Familiärer Darmkrebs: Neue Genmutation entdeckt

Bis zu 20 Prozent aller Darmkrebserkrankungen basieren auf einer familiären, genetischen Disposition. Forscher der Grazer Med Uni haben nun eine weitere Genmutation identifiziert, die Aufschluss über das Erkrankungsrisiko geben kann.

Darmkrebs, auch kolorektales Karzinom genannt, steht weltweit an dritter Stelle der Tumorerkrankungen, in Österreich werden jährlich rund 5.000 Darmkrebs-Neuerkrankungen registriert.

Ein Fünftel aller Darmkrebspatienten betroffen

In rund 80 Prozent entstand der Tumor infolge von Zellveränderungen, die im Laufe des Lebens neu erworben wurden, so Heinz Sill von der Uniklinik für Innere Medizin; in 20 Prozent der Erkrankungen ist eine familiäre Häufung der Fälle zu beobachten - hier können offenbar vererbbare Genveränderungen zu einem erhöhten Risiko für die Entstehung der Erkrankung führen.

Darmkarzinom

Med Uni Graz

Darmkarzinom

Mittlerweile kennt man einige der dafür verantwortlichen Mutationen: „Die Identifikation dieser Mutationen kann wesentlich zur Risikoabschätzung und der Prävention von familiärem und erblichen Darmkrebs beitragen“, so Sill. Durch frühzeitig begonnene regelmäßige endoskopische Untersuchungen (Koloskopie) kann der Darmkrebs bereits in der Entstehung (als Polyp) erkannt und die Darmpolypen entfernt werden.

Mutation im Gen SEMA4A

Jüngst wurde am Grazer Uniklinikum eine weitere, offenbar schwerwiegende vererbbare Mutation identifiziert und in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „Nature Communications“ publiziert. „Mittels neuer Sequenziermethoden wurde eine Mutation im Gen SEMA4A identifiziert“, berichtete der Grazer Erstautor und Molekularmediziner Eduard Schulz.

Bisher wurde das Gen mit der Nervenentwicklung sowie der Modulation von Immunzellen in Verbindung gebracht, nicht aber mit Krebserkrankungen: „Darmzellen mit mutiertem SEMA4A zeigten eine deutlich höhere Aktivität von Signalwegen, die das Zellwachstum anregen. Dies ist ein wesentliches Charakteristikum von bösartigen Zellen“, schilderte Schulz die jüngsten Erkenntnisse. Bei Darmzellen mit normalen SEMA4A wurde die extrem hohe Aktivität in den Signalwegen nicht beobachtet.

Soll in Routineuntersuchung aufgenommen werden

Entdeckt wurde die Mutation bei der Untersuchung einer österreichischen Familie mit 88 Mitgliedern, bei denen kolorektale Karzinome über drei Generationen vererbt und keine der bisher bekannten Mutationen gefunden wurden. „Wir erwarten uns, dass das Gen in das Routineprogramm der genetischen Untersuchung der Genetischen Institute aufgenommen wird“, ist Sill von der Bedeutsamkeit der neuen Entdeckung überzeugt.

Er rät grundsätzlich, die ab dem 50. Lebensjahr kostenlosen Darmkrebs-Vorsorgeuntersuchungen in Anspruch zu nehmen. Bei Verdacht auf familiären Darmkrebs bestehe zusätzlich die Möglichkeit einer - ebenfalls kostenlosen - genetischen Beratung und genetischen Testung: „Je früher ein mögliches erhöhtes Risiko erkannt wird, umso früher und besser kann man im Ernstfall eingreifen“, so Sill.

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