Von aufblasbaren Bäumen bis zu Möbel der 90er

Im Rahmen seines Kernprogramms „Volksfronten“ versteht sich der steirische herbst heuer auch als „Ausstellungsparcours“ - und dieser reicht von aufblasbaren Bäumen bis hin zu Möbeln der 90er-Jahre.

Veranstaltungstipp

Der steirische herbst geht heuer bis 14. Oktober über die Bühne.

Unter dem Motto „Volksfronten“ sollen heuer beim steirischen herbst „Überzeugungen erschüttert werden“, so Intendantin Ekaterina Degot bei der Eröffnung - mehr dazu in „Herbst“ will „Überzeugungen erschüttern“. Kernstück der 51. Ausgabe des ältesten europäischen Festivals für Gegenwartskunst ist ein Mix aus Installationen, Performances und diskursiven Arbeiten - mehr dazu in Der steirische herbst erfindet sich neu.

„Reflexion, Vergleich, Kontrast“

Ziel sei es gewesen, „sehr verschiedene Dinge zusammenzubringen und zu schauen, wie es funktioniert“, so Degot: Es gehe immer um „Reflexion, Vergleich, Kontrast“, wobei die Arbeiten immer auch „politisch und sozial“ zu sehen seien.

Pflanzenkommunikation im Volkshaus

Im Grazer Volkshaus hat das ungarische Künstlerduo Igor und Ivan Buharov eine Ausstellung und Installation mit dem Titel „Stimmen des unsterblichen Absichtsfeldes“ errichtet. Im Mittelpunkt stehen Pflanzen, die nicht nur die Mitte des Raumes beherrschen, sondern auch auf Bildern und Zeichnungen - die alle vom botanischen Institut der Karl Franzens-Universität stammen - präsent sind.

Igor & Ivan Buharov, Infectious Courage, 2017, Filmstill

steirischer herbst

Igor & Ivan Buharov, Infectious Courage, 2017

Die beiden Künstler sehen das Kommunikationssystem der Pflanzen als einen Weg, im Zuge der Massenüberwachung neue Kanäle für sichere Kommunikation zu erschließen. Zwei Filme ergänzen die auf drei Räume angelegte Arbeit.

„Schnee von Gestern“

Peter Rosegger inspirierte die in Moskau lebende Künstlerin Irina Korina zu ihrer Science-Fiction-Heimat-Installation „Schnee von Gestern“. Schon im Eingangsbereich der Helmut-List-Halle empfangen den Besucher schrille Jodel-Töne, die einen ziemlich schnell den Hauptraum aufsuchen lassen.

Irina Korina, Schnee von Gestern, 2018

steirischer herbst/Liz Eve

Irina Korina, Schnee von Gestern, 2018

Dort ist alles aus aufgeblasenem Plastik: Berge von Schnee - schmutzig, halb zusammen geschmolzen - sind da zu sehen, auch ein See aus blauen Plastikschläuchen, Bäume aus von unten mit Luft aufgeblasenen und dadurch ständig bewegten Schläuchen sind da, aber auch eine Projektion von zarten Wiesenblumen. Der Paradiesgarten erinnert hier vom Material und der Ausfertigung her an eine Hüpfburg für Kinder, die Realität wird dadurch anschaulich infrage gestellt.

Wie Möbel den Zeitgeist spiegeln

„Anschluss ’90“ ist im Haus der Architektur (HDA) zu sehen, wo Henrike Naumann dem Gefühl nach der deutschen Wiedervereinigung und der Auswirkung auf Österreich auf die Spur geht. Die neue politische Situation schuf Anfang der 90er-Jahre ungeahnte Konsummöglichkeiten, die sie mit ihrer Auswahl von Möbel und Wohngegenständen zeigt.

Henrike Naumann: Anschluss ‘90, 2018

steirischer herbst/Mathias Völzke

Henrike Naumann: Anschluss ‘90, 2018

Ein französisches Bett mit eingebautem Radio fehlt ebenso wenig wie ein Garderobenständer aus Metall mit Holzkugeln oder „zerrinnende“ Uhren. Die Künstlerin fand sämtliche Objekte in Graz oder Umgebung, wie sie selbst betonte.

Lebensbilder aus der Triestersiedlung

Im Kulturzentrum bei den Minoriten sind mehrere Einzelausstellungen zu sehen: Martin Behr und Martin Osterider sind mit Bildern aus ihrer Serie über die Triestersiedlung, in der sie beide aufgewachsen sind, vertreten.

Martin Behr & Martin Osterider, Triester, 2003.

steirischer herbst/Liz Eve

Martin Behr & Martin Osterider, Triester, 2003

Die Aufnahmen zeigen diesen Teil der Stadt mit den heutigen Bewohnern, Migranten ebenso wie Anhänger der FPÖ. Dabei geht es um Details, eine Häkeldecke oder eine Hakenkreuz-Schmiererei, die immer wieder neue Blicke auf Altbekanntes ermöglichen.

Sendungshinweis:

„Steiermark heute“, 24.9.2018

Victoria Lomasko präsentiert ihre Sicht auf Moskau unter dem Titel „Intercession on Karl Marx Street“: Zeichnungen aus dem Gerichtssaal sieht man genauso wie Propagandaplakate in Form von Ikonen. Die Heiligen werden durch Aktivisten, Häftlinge, Arbeiter oder Kinderprostituierte ersetzt, der Blick der Künstlerin bleibt dabei stets einfühlsam.

„Ökonomie der Verzweiflung“

Nur bei flüchtigem Hinsehen gefällig und bunt anzuschauen sind die Arbeiten von Ines Doujak, die in „Ökonomie der Verzweiflung“ Kinder mit Hautkrankheiten aus medizinischen Lehrbüchern des 19. Jahrhunderts abbildet.

Ines Doujak, Ökonomien der Verzweiflung, 2018, Collage

steirischer herbst

Ines Doujak, Ökonomien der Verzweiflung, 2018

Die Bilder werden begleitet von Statistiken über die Ausbeutung der Menschen in jedem Alter, Organhandel, Prostitution und Sklaverei.

Der Rausch Afrikas im Kunsthaus

Auch Malerei aus Afrika bereichert heuer den steirischen herbst: Das Grazer Kunsthaus zeigt unter dem Titel „Congo Stars“ Werke von den 60er-Jahren bis heute und kombiniert dabei populäre Kunst mit zeitgenössischen Arbeiten - mehr dazu in Der Rausch Afrikas im Kunsthaus.

Künstliche Welten im Künstlerhaus

Optischen Illusionen und computergenerierter Virtual Reality widmet sich schließlich eine Ausstellung im Grazer Künstlerhaus: Zwölf Künstler untersuchen dabei das Eintauchen in künstliche Welten - mehr dazu in Künstliche Welten im Künstlerhaus.

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