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Viel Diskussionsstoff bei Sonderlandtag

Ein überaus kritischer Bericht des Landesrechnungshofs über den Bau einer Biogasanlage hat am Freitag zu einer Sondersitzung des Landtages geführt. Dabei sorgte auch das Thema Asyl bzw. Menschenrechtskonvention für hitzige Debatten.

In einer Dringlichen Anfrage an den zuständigen Landesrat Werner Amon (ÖVP) wollten die Grünen unter anderem wissen, welche konkreten Grundrechte der Europäischen Menschenrechtskonvention aus seiner Sicht überarbeitet werden sollen und wieso.

„Landesrat Amon ist ja nicht der einzige, er ist nur aktuell der letzte in einer Reihe von ÖVP-Politikern. Und unklar bleibt bei diesen ganzen Wortmeldungen, es wird eigentlich niemals ausgeführt, was konkret an der Europäischen Menschenrechtskonvention geändert werden sollte bzw. welche Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte aus Sicht der Kritiker zu weit gehen“, so die Grüne Menschenrechtssprecherin Veronika Nitsche.

Amon: „Pervertierung des Asylrechts“

In seiner Beantwortung betonte Landesrat Amon, dass er sich sehr wohl zur Europäischen Menschenrechtskonvention bekennen würde – es könne aber seiner Ansicht nach nicht sein, dass die Europäische Menschenrechtskonvention vom Gerichtshof so interpretiert wird, dass bei der Nachholung von Familienmitgliedern Asylverfahren jeweils bis zu den letzten Instanzen geführt werden, dann plötzlich wieder neue Familienmitglieder auftauchen, bevor es zu einer Entscheidung kommt und der Instanzenzug wieder durchgeführt werden muss.

„Dann führt das zu einer Pervertierung des Asylrechts, und diese Interpretation ist eine Überinterpretation, und das schadet dem Asylrecht und schadet daher auch der Grundidee der Europäischen Menschenrechtskonvention. Insoferne sollte man auch ehrlich – und ich betone ohne Schaum vor dem Munde – über eine zeitgemäße Interpretation der Menschenrechtskonvention diskutieren“, so Amon. Ein Entschließungsantrag mit einem Bekenntnis zur Europäischen Menschenrechtskonvention wurde von ÖVP, SPÖ und FPÖ abgelehnt.

Biogasanlage: Land weist Verantwortung zurück

Schon davor wurde über den eigentlichen Grund des Sonderlandtages diskutiert – der überaus kritische Bericht des Landesrechnungshofs über den Bau einer Biogasanlage: Der Rechnungshof sprach von Verbindlichkeiten von 18,7 Mio. Euro, die in letzter Konsequenz nun fünf Gemeinden, die sich im Abwasserverband (AWV) Leibnitzerfeld-Süd zusammengeschlossen haben, zu tragen hätten.

Mängel soll es laut dem Prüfungsbericht bei der Abnahme der Biogasanlage gegeben haben, die bis heute nicht wie geplant Gas ins Netz einspeist – mehr dazu in Biogasanlage sorgt für Millionenverluste.

Kunasek: „Mangelnde Fehlerkultur“

Darlehen in Millionenhöhe würden nun auf die Bevölkerung abgewälzt, kritisierte die Opposition schon am Dienstag, und am Freitag sprach FPÖ-Klubobmann Mario Kunasek zwar von einem ambitionierten Projekt, das aber „hochriskant“ gewesen sei: „Aus einer eigentlich positiven Biogasanlage wurde eine Geldverbrennungsanlage.“ Er ortete mangelnde Fehlerkultur und Verantwortungsbewusstsein – sowohl bei den Bürgermeistern der fünf betroffenen Gemeinden – mehr dazu in Bürgermeister kontern Rechnungshof-Kritik – als auch bei der Landesregierung und den Abteilungen des Landes.

Drexler: „Nicht zuständig“

Landeshauptmann Christopher Drexler (ÖVP) fühlte sich für große Teile der an ihn gerichteten Dringlichen Anfrage nicht zuständig: Vielmehr liege „ein Gutteil der Geschichte des Projekts“ in der Verantwortung des ehemaligen FPÖ-Landesrats Gerhard Kurzmann.

Schönleitner: „Nicht einmal Genehmigungen überprüft“

Der Grünen-Abgeordnete Lambert Schönleitner kritisierte wiederum Umweltlandesrätin Ursula Lackner (SPÖ): „Die Abteilung hat nicht gehandelt. Es wurden nicht einmal Genehmigungen überprüft, und jetzt steht etwas ganz anderes da, als bewilligt.“

Lackner: „Völlig falsches Bild“

Aber auch die Landesrätin wies die politische Verantwortung zurück: „Die Erzählung zeichnet ein völlig falsches Bild.“ Die Abteilung 13 (zuständig für für Umwelt und Raumordnung) habe sehr wohl Verpflichtungen übernommen.

Swatek: „Moralische Verantwortung“

NEOS-Klubobmann Niko Swatek meinte, dass Verantwortung nicht nur beim Brechen von Gesetzen übernommen werden müsse: „Es gibt auch eine moralische Verantwortung.“ Wenn Bürgermeister versuchen, Fehler zu vertuschen, sogar mittels Rechtsanwälten, seien sie rücktrittsreif.

Kunasek gab sich nach den Antworten von Drexler und Lackner sprachlos: „Da werden 18 Millionen Euro in den Sand gesetzt, und niemand fühlt sich heute dafür zuständig.“ Der Landeshauptmann meinte: „Aus Sicht der Landesregierung ist abzuwarten, ob nicht doch noch Einnahmen lukriert werden können.“ Er wolle die Zuständigen beim AWV und in den Gemeinden ermutigen, „kreativ und engagiert“ zu sein, denn das Gas benötige man angesichts der Energiekrise.