spürbar. Taschler selbst ist seit zehn Jahren für das Rote Kreuz tätig und war auch schon in Syrien im Einsatz: Auf derartige Situationen werde man im Voraus vorbereitet, sagt die Steirerin, wenn notwendig, gebe es auch psychische Betreuung. In einem Rucksack befindet sich ein Paket, mit dem man einige Stunden oder Tage überleben kann.

Kiew trotz Angriffen noch lebendig

„Wir machen uns natürlich schon – wie alle – Sorgen um den Winter. Man merkt, dass die Nächte schon kalt sind und das wird noch mehr. Außerdem gehen wir davon aus, dass es öfter Stromausfälle geben wird. Für Vertriebene gibt es Notunterkünfte, die statten wir mit dem Nötigsten aus. Auch Öfen, Generatoren, Kühlschränke werden von uns genauso wie Decken dort zur Verfügung gestellt“, so Taschler.

Den Alltag in Kiew beschreibt die Steirerin so: „Die Stadt ist erstaunlich lebendig. Nur an Tagen, an denen es starke Beschüsse gibt, ist natürlich weniger los. Auch durch Stromausfälle und Stromabschaltungen sind oft weniger Menschen unterwegs. Und in den Nächten gilt eine Ausgangssperre.“