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Gericht

Mordversuch: Schülerinnen teilweise geständig

Am Grazer Straflandesgericht müssen sich ab Donnerstag zwei Schülerinnen wegen dreifachen Mordversuchs verantworten: Im Februar des Vorjahres sollen die beiden insgesamt drei Männer mit dem Messer attackiert und verletzt haben, davor hatten sie Drogen und Alkohol konsumiert.

Am 19. Februar, kurz nach Mitternacht, waren die beiden Frauen in der Grazer Innenstadt unterwegs. Zunächst legten sie im Gang eines Wohnhauses ein Feuer, unmittelbar danach griffen die Freundinnen kurz hintereinander drei Männer mit einem Messer an – mehr dazu in Messerattacken: Zwei Frauen festgenommen (19.2.2022).

Eines ihrer Opfer konnte rechtzeitig flüchten; ein damals 22-Jähriger hingegen wurde schwer verletzt: Die Frauen stachen ihm in Summe 13 Mal mit einem Küchenmesser in Rücken, Brust und in den Gesichtsbereich. Auch ein 17-Jähriger wurde von den Frauen mit einem Obstmesser im Kopfbereich verletzt, ehe auch er das Weite suchen konnte.

„Wenn ihr nicht mitkommt, stechen wir euch ab“

Schließlich bedrohten die Frauen auch noch zwei Männer mit den Worten: „Wenn ihr nicht mitkommt, stechen wir euch ab.“ Im Zuge einer Alarmfahndung konnten die Frauen schließlich festgenommen werden. Bei den Einvernahmen schoben sie sich gegenseitig die Schuld zu und leugneten die eigenen Taten.

Angeklagt sind die beiden Frauen nun wegen Sachbeschädigung, versuchten Mordes und versuchter schwerer Nötigung.

Als zurechnungsfähig eingestuft

Beide Frauen werden vom gerichtlichen Gutachter zum Zeitpunkt der Tat als zurechnungsfähig eingestuft, obwohl sie unter Drogeneinfluss standen.

Die Erstangeklagte – mit Mittelschulabschluss – ist viermal vorbestraft wegen mehrerer Einbrüche, Körperverletzung, Diebstahl und Urkundenunterdrückung; die Zweitangeklagte ist unbescholten und war zum Zeitpunkt der Tat in der Maturaklasse – die heute 19-Jährige leidet seit Jahren an psychischen Problemen, ist magersüchtig und laut Gutachter suizidal.

Verteidiger: „Folge einer Drogenpsychose“

Die Opfer hätten sich geschickt gewehrt, darum sei die Sache glimpflich ausgegangen, so die Staatsanwältin am Donnerstag – dem widersprachen die beiden Verteidiger der Mädchen: Die Attacken seien Folge einer offensichtlichen Drogenpsychose gewesen. Man habe es hier nicht mit zwei kaltblütigen Täterinnen zu tun; es habe einen Verletzungsvorsatz gegeben, jedoch keine Tötungsabsicht, so der Verteidiger der Zweitangeklagten – darum seien die Messerstiche auch nicht tief gewesen.

Beide Frauen teilweise geständig

Die Erstangeklagte, die sich am Donnerstag teilweise geständig zeigte, beteuerte, dass es ihr leidtun würde – sie sei völlig im Drogenrausch gewesen: Sie habe ihren Augen nicht getraut, als ihre Freundin plötzlich zugestochen habe, erzählte sie unter Tränen, verstrickte sich aber immer wieder in Widersprüche. Auf die Frage der Richterin, ob sie ausschließen könne, dass auch sie zugestochen habe, sagte die junge Frau: „Ja, daran würde ich mich erinnern“.

Wollte sich vor Therapie noch einmal betrinken

Die zweite Beschuldigte wollte am Donnerstag reinen Tisch machen: „Ich hatte lange Zeit zum Überlegen. Ich will die Wahrheit sagen und nichts leugnen.“ Der Abend damals sei wenige Tage vor einem geplanten längeren Therapieaufenthalt gewesen, da sie eine „Ritzerin“ sei und suizidale Gedanken hatte. „Ich wollte mich vor der Therapie noch mal betrinken und was einschmeißen.“ Warum das dann alles passiert war, könne sie sich nicht erklären. Sie gestand, vor einem der Männer mit einem Messer „herumgefuchtelt“ zu haben. Im zweiten Fall habe sie aber tatsächlich zugestochen, „ich gebe es zu, weil es mir leid tut. Ich habe bis dahin immer nur mich selbst verletzt, aber nie andere.“ Sie beteuerte, sie habe niemanden umbringen wollen. Ihre Komplizin habe bei dem zweiten Opfer ebenfalls zugestochen.

Einweisung beantragt

Die Staatsanwaltschaft beantragt die Einweisung in ein forensisch-therapeutisches Zentrum. Der Prozess ist für drei Tage anberaumt, das Urteil soll am Montag fallen.