Geschichte

Jahrhundertealtes A.E.I.O.U.-Rätsel gelöst

Der deutsche Historiker Konstantin Moritz Langmaier hat in Graz die Ergebnisse seiner Forschungen zu A.E.I.O.U., der Herrschaftsdevise von Kaiser Friedrich III., präsentiert. Historiker sehen deren Bedeutung nun entschlüsselt.

„Die Erkenntnisse sind bahnbrechend, wir dürften endlich die Lösung eines jahrhundertealten Rätsels vorliegen haben“, erklärte Landesarchivdirektor Gernot Peter Obersteiner.

„Amor Electis Iniustis Ordinor Ultor“

Mittwochabend präsentierte der deutsche Historiker Langmaier im Rahmen der Mitgliederversammlung des Historischen Vereins für Steiermark im Landesarchiv die Ergebnisse seiner Forschungen. Als Lösung des historischen Rätsels greift Langmaier auf eine der ältesten, allerdings wenig bekannten überlieferten Varianten zurück: A.E.I.O.U. steht demzufolge für „Amor Electis Iniustis Ordinor Ultor“.

Die Wortfolge, die zu Deutsch in etwa „Geliebt von den Erwählten, gefürchtet von den Ungerechten“ lautet, ist in zeitgenössischen Schriftstücken von und über Friedrich III. zu finden und in einen längeren lateinischen Satz eingebettet: „En, amor electis, iniustis ordinor ultor; Sic Fridericus ego mea iura rego.“

Von der Grazer Burg zum Symbol für Österreich

Kaiser Friedrich III. (1415-–1493) war der römisch-deutsche König mit der längsten Regierungszeit (1440–-1493) und der letzte in Rom gekrönte Kaiser des Heiligen Römischen Reiches. Bereits in seiner Zeit als steirischer Herzog, der in der Grazer Burg residierte, begann Friedrich, die Buchstabenfolge A.E.I.O.U. zu verwenden.

AEIOU-Tafel am Grazer Dom
Austria Forum

Der Schriftzug wurde erstmals für 1437 nachgewiesen; bis heute prangen diese Buchstaben nicht nur auf der Grazer Burg und dem Grazer Dom, sondern zieren von Triest bis Wien und von Meran bis Wiener Neustadt viele historische Gebäude in ehemals habsburgisch beherrschten Gebieten Mitteleuropas. Über die Jahrhunderte wurde A.E.I.O.U. auch zu einem nationalen Symbol Österreichs.

Viele Deutungen

Die Frage, was mit A.E.I.O.U. gemeint ist, ist fast so alt wie dessen Verwendung durch Friedrich III. selbst. Von „Alles Erdreich ist Österreich untertan“ bis zum sarkastisch-fatalistischen „Aller erst ist Österreich verloren“ entstanden über die Jahrhunderte rund 300 bekannte Interpretationen, Generationen von Historikern forschten zum Ursprung.

Der steirische Herzog Friedrich verwendete diesen Satz – auf Deutsch „Seht, ich bin geliebt von den Erwählten, ich bin gefürchtet von den Ungerechten, also regiere ich, Friedrich, rechtmäßig“ – demzufolge bereits in jungen Jahren zur Herrschaftslegitimation. Mit seinem Aufstieg zum Senior des gesamten „Hauses Österreich“ und in weiterer Folge zum langjährigen Oberhaupt des Reiches fand das A.E.I.O.U. des steirischen Herzogs Verbreitung weit über Friedrichs anfängliches Herrschaftsgebiet hinaus.

Forschungsirrtum

Dass die Deutung Langmaiers des A.E.I.O.U. bisher in der historischen Forschung zwar bekannt war, aber nicht zu den Favoriten zählte, hat auch mit der Geschichtswissenschaft selbst zu tun: Alfons Lhotsky, Doyen der österreichischen Mittelalterforschung im 20. Jahrhundert, hat in seinen Arbeiten zum A.E.I.O.U. dieses „En-amor-Distichon“ als eine Erfindung des mährischen Notars Nikolaus Petschacher, eines vermeintlichen Rates von Kaiser Friedrich III., qualifiziert.

„Langmaier weist nun durch seine Forschungen schlüssig nach, dass es sich bei Lhotskys Erkenntnis um einen Forschungsirrtum handelte“, sagte der Landesarchivdirektor. Damit und durch den Nachweis, dass die En-amor-Wortfolge bereits ab 1437 in Handschriften von Herzog Friedrich selbst genutzt wurde, lege Langmaier eine überzeugende These vor.

„Jahrhundertealtes Rätsel gelöst“

„Die Erkenntnisse sind für die A.E.I.O.U.-Forschung bahnbrechend. Langmaier weist stringent nach, dass das En-amor-Distichon lange Zeit zwar als zeitgenössisch wahrgenommen, aber zu Unrecht als externe Zuschreibung fehlinterpretiert wurde“, so Obersteiner. Untermauert wird die Arbeit Langmaiers durch eine Quelle aus Brandenburg, die in der A.E.I.O.U.-Forschung bisher keine Beachtung fand: der Zinnaer Marienpsalter, der älteste Druck Brandenburgs aus dem ehemaligen Zisterzienserkloster Zinna im heutigen Landkreis Teltow-Fläming.

„Für historisch Interessierte sind diese neuen Erkenntnisse von unschätzbarem Wert. Wir haben hier nicht weniger als die Lösung eines jahrhundertealten Rätsels vorliegen“, meinte Landesarchivdirektor Obersteiner. Langmaiers aktuelle Forschungsarbeit „Zur Devise Kaiser Friedrichs III. (1415–1493)“ erscheint im Jahrgang 113 der „Zeitschrift des Historischen Vereines für Steiermark“.