Konsequenzen nach Missbrauch in Jugend-WG

In einer Grazer Jugend-WG, in der es jahrelang zu sexuellen Übergriffen gekommen ist, gibt es weitgehende Änderungen: Die Stadt will die WG gemeinsam mit einem freien Träger führen, Betreuungspersonen sollen nicht wechseln und kurzfristig aufgestockt werden können.

Vier Mädchen wurden über Jahre von mehreren Burschen in der Wohngemeinschaft sexuell missbraucht. Der Fall wurde Anfang März bekannt, nun soll die Wohngemeinschaft völlig neu gestaltet werden, sagt die für Soziales zuständige Vizebürgermeisterin von Graz, Martina Schröck (SPÖ).

Mehr Personal mit mehr Kompetenz

So wird das Betreuerteam aufgestockt: Zu den sieben Betreuern der Stadt kommen 15 vom Institut für Familienförderung dazu. Dieser freie Träger betreut schon jetzt im Auftrag der Stadt Jugendliche und soll die WG in Zukunft führen: „Das heißt, wir bekommen mehr Personal mit mehr Kompetenzen. Wir setzen künftig auf Bezugsbetreuung, das heißt, dass Kinder zu Hause wie auch in der WG und dann womöglich in einer anderen Einrichtung immer von der gleichen Bezugsperson betreut werden können. Das bedeutet eine gewisse Stabilität für Kinder in Krisensituationen.“

Betreuung auch für Familien möglich

Man könne künftig auch flexibler als bisher reagieren und im Bedarfsfall etwa Burschen und Mädchen räumlich trennen oder die Nachtdienste aufstocken. In der WG sollen aber nicht nur bis zu neun Jugendliche Aufnahme finden, sagt Martina Schröck: „In dieser neuen Einrichtung wird es auch möglich sein, dass Familien aufgenommen und begleitet werden können, auch junge Familien, die sich in einer kurzzeitigen Krise befinden.“

Verstärkte Aufklärung der Mädchen

Die Mitarbeiter aller vier Grazer Jugendwohngemeinschaften wurden nach den Missbrauchsfällen speziell geschult, und künftig will man die Mädchen in der Wohngemeinschaft stärker als bisher über sexualisierte Gewalt informieren, sagt Schröck. Das Land Steiermark muss dieses Pilotprojekt der Stadt aber noch genehmigen. Die Kosten für die neuen Betreuungsformen belaufen sich laut Schröck auf rund 500.000 Euro pro Jahr. Der Prüfbericht des Landes zu den Missbrauchsfällen soll im November fertig sein.

Zwei der vier vom sexuell Missbrauch betroffenen Mädchen leben nach wie vor in der Wohngemeinschaft, eine Jugendliche lebt teils zu Hause, teils in einer anderen Einrichtung, das vierte Mädchen in einer mobil betreuten Wohneinheit.

Drei 17-jährige Burschen standen Mitte September wegen sexuellen Missbrauchs vor Gericht. Die Urteile lauten 18 beziehungsweise 24 Monate Haft, zwei Burschen haben ihre Urteile angenommen – mehr dazu in Missbrauch in Jugend-WG: Urteile gefällt (19.9.2013).