NS-Prozess geht in die Schlussphase

Im NS-Wiederbetätigungsprozess gegen den Oststeirer Franz Radl und neun weitere Personen soll es noch in dieser Woche ein Urteil geben. Das Prozessfinale ist für drei Tage anberaumt; am Montag wurde das Beweisverfahren abgeschlossen.

Radl und neun weiteren Personen wird vorgeworfen, Internetseiten mit nationalsozialistischem Inhalt betrieben sowie einschlägige Aufkleber und CDs verteilt zu haben. Anfang Juli wurde der Prozess nach zwölf Verhandlungstagen vertagt – mehr dazu in NS-Prozess bis August vertagt (4.7.2012) und in NS-Prozess: Honsik sagte per Video aus (11.11.2012).

Angeklagte

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Bis spätestens Mittwoch wird mit den Urteilen gerechnet

Mehrere Beweisanträge

Am Montag musste das Gericht noch über weitere Beweisanträge beraten und entscheiden. Es ging dabei unter anderem um einen Geschworenen und dessen angebliche Befangenheit, Fragen zur Telefonüberwachung Franz Radls durch das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, sowie um Nazi-Parolen, die die Angeklagten geschrien haben sollen.

Alle Anträge abgelehnt

Die Verteidigung wollte Videos vorführen, wo unbekannte österreichische Fußballfans Parolen wie „Es es, es es, es eskaliert!“ oder „Es a, es a, es artet aus!“ skandieren, um zu belegen, dass dies sozusagen zum Alltag gehöre und trotz der wörtlichen Nähe zu „SS“ und „SA“ keine nationalsozialistischen Hintergründe habe - das Gericht lehnte aber alle Anträge der Verteidigung ab.

Selbstbewusste Angeklagte

Was am Montag auch wieder auffiel, war das große Selbstbewusstsein, mit dem ein Teil der Angeklagten vor dem Richter auftrat: Einer bezweifelte sogar lautstark die Identität einer Zeugin, was der Richter mit einem genervten „Wollen’s vielleicht einen Ausweis von ihr sehen?“ quittierte.

Franz Radl ließ es sich auch nicht nehmen, selbst einen ausführlichen Beweisantrag vorzubringen - den Verteidigern blieb da nur die Zuschauerrolle. Das ist zwar ungewöhnlich, aber zulässig; geholfen hat es zudem nichts, denn auch diesen Antrag lehnte das Gericht ab.

Staatsanwalt fordert mehrjährige Haftstrafe

Am Dienstag sprach der Staatsanwalt in seinem finalen Plädoyer die Geschworenen vor allem mit Bezug auf ihre Berufe als Pädagogen an: „Das ist wichtig, weil die Angeklagten gezielt Schüler angesprochen haben.“ Radl wolle die Jugend auf seine Seite ziehen und deren Gesinnung beeinflussen, um neue Anhänger zu finden. Der Oststeirer ha eine „außerordentliche Gefährlichkeit“, so der Staatsanwalt, der eine unbedingte mehrjährige Haftstrafe für Radl fordert.

Radl lediglich „Hamster von Nazi-Devotionalien“

Für Radls Verteidiger ist der Hauptangeklagte wörtlich nur ein „Hamster von Nazi-Devotionalien“, jedoch nicht jemand, der NS-Wiederbetätigung betrieben habe. „Es gibt keinen Franz Radl, der leitend über allen schwebt“, so der Rechtsanwalt zu den Geschworenen. Er habe einmal ein paar Zettel verteilt und wurde einmal mit dem Buch „Freispruch für Hitler“ von den Medien fotografiert: „Und das soll der steirische Ober-Nazi sein?“

Urteil spätestens am Mittwoch

Das Beweisverfahren ist nun abgeschlossen; mit den Urteilen wird spätestens am Mittwoch gerechnet.