Soziologin Katharina Scherke
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„Sonntagsgespräch“

Soziologin: Angst schürt Streikbereitschaft

Pandemie, Inflation, Teuerung, Krieg: Die Zeiten wurden rauer geworden, und auch in Österreich stieg die Streikbereitschaft. Das habe unter anderem mit Angst und sozialer Verunsicherung zu tun, sagt die Grazer Soziologin Katharina Scherke.

In den vergangenen Wochen kam es vor allem im Zuge der Lohnverhandlungen immer wieder zu Betriebsversammlungen und Warnstreiks, teils wurden die Streikdrohungen zumindest angekündigt – mehr dazu in Herbstlohnrunde: Zeichen stehen auf Streik (2.11.2022) sowie in Bahnstreik: Verkehrschaos blieb aus (27.11.2022). Auch im Handel konnte ein Streik letztlich gerade noch abgewendet werden – mehr dazu in Spannung im Handels-KV-Poker (29.11.2022).

Reaktion auf nicht Beeinflussbares

Derartige Drohgebärden seien für Österreich eigentlich untypisch, sagt Katharina Scherke vom Institut für Soziologie an der KFU Graz im ORF Steiermark-„Sonntagsgespräch“, mit den jüngsten Krisen wie der Pandemie, der Inflation und dem Ukraine-Krieg sei die Streikbereitschaft aber gestiegen: „Weil diese Krisen, die von dem einzelnen nicht unmittelbar beeinflusst werden können, Ängste auslösen – Ängste ganz unterschiedlicher Art und die Reaktionsweisen auf Ängste, die man nicht direkt bekämpfen kann, sind oft darin zu finden, dass man Aktivitäten setzt, um die Ängste einzudämmen.“

Soziologin Katharina Scherke im „Sonntagsgespräch“

Im ORF Steiermark-„Sonntagsgespräch“ mit Franz Neger schildert Katharina Scherke, warum die Streikbereitschaft zuletzt spürbar gestiegen ist.

Verschärfte soziale Ungleichheit

Soziale Ungleichheiten würden den Streikwillen in der Bevölkerung zusätzlich anfachen: „Natürlich muss man darauf hinweisen, dass die Krisen der letzten Jahre die soziale Ungleichheit verschärfen, die vorher schon da war. Gerade im Hinblick auf die Streiks der letzten Wochen – da ging es zentral um Einkommensunterschiede – da ist auch ein unmittelbarer Bezug gegeben, zu einem Inhalt, den man gemeinsam angehen kann.“ Das gebe zumindest das Gefühl, etwas zu tun, gegen die diffuse Angst im Hintergrund.