Die Klimaaktivsten setzten sich am Joanneumring auf die Straße und blockierten den Frühverkehr
Letzte Generation Österreich
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Chronik

Klimaaktivisten legten Frühverkehr lahm

In der Grazer Innenstadt ist der Frühverkehr am Montag so gut wie still gestanden. Klimaaktivisten blockierten am Joanneumring alle Fahrspuren und lösten ein Verkehrschaos aus.

Nichts ging mehr Montagfrüh – eine der Hauptverkehrsadern in der Grazer Innenstadt, der Joanneumring, wurde von drei Personen der Letzten Generation Österreichs zwischen 08.00 Uhr und 09.00 Uhr vollständig besetzt. Die Autos auf dem Joanneumring standen eine Stunde still. Passantinnen und Passanten drehten Videos mit ihren Mobiltelefonen, Menschen beschimpften die Demonstrierenden.

Für Tempo 100 auf Autobahnen auf Straße geklebt

Nach mehreren ähnlichen Aktionen in Wien war am Montag Graz Ziel einer Protestaktion der Letzten Generation. Zwei Männer und eine Frau klebten sich auf die Fahrbahn, um sich der „fossilen Zerstörung“ in den Weg zu stellen. Die Teilnehmenden der Aktion brachten demnach den Verkehr auf dem Joanneumring „mit ihren Körpern friedlich und entschlossen zum Stillstand, um die einfachste aller einfachen Sparmaßnahmen einzufordern: Tempo 100 auf der Autobahn“, wie es in einer Aussendung hieß. Laut Polizei hatten die beiden Männer versucht, ihre Handflächen mit Superkleber an die Fahrbahn zu kleben, das sei aber aufgrund der nassen Fahrbahn nur zum Teil gelungen, teilte die Polizei mit.

Die Klimaaktivsten setzten sich am Joanneumring auf die Straße und blockierten den Frühverkehr
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Die Klimaaktivsten setzten sich am Joanneumring auf die Straße und blockierten den Frühverkehr
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Leon Ranz ist 25 Jahre alt und absolviert derzeit sein Masterstudium in Physik. Er war einer der Teilnehmenden der Protestaktion Montagfrüh auf dem Grazer Joanneumring: „Ich habe mich heute an die Straße geklebt, weil ich mir nicht mehr anders zu helfen weiß. Die wissenschaftlichen Fakten sind seit Jahrzehnten klar, und unsere Regierung kann bis heute nicht einmal die einfachste aller einfachen Maßnahmen umsetzen. Tempo 100 auf der Autobahn kostet praktisch nichts und erspart uns Jahr für Jahr 460.000 Tonnen CO2.“

„Wir sind hier aus reiner Verzweiflung“

„Wenn es nach mir geht, würde ich auch nicht da sitzen, dann hätten wir eine Regierung, die sich der Verantwortung annimmt und nicht verzögert, anstatt zu handeln. Wir sind hier aus reiner Verzweiflung! Ich habe Angst um meine Zukunft, ich kann nicht mehr länger zusehen, wie Menschen unter der Klimakrise leiden. Ich muss handeln“, so Ranz.

Auch Anja Windl, eine 25 Jahre alte Psychologiestudentin, war an der Aktion beteiligt. „Uns macht das hier auch keinen Spaß, aber letztlich geht es darum, dass die Regierung selbst die einfachsten kostenlosen Maßnahmen, wie zum Beispiel Tempo 100 auf der Autobahn, nicht umsetzt. Das kann es einfach nicht sein.“

Polizei durfte erst nach Rechtsbelehrung eingreifen

Die Polizei konnte zu Beginn der Aktion nur zusehen und durfte nicht gleich handeln. Die Beamten mussten warten, bis ein Jurist die Demonstranten über ihre Rechte aufgeklärt hatte, bestätigte der Pressesprecher der Landespolizeidirektion Steiermark, Markus Lamb: „In erster Linie muss die Möglichkeit gegeben sein, dass die Demonstranten die Örtlichkeit freiwillig verlassen. Wenn nicht, erfolgt dann erst die Auflösung der Versammlung durch die Polizei mit Befehls- und Zwangsgewalt.“

Freiwillig räumten die Mitglieder der Letzten Generation Österreich den Joanneumring nicht. Die jungen Menschen ließen sich schließlich von der Polizei ohne Gegenwehr von der Fahrbahn tragen.

Aktionen auch in anderen Bundesländern geplant

Ein Sprecher der Letzten Generation hatte zuletzt gegenüber der APA angekündigt, dass sich der Protest der Gruppierung bis zumindest 9. Jänner von Wien auf die anderen Bundesländer verlagern wird. Neben Graz hätten sich auch in Linz und Innsbruck Ableger der Letzten Generation gebildet, die demnächst Straßen blockieren könnten. Der Klimaprotest sei „kein Beliebtheitswettbewerb“, hieß es dazu seitens der Letzten Generation Österreich. Es gebe bei den Protesten aber auch immer wieder großen Zuspruch.

Die Gruppierung Letzte Generation hatte zuletzt vor allem in Deutschland mit Blockaden des Straßenverkehrs und Attacken auf berühmte Gemälde für Aufsehen gesorgt. Mehr dazu in Tote Radfahrerin in Berlin: Schlagabtausch zu Klimaprotesten (4.11.2022). Der politische Streit um die Aktionen der Klimaaktivistinnen und -aktivisten hat sich jedoch verschärft, seitdem in der vergangenen Woche in Berlin eine Radfahrerin während einer Protestblockade von einem Betonmischer überrollt worden war. Ein Spezialfahrzeug der Feuerwehr war am Montag wegen der Blockadeaktion im Stau gestanden und deshalb verspätet zum Unfallort gekommen. Die Berliner Polizei stellte gegen zwei Protestierende Strafanzeige, unter anderem wegen unterlassener Hilfeleistung. Die Radfahrerin erlag am Donnerstag im Krankenhaus ihren Verletzungen.