Semmering-Asylpläne: Heftige Proteste in Spital
Das Vorhaben von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), 150 bis 200 Flüchtlinge in einem alten Hotel in Spital am Semmering unterzubringen - mehr dazu in Großquartier für Asylwerber auf Semmering? (9.9.2014) -, sorgt weiter für heftige Kritik und Proteste - mehr dazu in Semmering: Weiter Kritik an Asylplänen (10.9.2014).
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Am Montag nun hatte die Gemeinde zu einer Bürgerversammlung geladen, um dabei Protestmaßnahmen zu besprechen - neben Bürgermeister Reinhard Reisinger (SPÖ) nahm auch der für Asylfragen zuständige Landesrat Siegfried Schrittwieser (SPÖ) teil.
Es kommen noch mehr Flüchtlinge
Rund 500 Bewohner füllten die Volksschule bis auf den letzten Platz, und es wurde zwei Stunden lang heiß diskutiert. Viele Fragen brannten auf den Zungen - etwa, wie sich der Flüchtlingszustrom in Spital am Semmering touristisch auswirke, denn im „Haus Semmering“ verbrachten zuletzt noch tausende Wintergäste ihren Urlaub. Nun sind dort bereits 140 Flüchtlinge aus 16 Nationen untergebracht, und es sollen noch mehr werden, bestätigte Landesrat Schrittwieser: „Die Ministerin sagt mir, unter diesem Druck, was die Flüchtlinge angeht die jetzt zu uns nach Österreich kommen, wird sie die Flüchtlingszahl hier nicht zurücknehmen können.“
APA/Erwin Scheriau
Gemeinde hat rechtlich keine Möglichkeiten
Nicht alle Einwohner nahmen das mit Wohlgefallen auf: „Jetzt haben wir eh schon 75 da, und dann schicken sie uns noch 250 oder noch mehr - da sollen sich die anderen Gemeinden auch bereit erklären, welche zu nehmen, und nicht alle auf einen Fleck hin“, sagte ein Spitaler, und auch sein Bürgermeister sieht das ähnlich, doch der Gemeinde fehle die Handhabe: „Rechtlich haben wir keinerlei Möglichkeiten, hier etwas anzufechten, aber die Bevölkerung verlangt es von der Gemeinde, hier zu reagieren, weil das Verhältnis einfach nicht stimmt“, sagte Reinhard Reisinger.
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Bei Vollauslastung im „Haus Semmering“ würden auf 180 Einwohner in Steinhaus mehr als 400 Aslywerber kommen - zu viele für die kleine Gemeinde, in der es bereits zwei weitere Asyl-Unterkünfte des Landes gibt. Diese wieder aufzulösen, sei vorerst aber kein Thema, sagte Schrittwieser.
Debatte: Was läuft falsch in der Asylpolitik?
Um ähnliche Situationen wie am Semmering zu vermeiden, appellierte Schrittwieser einmal mehr an alle Gemeinden, freiwillig Unterkünfte für Asylwerber zur Verfügung zu stellen - immerhin handle es sich bei Flüchtlinge um Menschen, die dringend Hilfe brauchen: „Derzeit ist es so, dass noch viele Bürgermeister verweigern, Flüchtlinge aufzunehmen. Ich habe den Bürgermeistern mitgeteilt, wenn es in Zukunft keine Zustimmung gibt, ich aber Asylquartiere habe - und die haben wir - dann werde ich in Zukunft auch gegen den Willen von Bürgermeistern zuweisen, aber in einer Größenordnung, die für Gemeinden erträglich ist“, so Schrittwieser - mehr dazu in Asyl: Schrittwieser warnt Gemeinden (13.9.2014); insgesamt erfülle die Steiermark ihre Asylquote derzeit zu 90 Prozent.
S6-Blockade steht im Raum
In Spital stehen jedoch bereits die nächsten Proteste im Raum: So schloss Bürgermeister Reinhard Reisinger am Montag nicht aus, dass es schon bald die nächste Bürgerversammlung geben könnte - verbunden mit einer Sperre auf der Semmering-Schnellstraße (S6).
FPÖ stellt „Dringliche“ im Landtag
Die steirische FPÖ macht das Flüchtlingsquartier auch zum Thema im Landtag und stellt dazu am Dienstag eine „Dringliche Anfrage“ an Schrittwieser. Die Freiheitlichen fordern die Auflassung der beiden vom Land betriebenen Quartiere am Semmering, um die Gemeinde damit etwas zu entlasten - mehr dazu in Semmering-Asyl-Unterkunft Thema im Landtag.