Kein Mensch darf aufgrund seiner Behinderung benachteiligt werden – so steht es in der österreichischen Verfassung. Barrieren gibt es dennoch, etwa in der Weitertbildung gehörloser Menschen. Denn während etwa für eine Berufsausbildung ein Gebärdendolmetsch gezahlt wird, müssen die Kosten für Dolmetscher bei Zusatzausbildungen oder Kursen von den Einrichtungen oder der gehörlosen Person selbst getragen werden.
Finanzielle Hürde teils zu hoch
Für viele sei das eine zu große, finanzielle Hürde, sagt Kerstin Slamanig vom Bildungsnetzwerk Steiermark und nennt ein Beispiel: „Vor Kurzem war eine Weiterbildung zum Thema ‚Gewalt gegen Frauen‘ in einer Grazer Einrichtung. Da war es so, dass es fast nicht möglich war, in irgendeiner Form einen Gebärdendolmetsch für eine interessierte Teilnehmende zu finanzieren. Dadurch ist es schlicht erschwert, dass sie diesen Kurs machen kann.“
Änderung der Rahmenbedingungen gefordert
Die Betroffenen versuchen daher über die Caritas oder „Licht ins Dunkel“ Unterstützungen auf Spendenbasis zu bekommen, erklärt Slamanig. Aber auch das gelinge nicht immer. Die Bildungsexpertin appelliert deshalb an die Politik, die Rahmenbedingungen zu ändern: „Nachdem ich Bildung als Nahversorgung sehe und ein Angebot möglichst allen Menschen zugänglich sein sollte, wäre ich dafür, dass man die allgemeine Bildung und die berufliche Bildung endlich auch gemeinsam denkt in der Erwachsenenbildung. Und da wäre das Plädoyer an das Sozialministerium, hier Dolmetscher zur Verfügung zu stellen.“
Zumindest für ein Problem in diesem Zusammenhang hat das Sozialministerium bereits eine Lösung in Aussicht gestellt. Damit es künftig mehr Gebärdendolmetscher gibt, soll in deren Ausbildung investiert werden.
Ausbildung als Sportmitarbeiter
Gleichzeitig läuft in der Steiermark ein in Österreich einzigartiges Projekt zur Förderung von Menschen mit Behinderung im Sport, das vom Bund für zwei Jahre gefördert wird. Menschen mit Behinderung werden dabei von der Lebenshilfe ausgebildet, um bei Sportveranstaltungen mitarbeiten zu können – zum Beispiel bei den Graz 99ers, erklärt der General Manager des Clubs, Bernd Vollmann. So wurde bei Spielen etwa darauf geachtet, „dass die Kabinen der Auswärtsmannschaften gut bestückt waren, mit Handtüchern und mit Wasserflasche, dass die Stecken auf den Spielerbänken sind der Mannschaften und sie haben auch die Pressearbeit betreut.“
In diese Aufgabe hineinschnuppern und mitarbeiten darf etwa Lukas Kupfersberger, neben seinem Beruf als Fahrradkurier. Im Alter von elf Monaten hatte Lukas Kupfersberger einen Hirninfarkt – bis heute wird der Grazer von der Lebenshilfe Steiermark unterstützt, so Thomas Jäger: „Es ist für sie wichtig, weil sie aus ihrer oftmals gesellschaftlichen Isolation ein Stück weit herauskommen. Der Sport ist ein sehr gutes Feld, um Kontakte zu knüpfen.“
Gestärkte Stärken im Verein Mosaik
Beim Verein „Mosaik“ in Deutschlandsberg steht ebenfalls das stärken der Stärken im Vordergrund, schildert Eva Resch, seit 30 Jahren Behindertenpädagogin des Vereins in Deutschlandsberg: „Sie lernen Arbeitsbereiche kennen: Wir haben eine Tischlerei, Töpferei, wir kochen unsere Speisen alle selber, vor allem aber ist es dieser Förderaspekt in allen Bereichen, die der Mensch mit Beeinträchtigung benötigt.“ Bestenfalls gelingt dadurch der Schritt in die reguläre Arbeitswelt. Aktuell werden in Deutschlandsberg 23 Menschen täglich betreut, und alles, was im Zentrum an Produkten entsteht, kann auch gekauft werden.
Lila Beleuchtung als erkennbares Zeichen
Eine weltweite Lichtkampagne soll am Samstag auf den Tag der Behinderten hinweisen, einzelne öffentliche Gebäude werden violett beleuchtet. Auch die Lebenshilfe Steiermark beteiligt sich an dieser PurpleLightUp-Aktion. Auf mehreren Plattformen der Lebenshilfen werden Logos, Beiträge und Stories lila eingefärbt, um so auf die wertvolle Arbeit von Menschen mit Behinderungen aufmerksam zu machen.
Derzeit arbeiten österreichweit über 23.000 Menschen mit Behinderungen in Werkstätten. Ihre Arbeitsleistung zählt nicht als Erwerbsarbeit, am Ende des Monats gibt es dafür kein Gehalt, sondern nur ein Taschengeld. Das soll sich mit der Umstellung auf einen inklusiven Arbeitsmarkt ändern. „Menschen mit Behinderungen müssen für ihre Arbeit angemessen bezahlt werden und auch in Pension gehen können“, fordert Daniel Gamweger, Vizepräsident der Lebenshilfe Steiermark.