Der Mann musste sich jetzt in Graz vor Gericht wegen Körperverletzung, Kurpfuscherei, Urkundenfälschung und schweren gewerbsmäßigen Betrugs verantworten: Er hat nie Medizin studiert und eine Friseurlehre sowie die Ausbildung zum Krankenpfleger abgebrochen. Seit den 1980er Jahren war er in der Behindertenarbeit tätig und das jahrzehntelang in leitender Position.
Der falsche Mediziner wurde zu 18 Monaten Haft, davon sechs unbedingt, verurteilt. Er erbat sich Bedenkzeit, die Staatsanwältin gab keine Erklärung ab. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Professionelle Praxis im Keller
Laut Staatsanwältin hat sich der Mann nebenbei eine professionelle Arztpraxis im Keller seines Hauses samt Hausapotheke eingerichtet. Dort hingen falsche Urkunden und eine Notarztjacke, ein Notarztkoffer stand bereit. In seinem Auto lag das Schild „Arzt im Dienst“ und auf Visitenkarten stand „DrDr.med“.
Der Angeklagte gab zu, sich die gefälschten Arzturkunden, rezeptfreie Medikamente und die Praxisausstattung im Internet besorgt zu haben, nachdem er erfolgreich eine Onlineausbildung zum Heilpraktiker abgeschlossen hatte. „Aber warum dann die Praxis? Und Sie haben sich auch als Herr Dr. anreden lassen – war das Größenwahn?“, wollte die Richterin wissen. „Das hat mit meinem Ego zu tun. Ich bereue es sehr. Ich wollte helfen. Es war wirklich ein Unsinn, eine Dummheit“, entgegnete der Angeklagte mehrfach.
„Leute wie Sie sind eine Gefahr“
Kassiert hat er für seine Dienste insgesamt rund 58.000 Euro. Reich hätte er nie werden wollen und nur um Spenden gebeten: „Leute wie Sie sind eine Gefahr“, mahnte die Richterin. Das wurde deutlich, als ein Zeuge schilderte, wie der Angeklagte eine Entzündung nach einer Unterschenkelabnahme behandelte: „Er spritzte rein und schnitt mich auf. Teilweise hat er auch genäht“, so der Zeuge, der von teils wochenlangen Schmerzen berichtete.
Ein anderer Zeuge schilderte, dass er zufrieden war, wie der Mann eine Talgdrüse entfernte und ihm mit Injektionen half. Der Angeklagte war geständig, bestritt aber die fahrlässige Körperverletzung. Sein Verteidiger meinte, der Mann habe zunächst im Bekanntenkreis behandelt und sich dann hinreißen lassen, immer mehr zu machen.
Anschließend waren zwei mutmaßlich Geschädigte und medizinische Sachverständige am Wort: ein Mann, der Rheumapatient war, und eine Frau, die nach einer Überdosierung von rezeptpflichtigen Psychopharmaka, die sie vom Angeklagten bekam, eingeliefert werden musste.