Gemeindeinitiative kämpft gegen eigene Parteien

Die Gemeindeinitiative hat am Donnerstag über weitere Protestmaßnahmen gegen erzwungene Gemeindefusionen beraten - und den angekündigten Boykott des Nationalratswahlkampfes für SPÖ und ÖVP tatsächlich beschlossen.

Die Landesregierung plant derzeit, 539 zu 285 Gemeinden zusammenzulegen, teilweise trotz ablehnender Abstimmungsergebnisse der Bevölkerung - mehr dazu auch in Freiwillige Gemeindefusionen auf dem Weg (14.8.2013) und in Gemeindezusammenlegung: Bürger wehren sich (9.5.2013).

Eigene Plakate gedruckt

Die Initiative - ihr gehören rund 120 Gemeinden an - hatte bereits im Vorfeld der Klausur am Donnerstag in Höf-Präbach angekündigt, den Nationalratswahlkampf von SPÖ und ÖVP möglicherweise nicht zu unterstützen und stattdessen eigene Plakate mit dem Slogan „Keine Stimme für die Demokratieverweigerer SPÖ und ÖVP“ aufzuhängen - mehr dazu auch in Gemeindeinitiative überlegt Wahlkampfboykott (28.8.2013).

"Wahlplakat"

ORF.at

„Es tut uns sehr, sehr weh“

Die nun tatsächlich stattfindende Plakataktion soll auf freiwilliger Basis umgesetzt weren, sagt Florian Taucher, der Bürgermeister von Höf-Präbach (ÖVP): „Es tut uns wirklich sehr, sehr weh, dass wir unsere eigene Partei in dieser Richtung schwächen, aber es ist leider unter der jetzigen Führung der beiden Großparteien nicht mehr anders möglich. Das ist der letzte Weg, die Demokratie wieder zurückzuholen.“

So sehen das auch viele andere Bürgermeister der Gemeindeinitiative, etwa Hans Jostmann, Bürgermeister von Etmissl (SPÖ), das nach Plänen des Landes mit St. Ilgen und Thörl fusionieren soll: „Wir werden diese Plakate aufhängen, wir werden auch eine Aussendung machen und auf diese Plakate besonders hinweisen. Wir sind gegen die Demokratieverweigerer, wir stellen uns hinter die Bevölkerung. Wir sind gegen jene, die direkte Demokratie nur reden, aber nicht durchführen.“

Keine Wahlwerbung ist auch in Pichl angesagt. Der Druck der Bevölkerung sei groß, wie die Volksbefragung gezeigt hätte, denn da hätten bei einer Wahlbeteiligung von 82 Prozent 97 Prozent für die Eigenständigkeit gestimmt. Bürgermeister Siegfried Keinprecht (ÖVP) einschränkt: „Wenn wir da einen Schwenk merken oder eine Zusage bekommen, dann ist immer noch möglich, dass wir uns zur Nationalratswahl so verhalten, wie wir uns immer verhalten haben, eben für die Partei mehr oder weniger Wahlwerbung zu machen.“

Dirnberger in „nicht vereinbarer Doppelfunktion“

Neben der Diskussion um die Plakate wurden am Donnerstag auch rechtliche Informationen für den Fall von Zwangszusammenlegungen gegeben sowie die alternative Möglichkeit eines Verbandes dargestellt. Ebenso Thema war die Causa Gemeindebund: Präsident Erwin Dirnberger (ÖVP) agiert derzeit in einer laut Initiative „nicht miteinander vereinbaren Doppelfunktion“, denn er ist gleichzeitig Abgeordneter - mit ihm wolle man Gespräche führen, wobei Florian Taucher die Stichwörter Rücktritt oder Mandatsrücklegung fallen ließ.

Verhaltene Bundesreaktionen

Der Wahlboykott scheint ÖVP und SPÖ auch auf Bundesebene nicht zu beeindrucken: Bei der ÖVP heißt es auf Anfrage, dies sei nur ein steirisches Thema und sollte auch in der Steiermark bleiben, und von der Bundes-SPÖ gibt es bislang gar keine Reaktion.

Landesparteien unbeeindruckt

Mit 30. September endet die Frist, bis zu der sich Gemeinden durch Freiwilligkeit einen Bonus des Landes sichern können, und nach dem Beschluss der Gemeindeinitiative sieht es weniger denn je nach einer Einigung aus. Landeshauptmann Franz Voves (SPÖ) sagte erst kürzlich, dass die Zeit der Gespräche vorbei sei - mehr dazu auch in Voves zu Gemeindefusionen: „Genug diskutiert“ (28.8.2013) - und auch SPÖ-Landesgeschäftsführer Anton Vukan gibt sich betont gelassen: „Die Nationalratswahl hier auszunutzen, um persönliche Interessen durchzusetzen, ist nicht richtig, und das sieht auch der Großteil der Bevölkerung so, davon bin ich zutiefst überzeugt.“

Auch ÖVP-Landesgeschäftsführer Bernhard Rinner zeigt sich vorerst unbeeindruckt: „Ich seh’, dass das eine kleine Gruppe ist, eine Minderheit, die einfach ihrem Protest Ausdruck verleihen will, das hindert uns am Wahlkampf aber eigentlich überhaupt nicht.“

Freude - und das geben Rinner und Vukan auch zu - haben sie mit diesen Wahlkampf-Störfeuern natürlich keine, und für den SPÖ-Landesgeschäftsführer ist klar, dass es für SPÖ-Bürgermeister, die offen zum Wahlboykott aufrufen, Konsequenzen geben wird.

Unterstützung von den Grünen

Unterstützung für die Gemeindeinitiative kommt dagegen von der Opposition im Land: So werden die Grünen in der nächsten Landtagssitzung am 17. September eine Dringliche Anfrage an Landeshauptmann Voves zu diesem Thema richten, in der sie erfragen wollen, ob die Landesregierung die konstruktiven Forderungen und Vorschläge der steirischen Gemeindeinitiative weiter ignorieren werde.

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