Elke Kahr
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Politik

Elke Kahrs Gedankenwelt in einem Buch

Am Samstag erscheint ein neues Buch über die Grazer Bürgermeisterin Elke Kahr (KPÖ): Unter dem Titel „Es geht auch anders“ soll es einen Einblick in die Gedankenwelt der 2021 überraschend an die Spitze der Stadt gewählten Kommunistin geben.

Silvia Jelincic fasste für ihr Buch die Inhalte von zwei langen Interviews mit Kahr zu einem Fließtext zusammen – das Ergebnis kann als ein Manifest von und über Elke Kahr bezeichnet werden.

„Irgendwie mag ich es nicht, wenn Papier am Boden liegt“, zitiert Jelincic Kahr im Vorwort und beschreibt, wie die Bürgermeisterin ein auf den Boden gefallenes Flugblatt aufhebt und wieder an einem Zaun montiert. Für Kahr war es wohl ein belangloser Nebensatz, doch er gebe viel davon preis, wie die Grazer KPÖ-Chefin tickt.

Großteils biografisch

Während Jelincic im Vorwort noch aus der Sicht der Journalistin schreibt und nach dem „Haken“ an der stets authentisch wirkenden Kahr sucht, ist der Hauptteil aus der Sicht der Bürgermeisterin verfasst und liest sich beinahe wie eine Biografie. Darin findet Persönliches – wie etwa ihre Herkunft aus einer Arbeitersiedlung – Platz, doch das Augenmerk liegt auf politischen Ansichten und Werten, die Kahr vertritt. So spricht sie sich beispielsweise für die 30-Stunden-Woche bei gleicher Bezahlung aus oder auch für die Gesamtschule: „Sie ist ein Grundstein für eine gerechtere Gesellschaft und ein zentrales Element moderner Bildungspolitik.“

Buchtipp

„Es geht auch anders“ von Silvia Jelincic ist in der edition a erschienen

Kahr kritisiert Geldverteilung

In puncto Natur und Klima sucht Kahr die Schuld am schlechten Zustand der Umwelt bei den Konzernen, „die sie für ihre Profite weiterhin ausbeuten und zerstören“. Beim Thema Umverteilung kritisiert sie: „Die Politik wirkt oft nicht ausgleichend, sondern macht sich zu Gehilfen der großen Banken und Konzerne. Während scheinbar nie genügend Geld für Pflege und Kindergärten da ist, spielt Geld plötzlich keine Rolle mehr, wenn es um die Rettung ‚systemrelevanter‘ Banken und Konzerne geht.“

In der Politik habe sich ein „System ausgebreitet“

In der Politik habe sich ein „System ausgebreitet, in dem einige auf Kosten der Allgemeinheit Netzwerke aufbauen und sich gegenseitig wichtige und gut bezahlte Posten verschaffen. Das zerstört die Glaubwürdigkeit der Politik und gefährdet letztlich auch die Demokratie.“ Kahr sagt weiter: „Der Kapitalismus privatisiert die Gewinne und sozialisiert die Verluste. Das macht die Reichen auf Kosten der großen Mehrheit noch reicher.“

Selbstkritische Worte

Ganz ohne Selbstkritik bleibt das erste von Kahr autorisierte Buch aber nicht: Stalin habe viele Verbrechen zu verantworten – dass die KPÖ dazu geschwiegen habe, habe nicht dazu beigetragen, ihr Ansehen in Österreich zu stärken. „Wir hätten viel früher deutliche Worte finden müssen.“

Kahrs Bild vom Kommunismus mit Hilfe von John Lennon

Der rote Faden durch das Buch sind Songs von John Lennon. „Imagine“ etwa beschreibe das, „was ich mir unter Kommunismus vorstelle, auf sehr gut verständliche Weise“, so Kahr: „Stell dir vor, es gäbe keinen Besitz mehr, ich frage mich, ob du das kannst. Keinen Grund für Gier oder Hunger, eine Menschheit in Brüderlichkeit.“

Im Nachsatz zu dieser Textzeile aus dem Song meint Kahr: „Die Vorstellung von der gänzlichen Abschaffung des Besitzes mag tatsächlich naiv sein und wie gesagt auch für uns nicht erstrebenswert, wenn es um privaten Besitz geht und nicht um große Infrastruktur- und Wirtschaftsbetriebe. Doch es sollte uns zu denken geben, dass Menschen diesen Song auch mehr als 50 Jahre nach seiner Veröffentlichung noch gern hören.“