Illustration zum Thema „Künstliche Intelligenz (KI)“ (6.8.2019)
HANS KLAUS TECHT / APA / picturedesk.com
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Wissenschaft

ChatGPT für Bildung „Herausforderung“

ChatGPT ist eine neue Software, die mithilfe von Künstlicher Intelligenz komplexe Aufgaben löst. Im Detail ist die Testversion noch fehleranfällig, doch künftig wird sie wohl auch Bildungseinrichtungen vor große Herausforderungen stellen.

Christoph Wolf-Brenner arbeitet am Know-Center an der TU in Graz und beschäftigt sich täglich mit dem Thema Künstliche Intelligenz. Vereinfacht ausgedrückt beschreibt er das, was die Software ChatGPT kann, so: „Man kann sich das Ganze so vorstellen, dass man quasi einen sehr, sehr schlauen digitalen Partner am Computer sitzen hat, der Zugriff auf sehr, sehr große Datenmengen hat, auf sehr, sehr viele Informationen hat und auf dementsprechend viele Dinge Antwort geben kann.“

Rechenaufgaben in Sekunden gelöst

Die Software ChatGPT wurde vom US-amerikanischen Unternehmen OpenAI entwickelt, im November 2022 veröffentlicht und sei laut Wolf-Brenner in etwa vergleichbar mit dem Bordassistenten bei Star Trek: „Der ist nicht weit entfernt. Alexa kann ja jetzt schon mit Sprache ganz gut umgehen. Man müsste de facto bei Chat GPT nur ein Sprach-Interface anhängen und dann hätte man wirklich sozusagen eine wandelnde, sprechende Enzyklopädie, die auf viele Dinge eine Antwort parat hat.“

Das beginnt etwa bei Rechenaufgaben und Gleichungen, die die Software in kürzester Zeit löst, das gelte auch für Textaufgaben: „Wo dann steht, dass ein Zug in Berlin und ein Zug in Wien losfährt und die sich quasi in der Mitte treffen und beide unterschiedliche Geschwindigkeiten fahren. Und dann soll man ausrechnen, wo das ungefähr ist – mit dem Tool kann man das in zwei Minuten erledigen.“ Aber auch den Auftrag für Songs, Gedichte, Aufsätze und Referate erledigt ChatGPT – kurz für „Generative Pretrained Transformer“ – in wenigen Sekunden.

Große Herausforderung für Bildungssystem

Perfekt ist die Software noch nicht. Oft sind Quellenangaben frei erfunden und auch in Fremdsprachen ist die Software in ihrer Testversion noch fehlerhaft. Für einen Platz in der Bildung sei es daher noch zu früh, eher früher als später würde sich das Bildungssystem aber wohl neue Herangehensweisen an Stundenplan und Lehrmethoden überlegen müssen, ist der Grazer Psychotherapeut und Medienpädagoge Lukas Wagner überzeugt: „Es wird sicher für die Bildungssysteme eine große Herausforderung werden, weil die klassischen Aufgaben, die sozusagen linear zu lösen sind, nicht mehr funktionieren werden, weil der Computer die immer schneller und effizienter machen kann. Er schreibt ja nicht einen Aufsatz, er schreibt 10.000 Aufsätze, wenn ich das möchte.“

Anreize für eigene Leistung schaffen

Damit ChatGPT aber nicht zum Schummelparadies wird und damit auch die Bildungsqualität leidet, müsse man sich laut Wagner ein Anreizsystem überlegen: „Welche Anreize können wir schaffen, dass die Schüler gerne die Leistung bringen? Wie kann ich ChatGPT möglichst unattraktiv machen, weil es die Schüler vielleicht reizt, etwas Eigenes zu produzieren?“

Auch als Elternteil dürfe man dem Psychologen zufolge nicht die Augen vor der neuen Technik verschließen oder sie gar ganz verteufeln: „Ich bin ein Fan davon, wenn Familien dort, wo es irgendwie geht, die Dinge gemeinsam ausprobieren. Da merkt man
recht schnell: Wo sind die Grenzen? Wenn ich dagegen ein siebenjähriges Kind habe, das wissen mag, wie schwer die Sonne ist, das kann man ChatGPT fragen und man kann auch sagen: ‚Erklär es mir so, als wäre ich sieben Jahre alt.‘ Es passt sich die Erklärung praktisch extra für das Kind an und damit gibt es auch die Möglichkeit, in den Familien Medien oder neue Produkte gemeinsam zu nutzen“, so der Grazer Psychotherapeut.