Grazer Bürgerbefragung schafft Rechtsprobleme
Der schon weithin bekannte Beschwerdeführer - der ehemalige Kandidat für die Bundespräsidentenwahl, Wolfgang Pöltl - hatte sich an die Datenschutzkommission gewandt, weil er sich durch die Verwendung seiner Daten im Zuge der Bürgerbefragung in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt gefühlt hatte. Datenschutzrechtliche Bedenken gab es aber auch schon vor der Befragung - mehr dazu in Datenschutz: Bürgerbefragung „schäbig“.
Zugriff auf das Melderegister rechtswidrig
Mit dem nun vorliegenden Bescheid scheinen die Bedenken nun aber amtlich zu sein: Demnach hätte der Zugriff auf das Melderegister, in dem die wichtigen persönlichen Daten der Bürger - wie etwa Name, Geburtsdatum oder Wohnort - gespeichert sind, nicht erfolgen dürfen.
In ihrem 20-seitigen Bescheid erklärt die Datenschutzkommission auch warum: Bei der Bürgerbefragung handelt es sich nämlich nicht - wie etwa bei einer Volksabstimmnung - um ein gesetzlich verankertes, politisches Instrument, sondern um eine Art privatwirtschaftliche „Meinungsumfrage“, die per Gesetz keinerlei Verbindlichkeiten mit sich bringe.
ORF
Grazer droht mit weiterer Klage
Auf dieser Grundlage hat der Grazer Wolfgang Pöltl eigenen Angaben zufolge diese Woche eine Unterlassungsaufforderung an das Büro des Bürgermeisters Siegfried Nagl (ÖVP) geschickt. Dieser habe ab Zustellung acht Tage Zeit, sie zu unterschreiben; ansonsten werde er eine Unterlassungsklage einbringen, so Pöltl.
Soweit werde es nach Auskunft des Bürgermeisterbüros aber nicht kommen: Man wolle die rechtlichen Bedenken ernst nehmen und bis zur Klärung der Sachlage von weiteren geplanten Bürgerbefragungen absehen.
Bürgerbefragung soll legitimiert werden
Sehr wohl werde man die juristische Abteilung mit einer Gegenschrift beauftragen, den Akt eventuell auch an den Verfassungsgerichtshof weiterleiten und um Klärung bitten. Die bessere Lösung sei allerdings, so Nagl-Sprecher Thomas Rajakovics, eine rasche Einigung in Sachen direkter Demokratie, an der derzeit auf Bundesebene auch gearbeitet werde, denn im Rahmen des so genannten Demokratiepakets könne man derartige Instrumente wie die Bürgerbefragung in einen rechtlich einwandfreien Rahmen betten.
Nicht die erste Klage des Grazers
Es ist nicht das erste Mal, dass Wolfgang Pöltl rechtlich gegen das Grazer Rathaus vorgeht: Zuletzt blitzte er mit einer Strafanzeige gegen Nagl, den Magistratsdirektor Martin Haidvogl und eine weitere Magistratsmitarbeiterin aber ab. Die Staatsanwaltschaft Graz hatte das Verfahren wegen Täuschung und Untreue gegen die Genannten bereits Anfang Dezember eingestellt. Eine Wiederaufnahme strebt Pöltl eigenen Angaben zufolge nicht an.