Hand hält Handy – Mobiltelefon
ORF
ORF
Chronik

Nacktfoto-Affäre: Psychologen im Einsatz

Ein Lehrer eines Grazer Gymnasiums steht im Verdacht, Schülern Nacktbilder abgekauft zu haben. Die Burschen hatten dem Lehrer die Fotos über einen Messengerdienst geschickt. Die Bildungsdirektion hat das Dienstverhältnis mit dem Mann mittlerweile beendet, die Schulpsychologen stehen im Akuteinsatz.

Die Schüler hatten sich an ihre Vertrauenslehrer gewandt und erzählt, dass sie mit ihren Handykameras Nacktfotos von sich angefertigt hatten. Der Lehrer hätte ihnen Geld dafür gegeben. Der Direktor informierte daraufhin die Bildungsdirektion. Der beschuldigte Lehrer wurde bereits zu Wochenbeginn dienstfrei gestellt, Mittwochnachmittag beschloss die Bildungsdirektion nach Absprache mit dem Ministerium, das Dienstverhältnis aufgrund der schwerwiegenden Vorwürfe mit sofortiger Wirkung zu beenden.

Hausdurchsuchung bei Lehrer

„Die Ermittlungen haben aufgrund einer Anzeige der Bildungsdirektion begonnen“, bestätigt Christian Kroschl von der Staatsanwaltschaft Graz. Bei den bisher bekannten Fällen handelt es sich ausschließlich um Buben. Bei einer Hausdurchsuchung vergangenen Donnerstag wurden Datenträger sichergestellt, diese müssen nun ausgewertet werden, sagt Kroschl.

Laut Staatsanwaltschaft liege der Verdacht nahe, dass die Fotos an einen Snapchat-Account geschickt wurden, der auf einen Mädchennamen lautete. Da Fotos auf Snapchat nur wenige Sekunden sichtbar sind und danach automatisch gelöscht werden, gestalten sich die Ermittlungen zusätzlich schwierig. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts der pornografischen Darstellung Minderjähriger. Für den beschuldigten Lehrer gilt die Unschuldsvermutung.

„Handelt sich um einen beliebten Lehrer“

Unterricht sei am Mittwoch jedenfalls nicht möglich gewesen, bestätigt Josef Zollneritsch, Leiter der Schulpsychologie in der Bildungsdirektion. Sieben Schulpsychologen sind im Akuteinsatz an der Schule. Betreut werden laut Zollneritsch Kinder und Lehrer: „Es dürfte sich um eine längere Entwicklung handeln, möglicherweise jahrelang. Es gibt ein ganz hohes Maß an Betroffenheit und Belastung in allen Altersstufen, weil hier der Eindruck entsteht, dass Vertrauen gebrochen wurde, und die Schüler sich schwertun, ihre Gefühle einzuordnen. Es handelt sich um einen sehr beliebten Lehrer.“

Noch nicht klar sei laut Zollneritsch, der auch selbst als zuständiger Schulpsychologe an der betroffenen Schule im Einsatz ist, wie viele Kinder tatsächlich Nacktfotos verschickt haben, er geht aber davon aus, dass sich die Vorwürfe noch ausweiten könnten: „Es hat natürlich Anreize gegeben, sich hier zu beteiligen. Das ist ein sehr geschicktes System gewesen, wo man lange Zeit nicht dahinter gekommen ist, wie es tatsächlich läuft.“ Derzeit sei auch nicht klar, wie genau das System aufgebaut war. Es habe sich laut Zollneritsch im virtuellen Raum über soziale Netzwerke, über unterschiedliche Adressen und Accounts abgespielt.

Katholische Kirche „menschlich enttäuscht“

Der Ordinarius der Diözese Graz-Seckau und das bischöfliche Schulamt halten fest, dass „wir menschlich sehr enttäuscht sind und solche Taten auf das Schärfste verurteilen“, heißt es in einer Stellungnahme der Diözese Graz-Seckau. Der Lehrer, der auch Religion unterrichtete, habe sich zur Einhaltung der diözesanen Rahmenordnung zum Schutz von Kindern und Jugendlichen verpflichtet. Die Katholische Kirche Steiermark bietet in ihrer Ombudsstelle für Opfer von Gewalt und sexuellem Missbrauch Beratung und Unterstützung an. Kostenlos und anonym werden von der Ombudsstelle Erstabklärung und Opferberatung, Krisenintervention und kurzfristige therapeutische Begleitung angeboten.