Filzmaier: „SPÖ und ÖVP noch nie so schlecht“

Politologe Peter Filzmaier hat das Wahlergebnis in der Steiermark analysiert. Er sprach von dramatischen Veränderungen und einem historischen Tiefststand für SPÖ und ÖVP, die aber ihre Partnerschaft wohl fortsetzen würden.

Alle Ergebnisse, alle Daten

Insgesamt waren 964.665 Steirer in 287 Gemeinden aufgerufen, einen neuen Landtag zu wählen - bei der letzten Landtagswahl vor fünf Jahren waren es noch 542. Hier finden Sie alle Ergebnisse und Vergleichsdaten - mehr dazu in Alle Ergebnisse, alle Daten.

Die beiden „Reformpartner“ SPÖ und ÖVP erlitten massive Verluste und liegen nur noch knapp vor der FPÖ - mehr dazu in SPÖ, ÖVP und FPÖ fast gleichauf und in Politbeben erschüttert Steiermark: FPÖ nur knapp hinter SPÖ und ÖVP (news.ORF.at). Die Reaktionen fallen dementsprechend unterschiedlich aus - mehr dazu in Spitzenkandidaten: Freude und Entsetzen, in Die Reaktionen der Landesparteien und in Die Reaktionen der Bundesparteien.

„Was sollen sie denn sonst tun?“

„Wir haben dramatische Veränderungen im Wahlergebnis erlebt. Sowohl SPÖ als auch ÖVP haben einen historischen Tiefststand verzeichnet - noch nie lagen sie in einem Wahlergebnis in der Geschichte der Zweiten Republik so schlecht“, so Filzmaier. Eine Fortsetzung der „Reformpartnerschaft“ erscheine dennoch höchst wahrscheinlich, sagte Filzmaier im ORF. „Ich stelle die Frage: Was sollen sie denn sonst tun?“

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Nochmaliger Kurswechsel „wenig glaubwürdig“

„Sie haben sich selbst zu ‚Reformpartnern‘ gemacht, die eine ganz andere Politik verfolgen wollten, ein jetzt nochmaliger Kurswechsel - egal von wem der beiden - das ist wenig glaubwürdig. Da bliebe nur das machtpolitische Argument. Aber das ist auch etwas, was weder in den eigenen Reihen und schon gar nicht bei möglichen Wechselwählern gut zu kommunizieren wäre, also bleibt man beim Vertrauten, bei der Zusammenarbeit“, so Filzmaier.

Peter Filzmaier

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„Politisches Erdbeben“

Aufseiten der FPÖ, um die Dramatik zu veranschaulichen, müsse „man nur darauf verweisen, dass es die Freiheitlichen 2005 gar nicht in den Landtag geschafft haben“, so der Politologe: „Diese Veränderungen sind ein politisches Erdbeben. Paradoxerweise könnte sich, was die Regierungsmacht betrifft, genau gar nichts verändern, denn es gibt ja erste Signale, dass SPÖ und ÖVP ihre Zusammenarbeit fortsetzen wollen.“

„Den“ Grund für Ergebnis gibt es nicht

„Den einen Grund für die Erklärung des Wahlergebnisses gibt es nicht“, so Filzmaier weiter: „Die ‚Reformpartnerschaft‘ war es gar nicht, was die technischen Maßnahmen wie Gemeindezusammenlegung oder Landtagsverkleinerung betrifft. Sie war es teilweise, was sozialpolitische Einsparungen oder Nicht-Budgeterhöhungen betrifft. Hier hat nur ungefähr jeder zehnte steirische Wähler, egal für wen er war, zugestimmt.“

Vor allem sei das Ergebnis erklärlich durch die Stimmungslage, so Filzmaier: „Hat man die Wähler in der Steiermark gefragt, wie sie die wirtschaftliche und soziale Entwicklung des Landes einschätzen, dann war eine Minderheit der Meinung, dass diese positiv wären, und von jenen, die der Meinung waren, es war negativ, hat eine Mehrheit die Freiheitlichen und andere Oppositionsparteien gewählt.“

FPÖ neue Arbeiterpartei

Die FPÖ ist die neue Arbeiterpartei, zumindest in der Steiermark: Laut einer ISA-Wahlbefragung gaben bei der Landtagswahl nicht weniger als 61 Prozent der Arbeiter den Freiheitlichen ihre Stimme - mehr dazu in Wahltagsbefragung: FPÖ neue Arbeiterpartei. Außerdem konnte die FPÖ fast drei Viertel ihrer Wähler von 2010 erneut mobilisieren - mehr dazu in FPÖ mobilisierte viele Stammwähler. Laut einer Analyse der FH Joanneum könnten auch die Gemeindefusionen mit dem Ergebnis etwas zu tun haben - mehr dazu in Die Auswirkungen der Gemeindefusionen.

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