Axel Kassegger (FPÖ)
APA/ERWIN SCHERIAU
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Politik

FPÖ Graz: Kassegger zum neuen Obmann gewählt

Die gebeutelte Grazer FPÖ versucht einen Neustart – mit Axel Kassegger an der Spitze: Beim Stadtparteitag am Freitag wurde der Nationalratsabgeordnete mit 94,77 Prozent zum neuen Chef gewählt. Davor drehte sich aber alles um FPÖ-Landesparteichef Mario Kunasek.

Die Grazer FPÖ hat eineinhalb turbulente Jahre hinter sich: 2021 war kurz nach der Wahlschlappe der Freiheitlichen bei der Grazer Gemeinderatswahl bekanntgeworden, dass Gelder aus der städtischen Klubförderung offenbar im großen Stil abgezweigt wurden – mehr dazu in Grazer FPÖ-Finanzreferent veruntreute 500.000 Euro (8.11.2021).

Nach der Selbstanzeige von Finanzreferent Matthias Eder kam auf, dass auch Ex-Vizebürgermeister Mario Eustacchio sowie der frühere Klubchef Armin Sippel darin verwickelt sein könnten. Beide traten von ihren Funktionen zurück, und gegen beide, den Finanzreferenten und andere Personen wird seither ermittelt – mehr dazu in FPÖ Graz: Ermittlungen gegen Eustacchio und Sippel (1.12.2021).

Auch der steirische FPÖ-Chef Mario Kunasek geriet mittlerweile ins Visier der Ermittler. Einige Stunden, nachdem am Donnerstag bekannt wurde, dass die Klagenfurter Staatsanwaltschaft gegen Kunasek wegen Veruntreuung, Untreue und Förderungsmissbrauchs ermitteln will, ließ dieser schriftlich wissen, dass er für die Aufhebung seiner Immunität sei: Er möchte damit die Vorwürfe entkräften – mehr dazu in FPÖ-Skandal: Kunasek will Auslieferung zustimmen und in Politologe: Kunasek mit „Flucht nach vorne“.

Hermann: „Mut und Courage“

Kunasek war dann auch das Thema der Auftaktrede von Landesparteisekretär Stefan Hermann: „Wir haben persönliche und menschliche Enttäuschungen erlebt, aber auch viel Positives: Mut, von Persönlichkeiten, die in schwierigen Zeiten Verantwortung übernehmen. Ich habe Geschlossenheit erlebt. Ich habe Mut und Courage von unserem Gemeinderat Günter Wagner erlebt, der als Einzelkämpfer im Gemeinderat geblieben ist.“ Die 158 Delegierten dankten ihm ebenfalls, und zwar mit Applaus.

FPÖ-Landesparteiobmann Mario Kunasek
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Mario Kunasek

Diese „Werte und Geschlossenheit“ sollen die FPÖ wieder auf den Erfolgskurs zurückbringen, so Hermann. Keinem ehemaligen Parteigänger dürfe mit rechtlichen Mitteln ein „Rachezug gegen unseren Landesparteiobmann“ gelingen: „Wir Freiheitliche sind da, und wir sind da, um zu bleiben. Wir sind hier, und wir werden nicht weichen.“ Man wolle Kunasek „2024 in die Grazer Burg schicken“. Landtagsabgeordneter Marco Triller hielt Kunasek ebenfalls die Stange: „Wir stehen hinter dir.“

Kunasek: „Wir müssen in ruhiges Fahrwasser kommen“

Kunasek dankte für die „Stärke der Einbegleitung“ und nahm zunächst Stellung zu den Entwicklungen vom Donnerstag: „Ich werde selbstverständlich alle Vorwürfe, die medial bekannt sind – weil Auslieferungsbegehren ist im Landtag noch keines eingetroffen – mit offenem Visier entkräften. Ich werde alles daran setzen, dass man nicht die ganze FPÖ und auch mich nicht kriminalisiert.“ Die Delegierten applaudierten.

„Das bin ich mir schuldig, das bin ich euch schuldig, und das bin ich meiner Familie schuldig. Ich werde gemeinsam mit euch, den Behörden und Rechnungsprüfern kooperieren und versuchen, alles restlos aufzuklären, um wieder politische Arbeit zu ermöglichen. Wir können noch so gute Politik machen – solange das Verfahren läuft und alles andere überblendet, ist es schwierig. Wir müssen wieder in ruhige Fahrwasser kommen. Ich bitte mir zu vertrauen und der neuen Führung zu vertrauen.“ Er hoffe, dass es gelingt, „die ganze Causa irgendwann zu einem guten Ende zu bringen“.

„Aufbruch-Parteitag“

Kunasek zeigte sich realistisch: „Wir werden nicht von einem auf den anderen Tag stimmenstärkste Partei in Graz werden, aber ein Faktor, der mitredet.“ Für ihn sei es ein „Aufbruch-Parteitag“. Am Ende dankte er den Delegierten noch: „Ihr habt mir sehr viel Kraft gespendet. Wenn man auf die Titelseiten der Zeitungen schaut, ist man nicht so sicher, ob ein Parteitag gerade das Richtige ist“, fügte er hinzu – er sei aber positiv überrascht worden. „Wir haben bewiesen: Wir lassen uns nicht auseinanderdividieren.“

Man sei in Graz „noch immer in einer schwierigen Phase“. Alles stehe und falle mit dem Kommandanten, sagte er in Richtung Kassegger. „Wir werden gestärkt aus der schwierigen Situation herausgehen. Wir wollen und werden 2024 stimmenstärkste Partei in der Steiermark“, kündigte Kunasek abschließend an und erntete dafür wie schon bei seiner Begrüßung stehende Ovationen.

FPÖ-Landesparteiobmann Mario Kunasek und Stadtpartei-Obmann Axel Kassegger
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Mario Kunasek und Axel Kassegger

Anschließend legte Finanzreferent Rene Apfelknab die monetären Eckdaten der letzten Monate offen und unterstrich: „Unser Konto ist so klar wie ein steirischer Gebirgssee. Ich bin nicht einmal, nicht zweimal, ich bin fünfmal überprüft worden.“ Rechnungsprüfer Karlheinz Morre entlastete Kunasek: Der Landesparteiobmann habe von den im Nachhinein bekanntgewordenen Vorgängen der ehemaligen Führung nichts gewusst.

Kassegger: „Gemma’s an!“

Vor der Wahl des neuen Obmanns war Kassegger noch selbst auf dem Rednerpult und betonte mehrfach, dass es „eine starke FPÖ auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene“ brauche. Beim Stichwort Migration meinte er: „Wir wollen nicht Fremde im eigenen Land werden. Das ist unser verdammtes Recht, das zu sagen, und hat nichts mit Ausländerfeindlichkeit zu tun.“

Der Grazer Stadtregierung (KPÖ, Grüne, SPÖ) richtete er aus: „Geld verteilen, Straßennamen umbenennen und das Auto verbannen reicht nicht. Das ist zu wenig.“ Der Stadtparteitag sei der Auftakt zu einer „Zeitenwende“, eine neue Epoche stehe bevor: „Wir hatten Eustacchio, und wir hatten eine Doppelspitze, die nicht so funktioniert hat. Ein Teil der Spitze ist einfach falsch abgebogen“, meinte Kassegger in Richtung Claudia Schönbacher.

Stadtpartei-Obmann Axel Kassegger
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Axel Kassegger

Schönbacher wurde Stadträtin, es kam aber zu Verwerfungen und sie sowie ihre Anhänger wurden aus der FPÖ geworfen – sie sind seither als (Korruptions-) Freier Gemeinderatsklub im Stadtparlament vertreten. Die FPÖ verlor ihren Klubstatus, da nur noch Günther Wagner als einziger Blauer im Gemeinderat verblieb – mehr dazu in FPÖ Graz: Auch Stadträtin ausgeschlossen (18.10.2022) und in FPÖ Graz: Ex-Mitglieder wollen „Aufdecker“ sein (4.11.2022).

„Politik kann auch Freude machen“

Eine Spaltung der Partei sei daraus aber nicht geworden, so Kassegger am Freitag: „Viel weniger Parteimitglieder sind es deswegen nicht geworden“, sagte der Nationalratsabgeordnete. Beim Parteitag 2022 waren übrigens noch 172 Delegierte und damit 14 Personen mehr dabei gewesen. „Gemma’s an. Politik kann auch Freude machen“, schloss Kassegger.

Im Anschluss stand die Wahl zum Stadtparteiobmann an, und Kassegger – Gegenkandidatinnen und -kandidaten gab es übrigens nicht -wurde gewählt: Die 158 Delegierten kürten den 57-Jährigen mit 94,77 Prozent der Stimmen.