Eingekaufte Lebensmittel und ein Kassazettel
APA/BARBARA GINDL
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Politik

Wenig Konkretes nach „Lebensmittelgipfel“

Lebensmittel waren in den letzten Monaten im Schnitt um gut 15 Prozent teurer als vor einem Jahr. Nach dem „Lebensmittelgipfel“ am Montag in Wien wurden aber nur wenige konkrete Gegenmaßnahmen präsentiert. Die Caritas ist enttäuscht, der Handel weist die Schuld an der Teuerung von sich.

40 Fachleute aus Handel, Industrie, Landwirtschaft, Politik und Sozialpartnern diskutierten am Montag im Sozialministerium, um Maßnahmen gegen die Teuerungswelle zu finden. Allerdings: Eine Senkung oder der vorübergehende Wegfall der Mehrwertsteuer auf gewisse Produkte scheint ebenfalls nicht zu kommen wie ein Preisdeckel auf gewisse Produkte; eine strengere Preisbeobachtung durch die Wettbewerbsbehörde scheint die einzig konkrete Maßnahme aus dem Gipfel zu sein – mehr dazu in Positionen blieben weit auseinander (news.ORF.at).

„Komplett unterschiedliche Meinungen“

Was sich auf dem Gipfel sehr deutlich gezeigt habe, so Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), sei, dass es in vielen Punkten naturgemäß unterschiedliche Interessen zwischen Produzenten und Handel, aber auch keine übereinstimmende Meinung zwischen diesen und Experten gebe.

Beim Thema Preistransparenz sprach Kogler von mehreren konstruktiven Vorschlägen und „Apps, die bald entstehen könnten“. Zum Thema Preiskontrolle verwies er auf die aktuelle Untersuchung der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB), die „auf Hochtouren“ laufe.

Statement von Vizekanzler Werner Kogler (Grüne)

Statement von Rainer Will, Handelsverband, Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) und Konsumentenschutzminister Johannes Rauch (Grüne).

Nachvollziehbarkeit der Preisgestaltung

Auch Konsumentenschutz- und Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) betonte, dass es generell sehr unterschiedliche Einschätzungen über Ursachen und Maßnahmen gebe. Aber es sei richtig gewesen, Handel, Produzenten und Experten an einen Tisch zu holen, um die Situation zu analysieren und der Frage nachzugehen: „Welche Möglichkeiten haben wir?“

Statement von Konsumentenschutzminister Johannes Rauch (Grüne)

Statement von Rainer Will, Handelsverband, Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) und Konsumentenschutzminister Johannes Rauch (Grüne).

An einer Einschätzung – einige Experten ziehen diese in Zweifel – hielt Rauch fest, dass nämlich das Preisniveau in Österreich deutlich über dem Deutschlands liege (wobei sich die MwSt-Sätze unterscheiden, Anm.). Jedenfalls sei es nicht ausreichend nachvollziehbar, wie die Preisgestaltung entlang der Linie Produktion und Handel aussieht. Die Frage sei, wie diese Nachvollziehbarkeit der Preisgestaltung verbessert werden könne. Der Sozialminister verwies dazu auf die Bundeswettbewerbsbehörde.

Ausgewählte Produktgruppe März 2023
Grafik: APA/ORF; Quelle: Eurostat

Tödtling-Musenbichler enttäuscht

Die stark gestiegenen Preise bei Grundnahrungsmitteln machen es vor allem einkommensschwachen Menschen immer schwieriger, das tägliche Leben zu finanzieren. Für die steirische Caritas-Direktorin Nora Tödtling-Musenbichler sind die dürftigen Ergebnisse beim Lebensmittelgipfel in Wien eine Enttäuschung: „Es sind zum Teil bis zu 30 Prozent mehr Menschen, die sich an die Caritas wenden und die sich aufgrund der Teuerung ihren Alltag nicht mehr leisten können.“

Handel weist Schuld von sich

Von allen Beteiligten wird der Lebensmittelhandel in vielfacher Hinsicht als der Hauptschuldige an den hohen Preisen gesehen – das lässt Gerhard Wohlmuth von der Sparte Handel in der Wirtschaftskammer Steiermark so nicht gelten: „Faktum ist, dass die Energiekosten explodiert sind, die Transportkosten explodiert sind, und dass der Staat oder das Land sehr oft mehrheitlich Eigentümer der Energieversorger sind und die nicht reagiert haben und die Konsumenten sehr viel dafür zahlen. Das Beste würde sein, wenn man da einmal nachgibt, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass das Wasser und der Wind heuer teurer sind als im letzten Jahr.“

Preisschub bei Lebensmittel
Grafik: APA/ORF; Quelle: IHS

Obwohl es am Montag von Seiten der Bundesregierung zumindest ein klares Bekenntnis zur Unterstützung von Sozialmärkten mit Lebensmitteln aus Überproduktion und dergleichen gab,, ist das für die Caritas-Direktorin nicht die Lösung des Problems: „Das ist ein wichtiger Schritt. Wesentlich wichtiger ist aber, dass Menschen einfach wieder Teilhabe am Leben ermöglicht wird, und das ist nur möglich, wenn die Lebensmittelpreise wieder rasch gesenkt werden können“, so Tödling-Musenbichler.

Noch in dieser Woche soll es einen weiteren Termin mit Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) geben, um die losen Ideen in konkrete Maßnahmen zu bringen.