Chance B bei Gericht abgeblitzt

Die Behindertenorganisation Chance B ist mit der Forderung auf einstweilige Verfügung gegen das Land Steiermark bei Gericht abgeblitzt. Sie hatte Klage eingebracht, weil sie die neue Leistungs- und Entgeltverordnung als nicht kostendeckend bezeichnet.

Von einer Enttäuschung will man bei der Chance B nicht sprechen. Die Leistungen an die rund 2.000 Kunden werden unverändert angeboten, dennoch hat diese juristische Niederlage eine erste Auswirkung.

Chance B arbeitet vorerst zu geringeren Tarifsätzen

Ab sofort arbeitet der Verein auch mit den neuen, geringeren Tarifsätzen. Mit einem halben Jahr Verspätung habe man nun dieselben Rahmenbedingungen, wie die anderen Behindertenorganisationen - aber nur vorerst, betont Eva Skergeth-Lopic, Geschäftsfühererin der Chance B: „Der Unterschied zu den anderen Trägern ist der, das diese sich verpflichtet haben die Leistungen zu diesen Preisen zu erbringen. Wir halten durch unsere Klage aufrecht, die Beurteilung durch einen unabhängigen Sachverständigen, wie hoch die tatsächlich kostendeckenden Leistungsentgelte sind.“

Finanziell bedeuten die neuen Tarife Verluste von etwa 738.000 Euro allein im Jahr 2012. Während die Kosten der Betreuung um elf Prozent gestiegen sind, gibt es nun um bis zu 15 Prozent geringere Tagessätze. Konkret heißt das für die Klienten der Chance B weniger Zeit durch die Mitarbeiter, etwa beim Füttern eines Schwerstbehinderten, erklärt Skergeth-Lopic: "Heute und in Zukunft wird eine Mitarbeiterin zumindest für zwei Personen zuständig sein und dann wir Zeitdruck entstehen und das nimmt die Entwicklungsmöglichkeit und die Selbständigkeit der Person.“

Rekurs beim Oberlandesgericht Graz

In der Hauptverhandlung gehe es nun darum, ob das Land als Vertragspartner der Trägerorganisation den Preis überhaupt bestimmen kann. Die Entscheidung des Zivilgerichts in erster Instanz wird von Chance B kritisch gesehen: „Das Gericht ist in seiner Entscheidung überhaupt nicht auf die Frage der Kostendeckung bzw. eines fairen Leistungspreises eingegangen. Stattdessen hat es festgestellt, dass das Land in Fragen der preislichen Gestaltung an die Leistungsverordnung gebunden ist und daher auch nur diese Preise bezahlen kann.“ Folge man dieser Argumentation, würde das faktisch ein einseitiges Preisdiktat des Landes bedeuten. „Dann könnte das Land genauso gut Null als entsprechenden Preis festsetzen“, so die beiden Geschäftsführer Franz Wolfmayr und Skergeth-Lopic. Man werde daher gegen diese Entscheidung Rekurs beim Oberlandesgericht Graz erheben.

Chance B hat Klagsrisiko abgewogen

Man sei zuversichtlich den Rechtsstreit zu gewinnen und dann auch Schadensersatzansprüche anzumelden, heißt es von Chance B. Für den Fall, das die Hauptverhandlung zugunsten des Landes entschieden wird, habe man alle Risiken abgewogen: das Risiko, die Situation für die Klienten durch die neuen Verträge dauerhaft zu verschlechtern, sei größer gewesen.

Die neuen Verträge des Landes bringen seit November für die Einrichtungen im Behindertenbereich und der Jugendwohlfahrt deutlich niedrigere Honorarsätze und ein geringeres Leistungsangebot. 85 der 86 Vertragspartner haben die Leistungsverträge dennoch unterschrieben, nur Chance B reichte Klage ein - mehr dazu in Behindertenhilfe: Chance B klagt Land (5.12.2012).

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