Schubhaftzentrum Vordernberg eröffnet

Nach rund fünf Jahren Planungs- und Bauzeit ist am Mittwoch das Schubhaftzentrum im obersteirischen Vordernberg eröffnet worden. 200 Menschen können hier untergebracht werden, während sie auf ihre Abschiebung in die Heimat warten.

Anders als bisherige Schubhaftquartiere sei Vordernberg kein Gefängnis, ganz besonders wichtig sei eine möglichst humane Unterbringung und Betreuung - so deutet auch die Prospektbeschreibung nicht unbedingt auf ein Schubhaftzentrum hin: So wird beschrieben, dass die Wandverkleidung aus Seekiefer durch ihre starke Maserung warm und wohnlich wirkt.

„Kein Gefängnis“

Die einzelnen Wohneinheiten bieten jeweils 20 Menschen Platz, und die Achtung der Menschenwürde und die möglichste Schonung der Angehaltenen sei ein großes Anliegen, sagte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) bei einem Besuch in Vordernberg.

„Menschen als Menschen an- und wahrnehmen“

Auch der Generaldirektor für öffentliche Sicherheit, Konrad Kogler, will das Zentrum nicht als Gefängnis sehen: „Die Menschen, die hier angehalten werden, haben in der Regel nichts Böses getan, und es geht uns darum, dass wir hier eine professionelle Vorbereitung für die Rückführungsmaßnahmen durchführen können und dass die Menschen auch als Mensch an- und wahrgenommen werden und sich hier auch als Menschen bewegen können.“

Insgesamt ist das 25 Millionen Euro teure Schubhaftzentrum 9.600 Quadratmeter groß. Es besteht aus Polizeiräumen, Verwaltungsbüros, einer medizinischen Abteilung und einem zweigeschoßigen Wohntrakt, in dem bis zu 200 Schubhäftlinge untergebracht werden können. Jede Wohngruppe hat einen gemeinsamen Wohnbereich, eine Küche und Aufenthaltsräume, weiters sind in dem Schubhaftzentrum eine Bibliothek, ein Kiosk, ein Mediationsraum und ein Fitnessraum untergebracht.

Aufgaben an private Firma ausgelagert

Den Ablauf im Anhaltezentrum schilderte dessen Leiter Herwig Rath so: „Wir betreuen sie hier; während der Zeit ihres Aufenthaltes organisieren wir die Rückreise, und das Ganze wird einen Zeitraum von zwei bis sechs Wochen beanspruchen." Unter anderem gibt es während dieser Zeit ein wöchentliches Besuchsrecht, außerdem werden Familien gemeinsam untergebracht - mehr dazu in Erste Einblicke in Schubhaft Vordernberg. Dennoch werden die Schubhäftlinge ständig mit Kameras überwacht, und die Anlage ist von hohen Mauern und Gittern umgeben.

Schubhaftzentrum Vordernberg

APA/BIG

Der Neubau sei „kein Gefängnis“, sagte die Innenministerin. Mauern und Kameras gibt es trotzdem.

Im Schubhaftzentrum sind 55 Polizeibeamte und 68 Mitarbeiter der privaten Sicherheitsfirma G4S beschäftigt - damit wurden erstmals Aufgaben einer derartigen öffentlichen Einrichtung in private Hände gegeben. Diese Kombination sorgte in den letzten Wochen für Aufregung und Kritik - mehr dazu in Vordernberg: Einblick in genaue Aufgabenteilung, in Schubhaftzentrum Vordernberg: Verträge offengelegt und in Vordernberg - Volksanwalt: „Nicht alarmierend“. Allerdings, heißt es aus dem Innenministerium, seien die Aufgaben klar getrennt.

Von Eisenbahnstrecken und Ameisenhaufen

Das Schubhaftzentrum ist das Prestigeprojekt des Vordernberger Bürgermeisters Walter Hubner (SPÖ). In seiner Rede anlässlich der Eröffnungsfeier wies er am Mittwoch auf die unzähligen Hürden und Genehmigungsverfahren in den vergangenen fünf Jahren hin, vom Hochwasserschutz über Diskussionen über die vorbeiführende - stillgelegte - Eisenbahnstrecke oder wenig vorhandenes Wasser bei möglichen Löscharbeiten bis hin zu einem Ameisenhaufen: „Ein Ameisenhaufen spielte im naturschutzrechtlichen Verfahren eine Rolle. Bis zu diesem Zeitpunkt war mir nicht bekannt, dass es einen Ameisenbeauftragten gibt, bescheidmäßig gefordert musste sich dieser um die Verlegung dieses Ameisenhaufens kümmern“, so Hubner.

Wertschöpfung von 13 Millionen erwartet

Der Bau des Schubhaftzentrums war die größte Investition in der von Abwanderung geplagten Gemeinde seit dem Bau der Erzbergbahn im 19. Jahrhundert. Neben den mehr als 120 neuen Arbeitsplätzen soll in der Region auch eine jährliche Wertschöpfung von 13 Millionen Euro entstehen, wie eine Studie des Klagenfurter Ökonomen Gottfried Haber zeigt.

Eröffnung von Protestaktion begleitet

Die Eröffnung am Mittwoch war auch von einer Protestaktion begleitet: Rund 20 Demonstranten wollten auf die „Unmenschlichkeit des Systems Schubhaft“ aufmerksam machen und plakatierten „Schubhaft in Vordernberg, Scheiße schön verpackt“. Zudem warfen sie einen bisher nicht näher definierten pyrotechnischen Gegenstand in die Sicherheitsschleuse, der dort explodierte. Verletzt wurde niemand.