Marienhütte, einziges Betonstahlwerk Österreichs
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Wirtschaft

Marienhütte: Schotter aus Schlacke für Bau

Das einzige Betonstahlwerk Österreichs, die Marienhütte in Graz, will seine Recyclingreststoffe besser nutzen. Die bei der Produktion entstehende Schlacke, sogenannter Hüttenschotter, könne etwa im Straßenbau verwendet werden, was zahlreiche ökologische und wirtschaftliche Vorteile bringen würde.

Das Grazer Stahl- und Walzwerk Marienhütte versorgt die österreichische Bauwirtschaft und das benachbarte Ausland pro Jahr mit rund 410.000 Tonnen stab- und ringförmigem Betonstahl. Dabei fallen 72.000 Tonnen Hüttenschotter an. Hüttenschotter entsteht im Zuge des Stahlrecyclings im Elektrolichtbogenofen. Diese Schlacke (EOS-Schlacke) weist eine gesteinsähnliche Beschaffenheit auf. Über Jahrzehnte diente sie als günstiger Ersatz für Schotter im Straßenbau, bis vor rund zehn Jahren Umweltschutzbedenken geäußert wurden.

Schlacke laut Verwaltungsgerichtshof kein Abfall

Zwischen Stahlindustrie, Umweltschützern und der Natursteinindustrie wurde jahrelang vor Gericht erbittert um die Frage gerungen, ob die Schlacke als Nebenprodukt des Stahlprozesses gilt – und somit unbedenklich etwa im Straßenbau eingesetzt werden darf, oder als Abfall entsorgt werden muss. Es wurden mehrere Instanzen durchlaufen, viele Gutachten und Gegengutachten erstellt, bis der Fall 2019 mit einem Spruch des Verwaltungsgerichtshofes entschieden wurde. Die EOS-Schlacke ist nicht als Abfall einzustufen und darf für den Straßen- oder auch Dammbau verwendet werden.

Imageschaden als Hürde

„Vom Hüttenschotter gehen keinerlei andere Gefahren als vom Naturschotter aus. Dies wurde auch mehrmals höchstgerichtlich bestätigt“, fasst der Geschäftsführer der Marienhütte, Markus Ritter, zusammen. Nun könne es zwar formal gleich wie Naturschotter eingesetzt werden, das Image des Kunstgesteins habe sich allerdings noch immer nicht erholt – die öffentliche Hand scheue das Produkt nach wie vor.

Kreislaufwirtschaft forcieren

Dabei sei der Hüttenschotter der Marienhütte aus ökologischer und wirtschaftlicher Sicht überlegen, betont Ritter, der in der Nutzung einen wertvollen Beitrag zur Kreislaufwirtschaft sieht. Er beruft sich dabei auf eine Überprüfung durch das Institut für Klima, Energiesysteme und Gesellschaft der Forschungsgesellschaft Joanneum Research. Dort hat man die Nutzung von Hüttenschotter im Vergleich zur Nutzung von Naturschotter und zur Deponierung der Schlacke unter die Lupe genommen.

Lichtbogenofen im einzigen Stahlbetonwerk Österreichs
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Der Lichtbogenofen ist das Herzstück im Stahl- und Walzwerk. Dort fällt im Zuge das Stahlrecyclings die Schlacke an.

„Beim Treibhausgaspotenzial sieht man, dass die Verwendung im Straßenbau im Vergleich zur Deponierung und den Abbau von Naturschotter einen Vorteil von 300 Tonnen CO2 hat“, fasst Institutsleiter Franz Prettenthaler zusammen: „Auch bei den anderen untersuchten Kategorien wie Primärenergieverbrauch, Flächenbedarf, bei den Feinstaubemissionen und auch bei der Frage der Verwendung von Abwasser liegt eigentlich die Kreislaufwirtschaftsvariante besser als der Abbau von Naturschotter bzw. Deponierung.“

Positive Wirtschaftsbilanz für Schlacke

Prettenthaler erkannte auch einen volkswirtschaftlichen Nutzen der Grazer Schlacke: Im Vergleich zur Deponierung entstehe eine Kostenersparnis im Ausmaß von 88 Prozent, so der Experte. Er hat für die Nutzung der jährlich anfallenden Betonstahlschlacke eine Wertschöpfung von 9,1 Mio. Euro errechnet, die Wertschöpfungsdifferenz zur Deponierung würde drei Millionen Euro betragen.

Marienhütte, einziges Betonstahlwerk Österreichs
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Die Marienhütte ist österreichs einziges Betonstahlwerk.

Aus Sicht der Marienhütte-Geschäftsführung ist der Grazer Hüttenschotter dem Naturgestein „in allen Kategorien überlegen". Die öffentliche Hand muss angesichts derartiger Fakten reagieren und Kunstgestein für Bauvorhaben, die mit Steuergeldern finanziert werden, sogar priorisieren“, fordert Geschäftsführer Ritter.

Hüttenschotter im Straßenbau

Vonseiten des Bereichs Straßenbau des Landes Steiermark gibt es positive Signale: Man habe seit der Höchstgerichtsentscheidung rund 2.000 Kubikmeter Hüttenschotter bei einem Busbahnhof eingebaut, das Ergebnis sei positiv gewesen. „Wir lassen es einbauen, wenn die einbauseitige Anforderung passt, entschieden wird allerdings von der jeweiligen Baufirma“, berichtet Bernhard Steirer.

Die Marienhütte ist österreichweit der einzige Betonstahlerzeuger. Seit den 1960er-Jahren befindet sich das Unternehmen in der Grazer Südbahnstraße. In den vergangenen drei Jahrzehnten wurde Schritt für Schritt die Erneuerung und Modernisierung aller Betriebsanlagen realisiert. Zum Einschmelzen werden jährlich 144 Gigawattstunden an Energie benötigt. Drei Viertel (110 GWh) der Energie gehen an die Grazer Fernwärme zurück, womit rund 50.000 Haushalte mit Wärme versorgt werde können. In der Marienhütte sind rund 300 Mitarbeitende beschäftigt. Von den jährlich rund 410.000 Tonnen Betonstahl gehen zwei Drittel an Abnehmer in Österreich.