Telefonzelle Hotline gegen Hass
Lex Karelly
Lex Karelly
Kultur

Telefonzelle wird zu „Hotline gegen Hass“

Vor 142 Jahren ist in Berlin der erste „Fernsprechkiosk“ – also die erste Telefonzelle – Mitteleuropas aufgestellt worden. Mittlerweile ist die Ära der Telefonzellen fast wieder zu Ende. In Graz wird als Nachnutzung jetzt eine Telefonzelle zur „Hotline gegen Hass“.

Mitten in der Innenstadt, gleich neben dem Grazer Schauspielhaus, steht die Telefonzelle, die sich auf den ersten Blick nur durch zwei am Dach montierte Leuchten von den einst allgegenwärtigen Fernsprechern unterscheidet. „Wir haben wie in einer Telefonzelle ein Telefon mit einem Hörer. Wir haben einen Sitzplatz installiert und wir haben auch ein Telefonbuch, in dem die verschiedenen Hassformen nachgeschlagen werden können – und daneben gibt es die jeweilige Telefonnummer dazu“, erklärte Isabella Cseri vom Schauspielhaus Graz.

Für jede Abneigung den richtigen Text

Egal ob man Milchprodukte, Familienmitglieder, die Demokratie, Youtube oder Waffen hasst, ein Anruf bei der Hotline gegen Hass ist rund um die Uhr möglich und kostenlos. Der Anrufer bekommt dann passende Textstellen vorgetragen. Beispielsweise aus Molieres Komödie „Der Menschenfeind“ oder aus „Moby Dick“ von Hermann Melville.

Eine Adresse für alle negativen Gefühle

Die Hotline gegen den Hass ist ein Kunstprojekt der aus St. Petersburg stammenden Literaturwissenschaftlerin und Regisseurin Elena Bakirova.

Am Beginn der Pandemie, als die Menschen zu Hause geblieben sind und vornehmlich elektronisch miteinander kommuniziert haben, hat sie sich die Frage gestellt, wie man mit den vielen negativen Gefühlen, die auftauchen, umgehen kann: „Das Telefon ist für mich persönlich mit Nähe verbunden. Aber es ist auch interessant, dass du Leute für bestimmte Themen hast.“ So rufe man bei einem Thema vielleicht die Schwester an, bei einem anderen auf keinen Fall die Schwester, sagte Bakirova.

52 unterschiedliche Antworten

Wer hasst, solle ruhig anrufen. Für 52 negative Gefühle gibt es literarische Triebabfuhr. Ensemblemitglieder des Grazer Schauspielhauses lesen Passagen aus Stücken, die gerade am aktuellen Spielplan stehen. Damit soll dem Hass die negative Energie genommen werden, so die Idee.