Hundert 100 Euro Geldscheine in Bündel gepackt (Bargeld)
ORF
ORF
Politik

Expertin: Grazer Budget „kein Einzelfall“

Graz ist offenbar nicht die einzige Stadt, die 2023 finanziell ins Trudeln geraten könnte. Das Zentrum für Verwaltungsforschung (KDZ) rechnet damit, dass jede dritte Gemeinde infolge der Rekordinflation und Steuerreform negativ bilanzieren könnte.

Nach einem Brief des Stadtrechnungshofes, wonach Graz auf eine Zahlungsunfähigkeit zusteuern könnte, war Bürgermeisterin Elke Kahr (KPÖ) um Beruhigung bemüht und sprach zwar von einer angespannten Lage, vor einer Pleite stehe die Stadt aber nicht, sagte sie. Auch für die Gemeindeaufsicht des Landes sei die Einsetzung eines Regierungskommissärs in Graz „derzeit noch kein realistisches Szenario“ – mehr dazu in Kahr zu Budget: „Stehen nicht vor Pleite.“ Am Mittwoch will Finanzstadtrat Manfred Eber von der KPÖ dem Stadtrechnungshof eine Mittelfristplanung vorlegen, welche die Zahlungsfähigkeit der Stadt 2023 sicherstellen soll.

2023 wird schwieriges Jahr für viele Gemeinden

Graz ist aber nicht die einzige Stadt, die mit finanziellen Problemen zu kämpfen hat, sagt Karoline Mitterer, Finanzexpertin vom Zentrum für Verwaltungsforschung, das im Auftrag des Städtebundes jährlich einen Gemeindefinanzbericht erstellt: „Wir sehen generell, dass es nächstes Jahr für die Gemeindeebene schwierig wird. Wir sehen einerseits, dass die Einnahmen aufgrund von steuerlichen Maßnahmen wie kalter Progression und so weiter de facto stagnieren und auf der anderen Seite die Ausgaben sehr stark steigen aufgrund von Inflation und Energiekosten und das führt zu finanziellen Problemen bei sehr vielen Gemeinden.“

Konkret betroffene Gemeinden und Städte in der Steiermark nennt die Finanzexpertin nicht, Mitterer vergleicht jedoch die Situation mit 2020, dem ersten Jahr der Coronavirus-Pandemie: „Damals war es knapp ein Drittel der Gemeinden, die ihre laufenden Ausgaben nicht mehr durch laufende Einnahmen decken konnten und in diese Richtung könnte es österreichweit 2023 wieder gehen.“

Finanzielle Unterstützung notwendig

Besonders prekär könnte die Situation für größere Städte mit energieintensiverer Infrastruktur, wie öffentlichem Verkehr und Schulen, werden. Finanzielle Unterstützung sei dringend notwendig, plädiert die Finanzexpertin: „In der jetzigen Situation braucht es Unterstützung von Bund und Ländern, weil das ist ja keine eigenverschuldete Situation. Wir hatten das ja auch 2020 im Zuge der Corona-Pandemie. Nötig wäre es, sowohl Liquidität zu stärken als auch Investitionen zu stützen, damit die Gemeinden hier wirklich die kommunale Daseinsvorsorge aufrechterhalten können.“

Städtebund Steiermark appelliert an Bund

Ähnliche Forderungen in diese Richtung kommen vom Städtebund Steiermark. Denn die explodierenden Energie- und Baukosten würden Städte und Gemeinden sogar stärker treffen als die Pandemie, heißt es. Die Baukosten hätten sich bereits von der Inflation entkoppelt und gegenüber dem Jahr 2020 verdoppelt.

Konkret fordert der Städtebund Steiermark von der Bundesregierung daher unter anderem einen bundesweiten Energiekostenzuschuss zur Sicherstellung der Liquidität, sagt der steirische Städtebund-Vorsitzende und Leobener Bürgermeister Kurt Wallner: „500 Mio. Investitionsmittel für Energiesparmaßnahmen sind ein guter Anfang, aber das ist zu wenig. Die Kommunen brauchen schlichtweg Liquidität. Was nützt eine Investitionsförderung, wenn das Geld für den laufenden Betrieb der Gemeinde nicht reicht. Daher fordern wir 500 Mio. Euro zusätzliches Geld, um für 2023 halbwegs über die Runden zu kommen.“ Andernfalls würde auch das soziale Leben leiden, warnt der Städtebund, so könnten etwa Hallenbäder oder Eislaufplätze geschlossen bleiben.