Notarzt
ORF
ORF
GESUNDHEIT

Lange Notarzt-Anfahrtszeiten im Raum Eisenerz

Ein Notfallmediziner der Grazer Med-Uni hat die Notarzt-Anfahrtszeiten im Großraum Eisenerz analysiert und sieht dringenden Handlungsbedarf. Einem möglichen Test-Notarztstützpunkt etwa in Hieflau erteilt das Land Steiermark aber eine klare Absage.

Immer wieder wurden in der Vergangenheit Forderungen nach einem Notarzt-Stützpunkt im Raum Eisenerz laut – denn wenn das Wetter schlecht ist und der Rettungshubschrauber nicht fliegen kann, muss bei einem Notfall ein Auto zufahren. Das allerdings könne, speziell im Großraum Eisenerz, lange dauern, zeigte nun Notfallmediziner Thomas Wegscheider von der Grazer Med-Uni auf.

„Immer, wenn Flugrettung nicht möglich“

Innerhalb von 15 Minuten soll notfallmedizinische Hilfe eintreffen, lautet eine Empfehlung der WHO – im Raum Eisenerz sei man von dieser Frist oft weit entfernt, so Wegscheider: „Wir sind ersucht worden durch die Verantwortlichen vor Ort, uns einmal anzuschauen, wie sind denn Eintreffzeiten von den bestehenden Notarztstützpunkten aus für die jeweiligen Gemeinden. Und das Problem in der Region nördlich von Vordernberg ist tatsächlich, dass die bodengebundenen Eintreffzeiten lang sind – länger, als man das erwarten würde, immer dann, wenn die Flugrettung nicht möglich ist, und das ist in dieser Region halt immer wieder der Fall.“

Notarztfahrzeuge kämen dann entweder aus Leoben, Rottenmann oder Waidhofen an der Ybbs in Niederösterreich, so Wegscheider weiter, und die Anfahrtszeiten bei schlechten Fahrverhältnissen würden teilweise bei 45 Minuten oder mehr liegen. „Wir haben uns auch den Bereich Palfau oder Wildalpen angeschaut, wo sie dann schon im Bereich von 52 bis 60 Minuten liegen“, sagte Wegscheider.

Test-Stützpunkt empfohlen

Wegscheider empfiehlt daher, einen Test-Notarztstützpunkt als Pilotprojekt einzurichten: „Damit man hier erstens rasch zu einer Versorgung kommt und zweitens auch eine entsprechende Datengrundlage schafft. Unserer Analyse folgt, dass der Standort Hieflau in der Gemeinde Landl ganz bestimmt ein sehr attraktiver Standort wäre.“ Auch habe er schon Notärzte und Sanitäter lukrieren können, die dieses Pilotprojekt unterstützen würden, so Wegscheider.

Land: Fünf Notarztsysteme für 5.000 Einwohner

Klaus Pessenbacher, Leiter der Abteilung für Notfall- und Katastrophenmedizin beim Land, erteilt dieser Forderung aber eine Absage: „Wir verfolgen diese Thematik seit vielen Jahren und machen begleitendes Controlling auch anhand der Einsätze und der Einsatzzeiten. Die Region Eisenwurzen bzw. Eisen-Straße wird insgesamt von drei bodengebundenen Notarzt-Systemen und zwei Nachtflugtauglichen Hubschraubern versorgt. Wir sprechen dort von einer Region mit ungefähr 4.500 bis 5.000 Einwohnern, die im Grunde genommen fünf Notarztsysteme zur Verfügung haben und von diesen versorgt werden.“

„Rechnet sich ab dem ersten Menschenleben“

Etwaiger Kritik, die Frequenz an Notarzteinsätzen sei in dieser Region zu gering, um dort einen Notarztstützpunkt rechtfertigen zu können, entgegnet wiederum Wegscheider: „Ein Notarztstützpunkt rechnet sich schon ab dem ersten Menschenleben, das gerettet werden kann. Und ich denke, dass es hier die dringende Unterstützung von höchster politischer Stelle braucht, damit diese Lücke geschlossen werden kann und damit auch in dieser Region in gebotener Zeit notärztliche Hilfe vor Ort sein kann, dort. wo sie gebraucht wird.“

Nicht immer „optimale Zeiten“: „Das liegt auf der Hand“

Dem hält Pessenbacher entgegen: „Die Zahlen, die uns vorliegen, entsprechen nicht den Zahlen, die jetzt kolportiert werden. Zum Zweiten muss man sagen: Auch aus Waidhofen ist der Notarzt auch bei Schlechtwetter in 25 Minuten vor Ort. Dass es hier natürlich nicht immer zu den optimalen Zeiten kommen kann wie in einer Großstadt oder in einem Zentralraum, das liegt auf der Hand – aber das weiß auch die Bevölkerung dort, und das wissen auch die ortsansässigen Ärzte“, so der Leiter der Abteilung für Notfall- und Katastrophenmedizin des Landes Steiermark.

Mario Lindner kritisiert Pessenbacher scharf

„Ich bin mittlerweile wirklich sauer. Wenn Herr Pessenbacher von rund 5.000 Einwohnern in dieser Region spricht, dann verstehe ich die Welt nicht mehr -da geht es mindestens um 15.000 Einwohner, wobei man da die Touristinnen und Touristen noch nicht einmal mitgezählt hat. Die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister fordern das auch schon lange, darum bin ich über den Artikel von der Gesundheitslandesrätin verwundert, in dem sie sagt, dass sie dieses Konzept nicht kennt. Und die zweite Geschichte, die mich unglaublich aufgeregt hat, war die Behauptung, dass ein Notarzt nur 25 Minuten in diese Region brauche. Das möchte ich mir einmal anschauen, dass so etwas in dieser Region möglich ist. Das ist absolut unprofessionell, dass man solche Zahlen liefert. Ich bin wirklich davon überzeugt, dass, wenn man solche Aussagen tätigt, sich die Verantwortlichen wirklich überlegen sollten, ob sie an der richtigen Stelle sitzen“, konterte am Freitag schließlich Mario Lindner, Nationalratsabgeordneter und Liezener Bezirksstellenleiter des Roten Kreuz.