Der Angeklagte
APA/INGRID KORNBERGER
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Gericht

136-mal auf Frau eingestochen: Lebenslange Haft

Ein 24 Jahre alter Rumäne musste sich am Dienstag in Graz wegen Mordes vor Gericht verantworten: Er soll eine 41 Jahre alte Grazerin umgebracht haben, indem er mit einer Schere mehr als 130-mal auf sie einstach. Das Urteil: lebenslange Haft und Einweisung.

Die in Graz angeklagte Tat trug sich im Februar 2022 zu: Der Rumäne soll 136-mal mit einer Schere auf Kopf und Körper der 41-jährigen Frau eingestochen haben. Die Staatsanwaltschaft Graz warf dem 24-Jährigen vorsätzliche Tötung und auch Brandstiftung vor, da er nach der Tat in der Wohnung des Opfers Feuer legte – mehr dazu in Frau erstochen: Motiv „Hass auf Frauen“ (11.2.2022).

Wenig später wurde auch in Zürich die Leiche einer Frau gefunden. Der Verdächtige gestand während seiner Untersuchungshaft, auch dafür verantwortlich zu sein – mehr dazu in Nach Bluttat in Graz: Mann gestand Mord in Zürich (4.5.2022). Beim Prozess in Graz wurde allerdings nur der Fall in der steirischen Landeshauptstadt verhandelt, unterstrich die Staatsanwaltschaft – die Schweizer Behörden werden noch ein eigenes Verfahren gegen den Mann führen.

Staatsanwältin: „Eine sehr schreckliche Tat“

Die Staatsanwältin warnte die Geschworenen gleich zu Prozessbeginn: „Es war eine sehr schreckliche Tat. Sie werden mit menschlichen Abgründen und schlimmen Bildern konfrontiert.“ Die Ergebnisse der Ermittlungen seien eindeutig, Zweifel an der Schuld des Angeklagten habe sie nicht. Der Verteidiger des 24-Jährigen wiederum kündigte an, dass sein Mandant weiterhin geständig sei: „Er wird die Verantwortung übernehmen. Es tut ihm leid, was passiert ist.“ Der Rumäne habe eine schwere Kindheit gehabt, habe Alkohol getrunken und Drogen genommen – das sei keine Entschuldigung, aber er erhoffe sich dadurch ein milderes Urteil.

„Fühlt mich ausgenutzt“

Der Angeklagte wurde in Handschellen vorgeführt, was bei einer Verhandlung an sich nicht üblich ist. Die Richterin erklärte den Grund: Er habe in der Früh seinen Mithäftlingen erklärt, dass er beim Prozess für Probleme sorgen werde, da er ohnehin nichts mehr zu verlieren habe. Das gab der Rumäne zu, ebenso wie die angeklagte Tat: Nüchtern schilderte er, dass er das spätere Opfer auf dem Grazer Hauptbahnhof kennengelernt hatte. Die 41-Jährige und eine Freundin von ihr seien auf ihn zugekommen und hätten ihn um Zigaretten und Alkohol gebeten; danach ging es in die kleine, chaotische Wohnung der Frau, erzählte der 24-Jährige. Es kam zum einvernehmlichen Sex – dass die Frau danach eingeschlafen sei, habe ihn gekränkt: Er habe sich ausgenutzt gefühlt.

Er habe noch mehr getrunken, ein Messer gesucht, schließlich eine Schere ergriffen und auf die 41-Jährige eingestochen – insgesamt 136-mal; danach legte er insgesamt fünf Feuer in der Wohnung, wollte dabei selbst sterben, entschloss sich schließlich aber doch zu gehen. In der Folge randalierte er – völlig in Rage – auf dem Hauptbahnhof; er wurde daraufhin festgenommen und in eine Nervenklinik gebracht – ein Alkoholtest ergab 1,76 Promille.

Erst ein paar Tage später wurde er wegen Mordverdachts festgenommen: Aufgrund von Überwachungskameras auf dem Bahnhof und der Zeugenaussage der Freundin des Opfers wurde der Rumäne als jener Mann identifiziert, der mit dem Opfer den Bahnhofsvorplatz verlassen haben soll.

„Unter maximal furchtbaren Verhältnissen aufgewachsen“

Die Gerichtsmedizinerin schilderte am Dienstag, dass auf das Opfer Dutzende Male eingestochen wurde – der Tod trat durch Verbluten ein. Angesichts der schwerwiegenden Verletzungen meinte sie, dass ein „massiver Kraftaufwand“ durch den Täter nötig war. Die Psychiaterin beschrieb anschließend detailliert die Biografie des Angeklagten, denn in ihr seien die Hintergründe für die Tat zu suchen: Er sei „unter maximal furchtbaren Verhältnissen aufgewachsen“, mit alkoholkranken Eltern und einem frühen Leben auf der Straße.

Er sei wie ein Dampfkochtopf, „der irgendwann explodieren muss“, sie habe nur „wenige funktionsfähige Anteile“ in seiner Persönlichkeit gefunden. Eine lange therapeutische Behandlung seiner ausgeprägten Persönlichkeitsstörung sei nötig, deren Ausgang aber offen. Trotz seines Alkohol- und Drogenkonsums seien zum Tatzeitpunkt aber „die Grundlagen der Zurechnungsfähigkeit“ gegeben gewesen.

Urteil nicht rechtskräftig

Das – nicht rechtskräftige – Urteil der Geschworenen: lebenslange Haft inklusive Einweisung in ein forensisch-therapeutischen Zentrum.

Ausmaß der Gewalt in Österreich „extrem hoch“

Rund 30 Morde und fast doppelt so viele Mordversuche an Frauen werden Jahr für Jahr in Österreich verzeichnet – Österreich gehört damit nach Daten der EU-Statistikbehörde Eurostat zu den Ländern, in denen mehr Frauen als Männer Gewaltverbrechen zum Opfer fallen.

Charakteristisch für den Tatbestand Femizid ist auch, dass die Täter durchaus schon polizeilich erfasst sein können, und sie stehen zu den Frauen, denen sie Gewalt antun, oft in einem Beziehungs- oder Familienverhältnis.

Hilfe im Krisenfall

Berichte über (mögliche) Femizide und Suizide können bei Personen, die sich in einer Krise befinden, die Situation verschlimmern. Österreichweit und in den Bundesländern gibt es Anlaufstellen, die Rat und Unterstützung im Krisenfall anbieten.

  • Frauenhelpline: 0800 222555
  • Frauenhäuser: 0316 429900
  • Polizei: 133

Weiters:

  • Telefonseelsorge: Tel. 142 (ohne Vorwahl)
  • Rat auf Draht: Tel. 147 (ohne Vorwahl)
  • PsyNot: 0800 44 99 33
  • Männernotruf: 0800 246 247
  • Männerinfo – Krisenberatung: 0800/400 777

Darüber hinaus gibt es für Menschen in seelischen Ausnahmezuständen Anlaufstellen, die rasch und unkompliziert Hilfe anbieten, sowie zahlreiche Hilfsangebote für von Gewalt betroffene Frauen, aber auch für Männer, die Rat brauchen.