Studie: Instrumente sind positiv für Kinder

Eine Psychologin aus Graz erforschte, wie sich das frühe Erlernen eines Musikinstruments langfristig auf die Gehirnentwicklung von Kindern auswirkt. So zeigte sich etwa, dass sich die Aufmerksamkeit verbessert und die Kinder besser zuhören können.

Die Privatdozentin Annemarie Seither-Preisler vom Institut für Psychologie der Uni Graz forschte gemeinsam mit dem deutschen Neurowissenschaftler Peter Schneider von der Universität Heidelberg. Ihre neuesten Erkenntnisse, wie man begabte Kinder noch besser fördern und auf der anderen Seite Entwicklungsdefiziten entgegenwirken kann, haben die beiden zusammen mit dem Grazer Musikologen Richard Parncutt veröffentlicht.

Hörfunktion bei ADHS deutlich verlangsamt

Bei musikalisch geübten Kindern arbeiten die rechte und die linke Hörrinde des Gehirns praktisch synchron, wenn beide Ohren dieselbe Information bekommen; bei ungeübten Kindern geraten sie minimal aus dem Takt. Bei Kindern mit ADHS (Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung) konnten die Wissenschaftler sogar eine markante Zeitverschiebung zwischen beiden Hirnhälften feststellen.

Außerdem war bei von ADHS betroffenen Kindern die Ausreifung der Hörfunktionen in der Hirnrinde deutlich verlangsamt, während junge Musiker einen Entwicklungsvorsprung zeigten. „Diese Entdeckung könnte erklären, warum auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörungen, ADHS und Lese-Rechtschreib-Schwäche häufig gemeinsam auftreten“, so Seither-Preisler.

Musik wirkt Defiziten entgegen

Einige der Probleme der betroffenen Kinder dürften somit auf eine unzureichende Zusammenarbeit beider Gehirnhälften zurückzuführen sein, mit negativen Folgen für Aufmerksamkeit, rasche Sprachverarbeitung sowie die Lese-Rechtschreibfähigkeit; eine musikalische Ausbildung wirke genau diesen Defiziten entgegen.

Sind aufmerksamer und hören besser zu

Die Ergebnisse zeigen nämlich, dass Kinder, die ein Instrument lernen, besser zuhören können, aufmerksamer sind und weniger Probleme haben, Hyperaktivität und Impulsivität zu kontrollieren. Darüber hinaus schneiden sie in Lese- und Rechtschreibtests besser ab als musikalisch ungeübte Gleichaltrige. „Es wäre daher förderlich, neue Formen von Musikerziehung für Kinder mit ADHS und Lese-Rechtschreib-Schwäche anzubieten“, raten die Wissenschaftler.

Hörrinde doppelt so groß

Im Zuge der Studie zeigte sich noch ein weiterer bemerkenswerter Befund: Die graue Substanz der Hörrinde bei musikalisch aktiven Kindern ist etwa um die Hälfte größer als bei den übrigen Altersgenossen. Eine Langzeitbeobachtung ergab, dass diese Hirnregion bereits vor dem musikalischen Training eine ganz bestimmte Form und Größe aufwies und sich über die Zeit nicht mehr veränderte.

„Besonders überraschte uns, dass wir am Volumen einer bestimmten Hirnstruktur zu Beginn des Instrumentalunterrichts verlässlich vorhersagen konnten, wie viel Zeit die Kinder in Zukunft mit dem Üben verbringen würden“, erklärt Seither-Preisler.

Motivation hängt von Veranlagung im Gehirn ab

Dies zeigt erstmalig, dass die Motivation, ein Instrument zu lernen, nicht nur von der Unterstützung des sozialen Umfelds, sondern auch von der Veranlagung im Gehirn abhängt. „Wer günstige Voraussetzungen mitbringt, wird leichter und mit mehr Begeisterung bestimmte Fähigkeiten erlernen – beispielsweise zu malen oder Schach zu spielen.

Das sollte man in Zukunft stärker berücksichtigen“, empfehlen die Forscher. Werden solche Kinder nämlich rechtzeitig in ihren Talenten und Interessen unterstützt, entwickeln sich die zugehörigen neuronalen Netzwerke besonders günstig, wodurch Lernen zunehmend zum Selbstläufer wird.

Man forscht weiter

Als nächsten Schritt möchte das Team erforschen, ob sich auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörungen mittels Messungen im Gehirn frühzeitig diagnostizieren lassen. Damit hoffen die Forsher rechtzeitig Maßnahmen setzen zu können, um die Wahrscheinlichkeit späterer ADHS-Diagnosen zu verringern.

„Jedem Kind ein Instrument“

Die aktuelle Studie wurde vom Deutschen Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützt und ist Teil der Begleitforschung zu dem musikalischen Bildungsprogramm „Jedem Kind ein Instrument (JeKi)“, das derzeit in Deutschland über 60.000 Kinder aller sozialen Schichten erreicht.

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