Grazer Schwurgerichtssaal
APA/KARIN ZEHETLEITNER
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Gericht

„Ein Mord wie aus einem Krimi“

Ein Mordkomplott aus dem Jahr 2001 findet seit Montag ein Nachspiel am Grazer Straflandesgericht: Damals wurde bei Sinabelkirchen die Leiche eines 47-jährigen Italieners gefunden – nun stehen seine Ex-Freundin und ein weiterer Mann vor Gericht.

Lange tappten die Ermittler im Dunkeln, bis schließlich nach Zeugenaussagen Spuren in die Slowakei führten: Zwei der insgesamt vier Angeklagten wurden 2019 zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Im vergangenen Sommer wurden dann auch die Ex-Freundin des Toten – sie soll den Mord in Auftrag gegeben haben – und ihr ehemaliger Schwager von den slowakischen Behörden ausgeliefert.

„Das Motiv ist Habgier“

Der Fall gab den Kriminalisten lange Zeit Rätsel auf: Im Juli 2001 hatte ein Radfahrer nahe der Autobahnabfahrt Sinabelkirchen die Leiche des 47 Jahre alten Italieners gefunden – sie wies Schuss- und Stichverletzungen auf; Verbindungen zur Steiermark gab es nicht.

„Es handelt sich um ein ganz besonderes Verfahren. Es ist ein Mord, der aus einem Krimi stammen könnte“, erklärte nun der Staatsanwalt zu Beginn der Verhandlung am Montag: „Das Motiv ist Habgier.“

Mordkomplott findet Nachspiel in Graz

Ein Mordkomplott aus dem Jahr 2001 findet am Montag ein Nachspiel am Grazer Straflandesgericht: Damals wurde bei Sinabelkirchen die Leiche eines 47-jährigen Italieners gefunden – nun stehen seine Ex-Freundin und ein weiterer Mann vor Gericht.

Ende der 1990er-Jahre hatte sich der Italiener in eine Slowakin verliebt. „Es gibt das Gerücht, dass sie als Prostituierte gearbeitet hat.“ Er gab ihr immer wieder Geld, sie forderte immer mehr, schließlich auch eine Lebensversicherung zugunsten ihrer Tochter, und er soll der Slowakin auch eine Wohnung finanziert haben.

Als diese ihn dort nicht einziehen habe lassen, drohte er mit einer Anzeige wegen Betrugs. Ein Bekannter der Frau soll daraufhin den Plan entwickelt haben, den Mann zu töten – zwei weitere Beteiligte sollen den Italiener dann in die Steiermark gelockt und ihn umgebracht haben.

Auslieferung nach 21 Jahren

Einer dieser Täter und der Planer wurden 2019 rechtskräftig zu 17 und 18 Jahren Haft verurteilt – sie werden am Mittwoch als Zeugen im laufenden Verfahren erwartet. Ihre Auftraggeberin wiederum soll laut Anklage die heute 58 Jahre alte Slowakin gewesen sein.

Erst im Sommer des Vorjahres, 21 Jahre nach der Tat, wurde sie von den Behörden nach Österreich ausgeliefert, wo sie sich nun am Grazer Straflandesgericht vor Geschworenen verantworten muss – gemeinsam mit ihrem ehemaligen Schwager, den sie mit den beiden bereits Verurteilten zum Mord angestiftet haben soll.

„Nur Indizien und zweifelhafte Aussagen“

„Es gibt keine Tatbeweise, nur Indizien und zweifelhafte Aussagen“, meinte allerdings die Verteidigerin des Slowaken am Montag; es gebe auch keinerlei DNA-Spuren ihres Mandanten, am Tatort hätten sich nur die Spuren von drei bisher unbekannten Männern gefunden. Dass die eigene Tochter den Vater belastet habe, hinge damit zusammen, dass sie die Frau schützen wolle – angeblich arbeitet sie in einem der Betriebe der Beschuldigten.

„Spannende Geschichte“ – ohne Bezug zur Realität

„Die Anklage ist eine spannende Geschichte, die mit der Realität nichts zu tun hat“, erklärte wiederum der Verteidiger der Frau: Seine Mandantin sei die einzige Unbescholtene in diesem Verfahren, sie sei „eine erfolgreiche Geschäftsfrau“ gewesen, von Prostitution könne keine Rede sein.

Tatsächlich habe sie die Beziehung zu dem späteren Opfer beendet, weil der Italiener sie mit seiner Eifersucht gequält habe. Der Erstangeklagte soll sie erpresst haben, indem er ihr drohte, sie anzuzeigen und mit dem Tod ihres früheren Liebhabers in Verbindung zu bringen. Sie habe ihm mehrmals Geld gegeben, sei dann aber weggezogen und habe nichts mehr bezahlt.

Angeklagte: „Das stimmt alles nicht“

Die angeklagte Slowakin fühlte sich in ihrer Befragung nicht schuldig: Der Italiener wollte eine Wohnung kaufen, um Geld für das Hotel zu sparen, sie habe ihn nicht dazu gedrängt, erklärte die Frau am Montag. „Die Wohnung soll für ihre Tochter bestimmt gewesen sein, stimmt das?“, fragte die Richterin. „Nein, er wollte sie für sich haben.“

Der Mann hatte seine Freundin bereits angezeigt, weil sie immer mehr Geld von ihm verlangt habe, zog die Anzeige aber zurück. Er soll sich geäußert haben, dass er sich vor ihr fürchte und um sein Leben bange, hielt die Richterin der Angeklagten vor. „Das stimmt alles nicht“, wehrte sich die Beschuldigte.

Eine Lebensversicherung als „etwas Gemeinsames“

Sie bestätigte, das beide Partner eine Lebensversicherung abgeschlossen hätten, und zwar zugunsten ihrer Tochter: „Wir wollten etwas Gemeinsames haben“, lautete ihre Begründung. Als die Beziehung in die Brüche ging, kündigte sie die Versicherung sofort – seine blieb bestehen und kam mit seinem Tod zum Tragen. „Warum haben Sie Ihre Versicherung gekündigt, es war ja Ihre Tochter die Begünstigte“, interessierte die Vorsitzende. „Ich wollte nichts Gemeinsames mehr“, kam die Antwort. Der Prozess wird am Mittwoch fortgesetzt.