Richtstätte wird archäologisch erforscht

Zum ersten Mal wird in der Steiermark eine ehemalige Richtstätte archäologisch erforscht. Im Pölstal wollen der Historiker Ingo Mirsch und sein Team durch eine Grabung mehr über einen frühneuzeitlichen Galgen und dessen Geschichte erfahren.

Im Birkachwald in Unterzeiring liegt die Richtstätte, von der heute nur noch zwei mächtige Steinsäulen erhalten sind. Mirsch will diesen ehemaligen Galgen und die Hinrichtungen, die dort stattfanden, genauer erforschen.

Ausgrabungen Oberkurzheim

ORF.at

Über die Entstehung des Galgens sind relativ gute Informationen vorhanden, nicht aber über den tatsächlichen Gebrauch der Richtstätte und das Prozedere bei und nach den Hinrichtungen, so der Grabungsleiter.

Hinrichtungen ab dem 14. Jahrhundert

Wahrscheinlich im 14. Jahrhundert wurde eine ältere Richtstätte in der Nähe von Oberkurzheim aufgegeben und im Birkachwald neu errichtet. Der aus Holz errichtete Galgen dürfte aber im Jahr 1740 von einem Sturm zerstört worden sein und wurde durch ein neues, gemauertes Bauwerk ersetzt.

Historische Forschungen sowie die ersten archäologischen Befunde und Funde dokumentierten im Vorjahr anschaulich die tatsächliche Nutzung der Richtstätte. So ist auch im Grazer Landearchiv zu lesen, dass im 17. Jahrhundert Hinrichtungsexekutionen auch wegen Zauberei stattgefunden haben sollen.

Wie liefen Hinrichtungen ab?

Ziel der ab Montag stattfindenten archäologischen Grabungen ist es herauszufinden, mit welcher Frequenz und vor allem wie die Hinrichtungen stattgefunden haben und ob auch Hexenverbrennungen exekutiert wurden, sagt Mirsch: „Das ließe sich nachweisen durch Holzkohle, durch kleine Knocherl, weil diese Hexen sind ja im Feuer aufgegangen. Diese Knochen und Skelette kommen dann an die Grazer Gerichtsmedizin, mit der wir sehr gut zusammenarbeiten, und dort kann man dann die Art der Hinrichtung eruieren - es hat da ja alles gegeben, vom Rädern und Köpfen bis zum Aufhängen, auch die leichteren Körperstrafen wie Handabhacken hat es gegben - es ergibt sich da ein ungeahntes archäologisches Gebiet.“

Ausgrabungen Oberkurzheim

ORF.at

An den Grabungen werden rund 15 Personen teilnehmen, gegraben wird bis in eine Tiefe von drei Metern. Für die nächsten Jahre sind weitere Grabungen geplant.

„In der Gegend gehört irrsinnig viel aufgearbeitet“

Maßgeblich verantwortlich dass diese archäologischen Grabungen stattfinden können, ist der Verein „Archäologie Pölstal“ unter Obmann Gerfried Kaser mit Unterstützung des Bundesdenkmalamtes und des Landes.

Kaser will die Fundstücke in weiterer Folge der Bevölkerung zugänglich machen, geschichtlich aufarbeiten und dokumentieren, „weil ich der Meinung bin, dass in der Gegend irrsinnig viel aufgearbeitet gehört - verlorene Fundstücke, verlorene Gegenstände, und jeder einzelne Gegenstand beinhaltet eine eigene Geschichte.“

Europaweit sind bereits 80 verschiedene Richtstättengrabungen dokumentiert, in der Steiermark ist jene in Unterzeiring die erste. Mirsch sieht die Grabungen im Pölstal als „möglichen Beginn einer steirischen Richtstättenarchäologie“. Als vorbildhaft nannte er das oberösterreichische Projekt „Schande, Folter, Hinrichtung - Forschungen zur Rechtsprechung und Strafvollzug in Oberösterreich“, das Maßstäbe in der Erforschung von Rechtsaltertümern gesetzt habe.

Link: