Schützenhöfer: Asylthema „hochexplosiv“

Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) spricht nach zwei Monaten im Amt von einem „schwierigen Start“: Das Flüchtlingsthema sei „hochexplosiv“; er befürchte, dass auch in der Steiermark Zeltlager kommen.

Am 10. Juni 2015 war der Weg zum Landeshauptmann-Sessel für Schützenhöfer frei: Die Nummer eins im Land sei er durch eine gemeinsame harmonische Entscheidung von SPÖ und ÖVP geworden, so Schützenhöfer - mehr dazu in Schwarz-Rot als „partnerschaftliche“ Lösung (11.6.2015).

„Man kommt nicht zum Nachdenken“

Schützenhöfer sagte, es sei „ein schwieriger Start“ gewesen: „Zwei Tage nach meiner Angelobung war diese schreckliche Amokfahrt in Graz mit all den Folgen. Das hat natürlich Wunden aufgerissen, da werden Narben bleiben, die schmerzen. Dann bin ich seit meinem Amtsantritt täglich mit der Frage der Flüchtlinge konfrontiert. Man kommt eigentlich gar nicht zum Nachdenken, wie das ist, wenn man jetzt ohne Franz Voves, aber eben mit Michael Schickhofer (beide SPÖ) in einer Partnerschaft ist“, so Schützenhöfer.

Bezirksquote „nur bedingt“ tauglich

Die Flüchtlingsproblematik begleitet Schützenhöfer seit seinem Amtsantritt. Es sei gut, dass sich der Bund da nun einbringe, sagte Schützenhöfer. Von Bezirksquoten, wie sie von Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) vorgeschlagen wurden, halte er nur „bedingt etwas“ - mehr dazu in Asyl: Kritik an Quotenberechnung des Bundes (31.7.2015): „Ich bin dafür, dass es so etwas als Richtschnur gibt, nicht als Gesetz, und wenn, dann zeitlich begrenzt - so soll es ja kommen.“

Schützenhöfer befürchtet Zeltlager

„Wenn man in der Praxis steht, sieht man: Ich habe Gemeinden, da habe ich Quartiere, ich habe Gemeinden, da kann ich machen, was ich will, da bekomme ich keine Quartiere zusammen, ich habe Bürgermeister, die nicht mittun wollen, die muss ich überreden. Das ist uns bisher gelungen. Wir haben jetzt eine Quote von 91 Prozent, wir haben bisher keine Zeltlager, wir haben bisher keine Container, ich befürchte aber, das lässt sich nicht halten“, sagte Schützenhöfer.

Der Aufnahmestopp im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen in Niederösterreich setzt die Politik unter Druck. Durch die steigende Zahl an neuen Flüchtlingen muss auch das Land immer mehr Quartiere auftreiben - mehr dazu in Asyl: Wettlauf mit der Zeit (5.8.2015).

„Menschen sagen, es wird langsam zu viel“

Schützenhöfer bezeichnete die Situation als „hochexplosiv“: „Wir haben alles getan, um die Flüchtlinge einigermaßen unterzubringen. Wir leben in einer hochexplosiven Situation. Da bin ich am Vormittag in einer Gemeinde in der Kirche und nach der Messe sagen mir die guten Menschen, die eine große moralische Substanz haben im Lande: ‚Es wird langsam zu viel.‘ Wir müssen sehr aufpassen, wir müssen besonnen bleiben, wir brauchen jetzt den nationalen Schulterschluss - dazu sind wir bereit.“

Landtag Hermann Schützenhöfer

APA/Erwin Scheriau

Schützenhöfer spricht sich für eine europaweite Quote aus

„Wir leiden alle darunter“

Auf die Frage, ob Österreich genug tue, sagte der Landeshauptmann: „Ja, wir haben mehr Flüchtlinge in Bezug auf unsere Bevölkerung als Deutschland, wir haben dreimal so viel wie Italien oder Frankreich. Wir tun sehr viel und wir leiden alle darunter. Es wird ein Hauptproblem, dass es diese Quote in Europa nicht gibt. Ein solidarisches Europa gibt es nicht.“

Für Flüchtlinge „Platz auf Zeit“

Auf die Frage, ob man die Grenzen schließen sollte, antwortete Schützenhöfer: „So weit sind wir noch nicht. Ich möchte da ganz vorsichtig agieren: Wir müssen für Menschen, die nur durch Flucht sich und das Leben ihrer Kinder retten können, für eine Zeit Platz haben. Etwas anderes sind die Wirtschaftsflüchtlinge, etwas anderes sind die Schlepper.“ Der Bund sei gefordert, „dass es in Europa zu einer Quote kommt“. Er sei „froh, dass die Bundesregierung von der Zuschauertribüne aufs Spielfeld kommt“: „Wir wollen ein Gesetz.“ Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) sei bisher eine Einzelkämpferin gewesen.

Vertrauensverhältnis mit SPÖ im Land

Auf die Frage, wie er es geschafft habe, Landeshauptmann zu werden, sagte er: „Wir haben fünf Jahre sehr gut zusammengearbeitet. Daraus ist ein Vertrauensverhältnis entstanden, das es nicht zugelassen hat, dass der eine den anderen über den Tisch zieht. Und das werden wir auch in den nächsten fünf Jahren so halten. Wir haben sehr viel vor, und wir werden das gewiss auch gemeinsam schaffen.“