1.900 Jahre alte Skulptur bei Leibnitz gefunden
Der steirische Archäologe Bernhard Schrettle, der den ehemals römischen Tempelbezirk am Frauenberg bei Leibnitz erforscht, schätzt das Entstehungsdatum der Statuette auf etwa 100 Jahre nach Christi Geburt. Schrettle ist im Rahmen der heurigen Grabung am Frauenberg in einer Grabenanlage auf die mehr als faustgroße steinerne Skulptur gestoßen, wie die Archäologisch-Soziale-Initiative Steiermark (ASIST) am Mittwoch mitteilte.
Bernhard Schrettle
Hoher religionsgeschichtlicher Wert
Der Archäologe geht aufgrund weiterer Fundstücke davon aus, dass die Statuette am Ende des vierten Jahrhunderts nach Christus nach der Zerstörung des römischen Tempels entsorgt wurde. Die Statuette sei insbesondere von hohem religionsgeschichtlichem Wert, weil damit auch der langen Spekulation um die am Frauenberg verehrten Götter ein Ende gesetzt sei, so Schrettle. Dargestellt sei eine Frau, die ein Wickelkind stillt.
Experte sieht Mysterienkult belegt
Der Archäologe erkennt darin eine Muttergottheit, die dem Typus der „Isis Lactans“ entspreche. „Hier ist eindeutig belegt, dass der Kult einer einheimischen keltischen Muttergottheit mit dem Kult der ägyptischen Isis Lactans verbunden wurde“, meint Schrettle. Der Isiskult war durch die Handelsbeziehungen zwischen Rom und Ägypten in Kaiserzeit und Spätantike im Römischen Reich ein weit verbreiteter Mysterienkult.
Bernhard Schrettle
Keltenstämme gründeten Siedlungen in der Steiermark
In der Steiermark geht man von einer schrittweisen Zuwanderung keltischer Stämme seit dem zweiten Jahrhundert vor Christus aus, die dann ab dem dritten Jahrhundert größere Siedlungen, wie etwa jene auf dem Frauenberg gegründet haben. Auf einer exponierten Terrasse hatten sie dort einen Kulturplatz angelegt und opferten an dieser Stelle den Göttern Rinder, Schweine und Pferde, aber auch Silbermünzen und Waffen, wie Ausgrabungen seit Mitte der 1990er-Jahre ergeben haben. Hinweise auf dort verehrte Gottheiten wurden bis zuletzt nicht gefunden.