Eine Femme fatale auf der Grazer Opernbühne

Richard Strauss’ Salome gilt seit jeher als Femme fatale der Opernwelt - eine sehr gegenwärtige Salome bringt nun die Grazer Oper unter der Regie von Florentine Klepper auf die Bühne.

„Ich bin verliebt" schmettert es aus Salomes Brust, als sie den Propheten Jochanaan erblickt, Gefangener ihres Stiefvaters Herodes: Zum ersten Mal in ihrem Leben verspürt die junge Frau Begierde, doch weiß sie nicht damit umzugehen.

Salome

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Eine Frau auf der Suche nach sich selbst

Regisseurin Florentine Klepper zeigt Salome zugleich als Opfer von Missbrauch und Familienschande sowie als Täterin. In der sehr heutigen Inszenierung lebt Salome als orientierungslose junge Frau in einem von Kriminalität und Frauenfeindlichkeit durchtränkten Herrscherort. Ihre einzige Zuflucht ist das eigene Spiegelbild in einer Kamera, das sie ständig begleitet, so die Regisseurin: „Wie geht diese Frau auf die Suche nach sich selbst, die lechzt ja förmlich danach, etwas zu erleben, sich zu spüren. Da haben wir dieses sich selbst Erforschen gefunden in der Form der Spiegelung.“

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„Eine zutiefst tragische Figur“

Viele von uns seien heute auf der Suche, würden aber den Blick nicht weiter schaffen, als über das eigene Spiegelbild hinaus, so Klepper: „Das sieht man dann ja auch bei uns, am Schluss, dass sie die Erkenntnis, die sie hat, die hat sie darin nicht gefunden, die entsteht erst in der Begegung mit anderen Menschen.“ Die Begegnung mit Jochanaan allerdings scheitert: „Sie findet nicht die richtige Sprache, sie findet nicht die richtige Körperlichkeit, das ist eine zutiefst tragische Figur."

Sendungshinweis:

„Steiermark heute“, 8.11.2018

„Eine Art Seelenwanderung“

Oft diskutiert ist bis heute die Perversion der Salome. Regisseurin Florentine Klepper verhüllt den Kuss des abgeschlagenen Kopfes und den Tanz der sieben Schleier - doch mit einer ganz anderen Intention: „Wir haben uns auch viel mit dem Gedanken der Schaulust beschäftigt, mit welchen Erwartungen geht man eigentlich in dieses Stück, und man hört immer wieder die Frage, gibt es einen abgeschnittenen Kopf und gibt es einen gescheiten Schleiertanz. Und ich wollte nicht zum x-ten Mal nochmal eine Vergewaltigung vom Vater sehen, sondern ich wollte gerne mit der Salome eine Art Seelenwanderung machen. Der Körper ist drinnen, dann mache ich die Vorhänge zu, und der Geist geht eigentlich auf die Reise."

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Die Zerrissenheit der tragischen Figur Salome zeigt sich in Richard Strauss‘ visionärer Musik, so die Grazer Salome Johanni van Oostrum: „Es ist natürlich eine sehr extreme Dissonanz, es wechselt auch sehr unerwartet, und es passt zu diesem großen Kontrast, den Salome in sich trägt: Zuneigung, Abneigung, ich bin verliebt, ich hasse es, es ist grausam. In einem Moment hat man eine wunderschöne Melodie, und dann im nächsten Moment ist es wie in einem schwarzen Loch."

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