Landesgericht Graz
ORF.at/Roland Winkler
ORF.at/Roland Winkler
GERICHT

Urteile im Prozess um Mord vor 22 Jahren

Der Prozess um einen 22 Jahre alten Mordfall, bei dem ein Italiener 2001 getötet wurde, hat am Dienstag in Graz mit einem Schuld- und einem Freispruch geendet. Der angeklagte Mann wurde schuldig gesprochen, die mutmaßliche Auftraggeberin dagegen knapp freigesprochen.

Seit Jänner war verhandelt worden, am Dienstag kamen die Geschworenen im Grazer Straflandesgericht zu den Urteilen, die nicht rechtskräftig sind.

Sechs zu zwei Stimmen

Der Mann, er soll damals als unmittelbarer Täter fungiert haben, fasste vom Gericht 19,5 Jahre Haft aus. Die acht Geschworenen hatten ihn mit sechs zu zwei Stimmen für schuldig befunden. Bei der angeklagten Slowakin, die als Bestimmungstäterin geführt wurde, kamen die Geschworenen zu keiner Mehrheit: Sie stimmten vier zu vier und daher war die Frau freizusprechen.

Staatsanwalt: Habgier

Der Staatsanwalt sprach im Prozess von Beginn an von einer Tat aus Habgier, die Beschuldigten leugneten bis zum Schluss alles. Die Frau soll den Italiener, der sich Ende der 1990er Jahre in sie verliebt hatte, um sein ganzes Geld gebracht haben. Als die in ihrer Heimat lebende Slowakin immer mehr Geld sowie eine Lebensversicherung zugunsten ihrer Tochter von ihm forderte, drohte der ebenfalls in der Slowakei lebende Italiener mit einer Anzeige. Ein Bekannter der Frau soll die Idee gehabt haben, den Italiener nach Österreich zu locken und in der Steiermark zu töten. Der Mann wurde in Sinabelkirchen in der Steiermark getötet. Der Planer sowie einer der unmittelbaren Täter wurden bereits 2019 wegen Mordes zu 17 und 18 Jahren Haft rechtskräftig verurteilt.

Prozess lief seit Jänner

Seit Jänner hatten sich nun auch die mutmaßliche Auftraggeberin und der zweite mutmaßliche unmittelbare Täter in Graz verantworten müssen. Sie stritten allerdings einen Zusammenhang mit dem Mord an dem Italiener ab. Der Staatsanwalt sprach in seinem Schlussplädoyer von einem „sehr komplexen Verfahren, weil es lange her ist und es sich um einen eiskalten Auftragsmord“ handeln würde. Er sah eine „Reihe von Beweisen und Zeugenaussagen“, die die beiden Angeklagten belasten würden. Über dem Prozess schwebe die Frage nach den Lebensversicherungen als Motiv für die Tat. Es ging um 200.000 Euro: „Das ist heute noch viel Geld, aber 2001 in der Slowakei war das ein Vermögen“, so der Staatsanwalt. Er zweifelte nicht daran, dass die beiden schuldig seien.

„Beinahe abenteuerlich“

Die Verteidigerin des Mannes hatte in ihrem Schlussplädoyer noch gemeint, dass sich die Anklage im Wesentlichen auf Zeugenaussagen stützen würde, doch diese Schilderungen seien zum Teil „fragwürdig und beinahe abenteuerlich“. Die Ermittlungen in der Slowakei erschienen ihr außerdem „lückenhaft“. Sie war der Meinung, dass sich manche „aus Gerüchten etwas zusammengereimt“ hätten, um die beiden zu belasten. Sie betonte, dass im Zweifel der Angeklagte freizusprechen sei.

Der Anwalt der Slowakin dagegen war überzeugt, dass der Erstangeklagte einen eigenen Grund hatte, um den Italiener umzubringen: „Alle Zeugen, die sagen, dass es einen Auftrag meiner Mandantin gegeben haben soll, kommen aus seinem Umfeld.“ Der Verteidiger sah nur „einige wenige Beweise“, der Rest seien Indizien, die man in eine Richtung deuten könne.