Bier-Prozess, Gerichtsakten
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Chronik

Prozess: Schwarzarbeit in Pflegeagentur

In Graz hat am Donnerstag der Prozess gegen eine Pflegeagentur begonnen, die 243 Pflegerinnen illegal beschäftigt haben soll. Den beiden Führungskräften wird schwerer Betrug und organisierte Schwarzarbeit vorgeworfen.

Angeklagt sind der Geschäftsführer und ein leitender Angestellter einer Grazer Pflegeagentur. Der starke Schneefall am Wechsel ließ den Prozess am Donnerstag mit Verspätung starten – die Anreise der Staatsanwältin der WKStA dauerte länger als geplant.

Sie erklärte zu Beginn, dass es im Jahr 2017 einen Personalmangel gegeben habe, der durch illegal beschäftigte Pflegekräfte aus Bosnien und Serbien ausgeglichen worden sei. „Das ist ein sehr sensibler Bereich. Das wissen wir alle“, meinte die Staatsanwältin vor Gericht – sie wolle daher die Leistung der Pflegerinnen nicht kriminalisieren. Es gehe um 243 Fälle über zwei Jahre hinweg.

Schwarzgeldlisten nach ÖVP benannt

Den Angeklagten warf die Staatsanwältin vor, dass sie nicht auf die Vermittlungsgebühren verzichten wollten und deshalb Pflegekräfte schwarz – also illegal – beschäftigt hätten. Es habe keinen Gewerbeschein oder ordentliche Anmeldungen bei der Sozialversicherung gegeben.

Der erstangeklagte Betreiber der Agentur zeigte sich vor Gericht teilgeständig. Es habe ein eigenes Schwarzgeldkonto gegeben, bestätigte er: „Das Ganze war naiv von uns.“ Für Aufregung sorgte seine Aussage: „Das machen die meisten Pflegeagenturen so.“ Das Geld sei auf Listen mit den Namen „Sebastian Kurz“ und „ÖVP“ verbucht worden – ein Scherz, meinte der Angeklagte, „weil es eben ‚Schwarz‘-Geld war“.

Umfangreiche Ermittlungen der WKStA

Die Ermittlungen waren laut WKStA umfangreich: Man habe über mehrere Monate hinweg insgesamt 6.000 Telefongespräche der Angeklagten überwacht, Hausdurchsuchungen an sieben Büro- und Wohnräumlichkeiten durchgeführt, 28 Konten der betroffenen Personen und Unternehmen geöffnet und rund 220.000 Euro Bargeld sichergestellt.

Auch der Zweitangeklagte zeigte sich teilgeständig – der Mann sei hauptsächlich Fahrer in der Agentur gewesen. Das bestritt der Hauptangeklagte: Er bezeichnete den Zweitangeklagten als „Geschäftspartner“ und meinte, „wir waren wie eineiige Zwillinge“. Diese Aussage kommentierte der Zweitangeklagte mit Kopfschütteln. Der Prozess wird am Montag fortgesetzt.