Flüchtlings-Zelte in Spielberg
ORF
ORF
Soziales

Initiative fordert „Wartezonen“-Ende in Spielfeld

Steirische Kunst- und Kulturschaffende, Wissenschaftler und auch der Grazer Gesundheitsstadtrat Robert Krotzer (KPÖ): Unter dem Motto „Zimmer statt Zelte“ fordert die gemeinsame Initiative ein Ende der „Wartezone“ Spielfeld.

Die Initiative „Border Crossing Spielfeld“ kritisiert seit Wochen, dass die Asylsuchenden in Spielfeld bei Kälte und ausfallenden Heizungen, mit ungenügender Kleidung, dünnen Decken und „zeitweise zu wenig Verpflegung“ ausharren müssten – mehr dazu in Weiter Aufregung um Flüchtlingssituation in Spielfeld (7.12.2022). Rund 150 Männer verbringen die Nächte in den Zelten, die von der Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU) betrieben werden, weil zu wenige Asylunterkünfte in Österreich zur Verfügung stehen.

Am Dienstag forderten nun Wissenschafter „die österreichische Regierung, die Landesregierungen und die Grundversorgungseinrichtungen auf, das Zeltlager Spielfeld sofort zu schließen“. Zu den Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern zählen Menschenrechtswissenschaftler Manfred Nowak, die Migrationsforscher Judith Kohlenberger und Rainer Bauböck, Diskursforscherin Ruth Wodak und Politikwissenschaftlerin Monika Mokre.

„Solidarische Zivilgesellschaft deckt Grundbedürfnisse“

Freiwillige Hilfskräfte in Spielfeld berichten von besorgniserregenden Gesundheitszuständen mancher Flüchtlinge: Viele hätten sich auf ihrer Flucht zum Teil schwer verletzt – die einzige staatlich organisierte ärztliche Behandlung werde aber von einer praktischen Ärztin geleistet, die nur zweimal pro Woche vor Ort sei, hieß es in der Aussendung der Wissenschafter am Dienstag.

Zehn bis 17 Tage würden die Männer in den Zelten leben: „So gut wie möglich werden dringende Bedürfnisse von der solidarischen Zivilgesellschaft abgedeckt, die Kleidung sammelt, warmes Essen bringt und am letzten Wochenende eine ärztliche Behandlung organisiert hat.“

„Unerträglich wie inakzeptabel“

Es sei „unerträglich wie inakzeptabel, dass Geflüchtete in einem der reichsten Länder der Welt in Zelten überleben müssen und das auch noch bei Frost und Schneefall“, hieß es in der Aussendung weiter. „Die behauptete Überlastung des Asylsystems sei eine Auswirkung politischen und bürokratischen Versagens“, doch die Asylkoordination habe errechnet, dass allein das Land Steiermark laut gesetzlicher Selbstverpflichtung um 3.600 mehr Grundversorgungsplätze anbieten müsste.

Seitens des Landes hieß es, dass die Zelte in Spielfeld in der Verantwortung des Bundes liegen und man die Unterbringungsquote zu 81,2 Prozent erfülle – damit liege man im Bundesländervergleich am vierten Platz. „Es bedarf Anstrengungen aller Bundesländer, um Asylwerberinnen und -werber unterbringen zu können.“

„Zimmer statt Zelte“

Anfang Dezember hatten bereits Künstlerinnen und Künstler ein Konzert mit Solidaritätsbekundung in Spielfeld gegeben und ebenfalls „Zimmer statt Zelte“ gefordert. Die Vorsitzende des Migrantenbeirats der Stadt Graz, Irina Karamarkovic, war für einen Lokalaugenschein in Spielfeld und schloss sich den Forderungen an. Am Dienstag hieß es auch aus dem Büro des Grazer Gesundheitsstadtrats Robert Krotzer (KPÖ), „dass das Innenministerium die unwürdige Situation im Registrierungszentrum Spielfeld beenden“ müsse.

Offener Brief an Van der Bellen und Nehammer

Die Steirische Gesellschaft für Kulturpolitik (GKP) übermittelte am Mittwoch auch noch einen offenen Brief, der unter anderem an Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) gerichtet ist. In Spielfeld werde „ohne jede Not eine humanitäre Notlage geschaffen. Der Widerspruch zwischen weihnachtlicher Nächstenliebe und wehrlosen Menschen, die bei Minusgraden in Zelten ausharren müssen, könnte nicht größer sein“, ist in dem Brief zu lesen. Unterzeichnet ist er von mehreren Institutionen und zivilgesellschaftliche Organisationen.

Auch Besuch von Drexler und Lackner änderte nichts

„Border Crossing Spielfeld“ kritisiert schließlich auch, dass auch ein Besuch von Landeshauptmann Christopher Drexler (ÖVP) und Soziallandesrätin Doris Kampus (SPÖ) in Spielfeld nichts verändert habe: Die Caritas sei bisher drei Mal mit Kleiderausgaben in Spielfeld gewesen, doch die mitgebrachten Kleidungsstücke seien zu wenig. Täglich würden rund zehn neue Flüchtlinge ankommen. Eine angekündigte Krankenstation sei nie eröffnet worden, und keine andere Hilfsorganisation sei bisher in den Zelten tätig. „Doch die solidarische Zivilbevölkerung ist täglich vor Ort und versorgt hungernde und frierende Menschen mit warmem nahrhaften Essen und Winterkleidung“, so die Initiative.

Karner: In Spielfeld werden Menschen nur registriert

Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) wies die Kritik Mittwochabend zurück: Spielfeld sei lediglich eine Registrierungsstelle, dort würden keine Menschen untergebracht, sondern eben registriert, und dies dauere auch keine zwei Wochen, „sondern geht mittlerweile sehr rasch“, so Karner. Die Zeitspanne für die Registrierung werde immer kürzer. Zudem seien die Zahlen indes „deutlich zurückgegangen“. Karner führte ins Treffen, dass diese Menschen auf dem Weg nach Österreich teilweise unter freiem Himmel geschlafen hätten, daher müsse es möglich sein, sie für die Dauer der Registrierung in Zelten unterzubringen.

Für die Versorgung der Flüchtlinge in den Zelten sowie für deren Anreise nach Spielfeld und Abreise zu zugewiesenen Quartieren ist nach Auskunft der Landespolizeidirektion Steiermark (LPD) die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU) zuständig. Die LPD indessen stellt die Zelte zur Verfügung, beheizt sie und übernimmt die Registrierung der Flüchtlinge.