Grazer Stadtregierung steht, Kritik von KPÖ und Grünen

Am Mittwoch ist in Graz die neue Stadtregierung vorgestellt worden: ÖVP, SPÖ und FPÖ präsentierten ein Arbeitsübereinkommen bis 2017. Die KPÖ als zweitstärkste Partei kritisierte, bei der Präsentation nicht eingeladen gewesen zu sein.

Die Regierungsverhandlungen nach der Gemeinderatswahl am 25. November gestalteten sich zäh - mehr dazu in Verhandlungen in Graz gehen ins Finale (13.1.2013). Nun sind die Verhandlungen abgeschlossen, am Mittwoch wurden die Details präsentiert.

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APA/Markus Leodolter

ÖVP, SPÖ und FPÖ präsentierten ihr Arbeitsübereinkommen

Nagl: Wählerauftrag nicht einfach

Der Auftrag der Wähler sei eindeutig gewesen, aber nicht einfach, so Bürgermeister Nagl zu Beginn der Pressekonferenz: „Aber wir haben es geschafft, wieder eine Regierung anzugeloben.“ Dann präsentierte er gemeinsam mit Stadträtin Martina Schröck (SPÖ) und Stadtrat Mario Eustacchio (FPÖ) das Arbeitsübereinkommen. Eine fixe Koalition wie in der abgelaufenen Regierungsperiode wird es nicht geben; zudem steht bei dem Arbeitsübereinkommen das Sparen im Vordergrund. „Es gibt viele Ideen, aber nur uns dreien war klar, dass die finanziellen Mittel dazu nicht auf Bäumen wachsen“, so Nagl. Bei den Ressort habe man versucht, vernünftige Blöcke zu bilden.

Schuldenobergrenze bei 1,3 Milliarden Euro

Gespart werden soll unter anderem bei der Politik und in der Verwaltung: Allein fünf Millionen Euro sollen laut Nagl durch die Reduzierung der Stadtregierung und des Gemeinderates eingespart werden. Der aktuelle Schuldenstand der Stadt von 1,1 Milliarden Euro darf bis 2017 nur um maximal 300 Millionen Euro ansteigen. Das große Sparen sei aber nicht ausgerufen, so Nagl.

Geplante Projekte werden nicht verschoben

Trotz vorgegebener Schuldenobergrenze werden die beschlossenen 420 Millionen Euro investiert, dazu kommen voraussichtlich 100 Millionen, die in bereits geplante Bauprojekte fließen werden, Straßenbahnverlängerungen, die neue Eishalle und der MedUni-Campus sollen nicht verschoben werden. Über die genaue Budgetverteilung und mögliche Verzögerungen von Projekten werden man inhaltlich diskutieren müssen, stellte Nagl am Mittwoch klar.

Bekenntnis zu regelmäßiger Gebührenerhöhung

Klar bekennen sich ÖVP, SPÖ und FPÖ zum bereits bestehenden Stadtentwicklungskonzept - Stichwort Reininghausgründe - und zu einer Gebührenerhöhung, die regelmäßig und in kleineren Sprüngen der Inflation angepasst werden soll.

Gemeinderat Graz

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Die erste Sitzung des neu gewählten Gemeinderats findet am 24. Jänner statt

Keine Unterschrift unter das Arbeitsübereinkommen gibt es von der KPÖ und den Grünen: Die Kommunisten - zweitstärkste Partei im Grazer Gemeinderat - sind unter anderem gegen weitere Privatisierungen von städtischem Eigentum - mehr dazu in KPÖ Graz präsentiert Ressortvorhaben (14.1.2013). Die Grünen wiederum schließen nicht aus, dass sie einzelne Punkte des Arbeitsübereinkommens mittragen werden.

Dazu gab es am Mittwoch auch einen Seitenhieb von Nagl: „Nur wer zu 100 Prozent Verantwortung übernimmt, kann auch ein Ziel erreichen. Das unterscheidet jetzt die Fraktionen, die hinter uns stehen, von anderen, weil wir uns auf diese grundsätzlichen Ziele - sowohl bei der Finanzgebarung als auch bei der Ressortverteilung - geeinigt haben.“

Ressortverteilung fixiert

Am Mittwoch wurde auch die neue Ressortverteilung bekanntgegeben.

  • Präsidialamt und Magistratsdirektion bleiben Nagl, ebenso Baudirektion, Stadtplanung und Grünraum, dazu kommen Feuerwehr und Katastrophenschutz.
  • Gerhard Rüsch (ÖVP) behält weiterhin Finanzen, Personal und Beteiligungen. Dazu übernimmt er neu Wirtschaft und Tourismus sowie die Bürgerbeteiligung.
  • Sport und Kinderbetreuung bleiben bei Detlev Eisel-Eiselsberg (ÖVP), neu dazu bekommt er Bildung und Schulen und auch die Stadtbibliotheken.
  • Martina Schröck (SPÖ) behält das Sozialressort, dazu kommen Arbeit und Beschäftigung, zu Frauen und Senioren kommt Jugendwohlfahrt dazu - laut Nagl ein „Generationenressort“.
  • Mario Eustacchio (FPÖ) übernimmt von Lisa Rücker das Verkehrsressort, Sicherheit und Kontrolle mit Ordnungswache.
  • Lisa Rücker (Grüne) erhält zur Umwelt das Gesundheits- und das Kulturressort.
  • Elke Kahr (KPÖ) bekommt zum Wohnungsressort die Bau- und Anlagenbehörde und das Referat Zusammenleben, dazu gehört etwa die Siedlungsbetreuung.

Pakt der Vernunft

Sozialstadträtin Schröck sagte nach der Präsentation, sie wolle jenen Projekten Vorrang geben, die die Menschen brauchen würden. Investiert werden soll in die Bildung, in Arbeitsplätze und in den Wohnraum. Eustacchio sprach von einem „Pakt der Vernunft“. Der Budgetplan solle regelmäßig auf seine Tauglichkeit kontrolliert werden, Fantasieprojekte hätten keinen Platz. In seinem neuen Ressort Verkehr wolle er ein „Mittelmaß“ finden. Weder Autofahrer noch Radfahrer würden verfolgt werden, so Eustacchio.

ÖVP wählt Kahr nicht zur Vizebürgermeisterin

Unklar ist, ob Kahr bei der Gemeinderatssitzung am 24. Jänner zur Vizebürgermeisterin gewählt wird. Die ÖVP wird sie jedenfalls nicht wählen - sie betont, dass auch die KPÖ 2003 und 2008 nicht für Nagl als Bürgermeister stimmte. Schröck und Eustacchio wollten sich persönlich an ihre nach der Wahl getroffenen Zusagen halten, Kahr zu wählen. Der SPÖ-Gemeinderatsfraktion wolle sie nicht vorgreifen, so Schröck, diese werde am Freitag beraten und entscheiden. Eustacchio sagte, er stehe zu seiner Zusage. FPÖ-Klubchef Armin Sippel habe den freiheitlichen Mandataren das Abstimmungsverhalten freigestellt

KPÖ weist Nagl-Vorwürfe zurück

Kahr wies Nagls Aussagen zurück, wonach die KPÖ keine Verantwortung tragen wolle. „Der Bürgermeister hat es schriftlich von uns, dass wir beim Stabilitätspakt bei 17 von 20 Punkten dabei gewesen wären.“ Weiters meinte Kahr, sie sei eigentlich von einer gemeinsamen Pressekonferenz ausgegangen. Der Bürgermeister sei offenbar nicht bereit, mit allen auf Augenhöhe zu sein: „So wahrt man kein gutes Gesprächsklima.“ Die KPÖ sei beim Stabilitätspakt in der "konsolidierten Betrachtung und bei der Verschuldungsobergrenze von 1,3 Milliarden Euro dabei gewesen. Auf den Vorschlag, diese auch ohne Privatisierungen und Verkäufe einzuhalten, sei Nagl nicht eingestiegen.

Kahr sieht sich Wähler verpflichtet

Nagls Herangehensweise sei befremdend, so Kahr: „Wir haben Zugewinne, SPÖ und ÖVP haben verloren, und wir sollten dann zu 100 Prozent die ÖVP-Politik mittragen. Wir haben aber unsere Verpflichtung unseren Wählern gegenüber. Außerdem, das ist schon fast beleidigend, mich als Vizebürgermeisterin abzulehnen, weil ich dann etwa im Fall einer Erkrankung Nagl in seine Ressorts hineinregieren könnte. Ich habe oft andere vertreten, ich würde mir das nie anmaßen. Er hat das sehr wohl bei seiner grünen Vizebürgermeisterin gemacht.“

Sie werde die ihr überantworteten Ressorts gewissenhaft führen. Dass das Wohnungsamt wie von Nagl angekündigt ein Eigenbetrieb werden solle, sei keine Ausgliederung, das sei ähnlich wie bei den früheren Wirtschaftsbetrieben. Man werde das anschauen und prüfen, kündigte die KPÖ-Stadträtin an.

Rücker: Dreierkoalition ohne Programm

Als Dreierkoalition ohne Programm bezeichneten die Grazer Grünen das Arbeitsübereinkommen von ÖVP, SPÖ und FPÖ: „Die drei unterzeichneten Parteien haben sich in zwei Monaten keine einzige Sekunde mit den großen Herausforderungen der Stadt - Gesundheit, Mobilität und Zusammenleben – auseinandergesetzt und waren nicht in der Lage, ein Programm mit den Schwerpunkten für die nächsten Jahre zu erarbeiten. Die Unterzeichnung des sogenannten Stabilitätspaktes bleibt folglich eine inhaltsleere Aktion“, so Rücker.

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