Wirtschaft

Doppelfunktionen unter der Lupe

Die „Transparenzoffensive“ der Wirtschaftskammer Steiermark sei auf dem Weg, heißt es von der WK. Vieles wurde im Internet öffentlich gemacht. Bei Doppelfunktionen von Wirtschaftsbund-Funktionären fehlt es aber noch an Transparenz.

Die Aufregung über den Präsidenten der Wirtschaftskammer Steiermark, Josef Herk, war groß, als im November dessen Zusatzbezüge bekannt geworden sind. Herk versprach damals mehr Transparenz – mehr dazu in Zusatzgelder: Herk entschuldigt sich (4.11.2022). Die Kammer machte mittlerweile Funktionsentschädigungen, Wählergruppenunterstützungen, Voranschläge und Rechnungsabschlüsse öffentlich. Ein Transparenz-Defizit gibt es jedoch noch bei Doppelfunktionen.

Zwölf Aufwandsentschädigungen

Die steirische Wirtschaftskammer hat zwölf Regionalstellen. Geleitet werden sie von Personen, die gleichzeitig als bezahlte Referenten im ÖVP-Wirtschaftsbund tätig sind – das ist die in der Kammer dominierende Fraktion. Dafür bekommen die zwölf Personen eine Aufwandsentschädigung von jeweils 5.500 Euro im Jahr, also ein Zusatzeinkommen zum Kammer-Salär.

Loacker: WK als „Selbstbedienungsladen“

Der NEOS-Abgeordnete Gerald Loacker, dem diese Doppelstruktur aufgefallen ist, sagt dazu gegenüber Ö1: „Der ÖVP-Wirtschaftsbund betrachtet die Wirtschaftskammer als Selbstbedienungsladen. Da kann man das Personal aus der Kammer für den Wirtschaftsbund einsetzen, da kann man die Ressourcen wie etwa Büros nutzen. Das ist eine unzulässige Verwendung der Gelder von Zwangsmitgliedern.“

WK: Politisches Engagement nicht meldepflichtig

Von der Wirtschaftskammer heißt es dazu: "Wir unterstützen das Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in öffentlichen Funktionen, sei es bei der Freiwilligen Feuerwehr, dem Roten Kreuz oder auch politisches Engagement, unabhängig von jeglicher parteipolitischen Ausrichtung… Das parteipolitische Engagement ist dem Dienstgeber gegenüber nicht meldepflichtig. Deshalb entzieht es sich auch unserer Kenntnis, wo und wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in welchen Parteien tätig sind.“

Die vom Wirtschaftsbund dominierte Kammer deutet damit an, nicht zu wissen, dass ihre zwölf Regionalstellen von bezahlten Wirtschaftsbund-Leuten geführt werden.

Zufall oder doch nicht?

Beim Wirtschaftsbund Steiermark tut man auf Anfrage von Ö1 so, als wäre es ein Zufall, dass alle zwölf Organisationsreferentinnen und Referenten der Fraktion auch für die Kammer arbeiten: „Es steht nirgends geschrieben, dass diese Funktion durch einen Mitarbeiter/eine Mitarbeiterin der WKO Steiermark besetzt werden muss. Grundsätzlich freuen wir uns über jeder Person, die uns in unserer interessenspolitischen Arbeit unterstützten.“

Gerald Loacker von der NEOS dazu: „Bei zwölf Bezirksstellen ist zwölf Mal der Leiter auch Organisationsreferent des Wirtschaftsbundes. Wer da an Zufall glaubt, der kann die Lottozahlen voraussagen.“

Laut WK müssen Nebentätigkeiten für den Wirtschaftsbund außerhalb der Dienstzeit erledigt werden, was für Loacker Abgrenzungsfragen aufwirft. Die Nutzung der Kammer-Infrastruktur für die Wirtschaftsbund-Arbeiten sei wiederum durch eine „entgeltliche Nutzungsvereinbarung zwischen Wirtschaftsbund und Kammer geregelt“, heißt es. Das wiederum konterkariert jene Aussagen, die den parteipolitischen Hintergrund der Regionalstellen-Leiterinnen und Leiter verschleiern sollten.