Flüchtlinge: Erste Notquartiere einsatzbereit

Österreich führt „temporäre Grenzkontrollen“ ein. In der Steiermark bereitet man sich für die Aufnahme von Flüchtlingen vor. 1.500 Flüchtlinge wurden Montagnachmittag nach Graz gebracht. Zwei Hallen werden zu Notquartieren.

Flüchtlinge

APA/Kay Nietfeld

Die Steiermark rüstet sich für einen verstärkten Ansturm von Flüchtlingen.

Die Flüchtlingssituation hat sich seit Sonntag massiv verschärft. Die Lage in Ungarn droht zu eskalieren. Als Grund dafür gelten Berichte aus Ungarn, wonach dort derzeit Tausende Flüchtlinge direkt zu grenznahen Orten gebracht werden - mehr dazu in Ungarn räumt Flüchtlingslager. Die meisten Flüchtlinge, die nach Österreich kamen, wollen nach Deutschland weiter. In Deutschland selbst wurde entschieden, die Grenzen zu Österreich wieder verstärkt zu kontrollieren - mehr dazu in Dauer von Grenzkontrollen offen. Am Montag wurde klar: Österreich schließt sich dem an - mehr dazu in Deutschland als Vorbild sowie in Polizei warnt vor Eskalation.

Flüchtlinge am Hauptbahnhof

APA / Hans Punz

Ständiger Einsatzstab gebildet

"Wir haben ab heute einen ständigen Einsatzstab unter der Leitung der Landespolizeidirektion Steiermark und unter Einbindung aller beteiligten Organisationen eingerichtet“, sagte der geschäftsführende Landespolizeidirektor, Generalmajor Manfred Komericky. Die Polizei steht rund um die Uhr mit dem Österreichischen Bundesheer, Rettungsdiensten, der Feuerwehr, dem Land Steiermark, der Stadt Graz, den Österreichischen Bundesbahnen und der Caritas in Verbindung. Dieser Einsatzstab wird täglich zusammenkommen und ist rund um die Uhr mit einem Kernteam besetzt.

Halle am Schwarzlsee wird Notquartier

Derzeit wird eine Halle am Schwarzlsee als Notquartier vorbereitet. Die Halle, in der sonst Veranstaltungen stattfinden, wurde vom Arbeitersamariterbund angemietet. Sie soll laut Polizei noch am Montag einsatzbereit sein. Rund 1.000 Flüchtlinge sollen dort Platz finden.

Flüchtlinge kamen zu Halle in Graz

Zusätzlich wurde auch in Webling in Graz-Straßgang die ehemalige Halle der Baumarktkette Praktiker organisiert: 13 Busse brachten am Montag kurz nach 15 Uhr rund 500 Flüchtlinge in diese Halle, so die Polizei. Kurz vor 17 Uhr war bereits von rund 1.100 die Rede. Betreut wird dieses Quartier vom Roten Kreuz. Die Halle ist seit Montagnachmittag einsatzbereit.

Flüchtlinge Praktiker Baumarkt Graz

APA/Erwin Scheriau

Der Praktiker-Markt in Graz-Webling wird zum Flüchtlingsquartier

Bei beiden Hallen handelt es sich um Notunterkünfte, um die Flüchtlinge bis zu maximal 24 Stunden versorgen zu können. Die Suche nach weiteren Unterkünften gehe weiter, so Polizeisprecher Fritz Grundnig.

„Es sind momentan so viele Flüchtlinge an der Grenze gewesen, weit mehr als wir erwartet haben, dass wir unsere Ressourcen jetzt noch parallel zur Einweisung der Flüchtlinge hochfahren müssen“, schildert Peter Hansak, Einsatzleiter des Roten Kreuz im Praktiker-Markt, die Situation.

Während die Menschen mit dem Nötigsten versorgt werden, arbeitet das Rote Kreuz daran, die Infrastruktur rasch von 500 auf 1.500 Plätze aufzustocken - denn laufend rollen Busse mit Schutzsuchenden an, die mit ihren Kräften am Ende sind. Lange bleiben, können sie aber laut Hansak auch im Praktiker-Markt nicht: „Das ist ein Transitlager, in das Flüchtlinge gebracht werden und von hier weiter gebracht werden. Wir haben WC-Anlagen, wir haben eine Küche und können kochen, die Leute sind gut untergebracht. Sie bekommen Decken und Feldbetten. Wir müssen jetzt nur ein bisschen dafür sorgen, dass sich auch alle bei uns melden.“

Flüchtlinge kamen auch zu Fuß

Vor allem im Osten der Steiermark war man seit Montag verstärkt im Einsatz, weil sich einige Flüchtlinge vom Burgenland zu Fuß in Richtung Fürstenfeld, Feldbach und Fehring aufgemacht hatten. In Fehring im Bezirk Südoststeiermark kamen am Montag zwischen 60 und 70 Flüchtlinge am Bahnhof an. Sie wurden mit dem Zug weiter in Richtung Wiener Neustadt geschickt. Bis zu zehn Kilometer von Heiligenkreuz entfernt sah man Montagvormittag immer wieder Gruppen auf der Straße. Im Bezirk Hartberg-Fürstenfeld gab es noch keine Aufgriffe, die Streifen wurden aber informiert, dass sich kleinere Gruppen auch in Richtung Fürstenfeld bewegen sollen.

„Logistische Planungen“ laufen

4.500 Menschen kamen seit Sonntag in den burgenländischen Bezirken Güssing und Jennersdorf über die Grenze - zuerst über Moschendorf, danach großteils über Heiligenkreuz. Es gibt laut Behörden „logistische Planungen“, um die Menschen mit Bussen weiter in Quartiere, vor allem in der Steiermark, zu bringen. Die Behörde erwartete im Lauf des Tages noch bis zu 10.000 Flüchtlinge.

Soldaten in Rufbereitschaft

Angesichts des Rückstaus an Transitflüchtlingen seit der Schließung der deutschen Grenzen baut das Bundesheer seine Unterstützungsleistung für das Innenministerium immer weiter aus. Verpflegung und Transport gehören zu den Hauptaufgaben. Momentan sind über 200 Soldaten tätig. In der Steiermark sind 40 Personen in Rufbereitschaft - mehr dazu in Bundesheer hilft künftig Polizei (news.ORF.at).

Flüchtlinge in gutem Zustand

Rot-Kreuz-Sprecher Valentin Krause: „Es sind auch in der vergangenen Nacht Personen am Grazer Hauptbahnhof und am Grazer Ostbahnhof eingetroffen. Die Flüchtlinge befanden sich in den Umständen entsprechend gutem Allgemeinzustand. Das bedeutet, dass es diesbezüglich keiner weiteren Versorgung bedurfte.“

Winkende Hand aus Zugfenster

APA/ Sven Hoppe

Flüchtlinge aus Graz nach Salzburg gebracht

Laut Grundnig haben von den etwa 320 Migranten - sie waren mit sechs Bussen in die Steiermark gekommen - drei einen Asylantrag gestellt. Die meisten fuhren Montagfrüh, um 05.45 Uhr, nach Salzburg weiter. Dort wurden laut Polizei in der Nacht auf Montag wiederum 1.000 Menschen in der Bahnhofsgarage untergebracht. Der Zugverkehr nach Deutschland, der nach einer ersten Unterbrechung Montagfrüh wieder aufgenommen worden war, wurde Montagnachmittag wieder eingestellt.

„Haben Krisenstab eingerichtet“

Ab Dienstag treten in Ungarn strengere Asyl-Gesetze in Kraft - damit könnte sich der Flüchtlingsstrom in den Süden verlagern. Eine große Herausforderung auch für die steirischen Hilfsorganisationen, sagt Harald Schmied von der Caritas: „Wir haben einen Krisenstab eingerichtet, der täglich tagt. Wir versuchen, uns auf alle möglichen Szenarien einzustellen. Sowohl in der Akutversorgung, als auch in der Unterbringung von Flüchtlingen.“

In der Steiermark werden bereits mehrere hundert Kinder und Jugendliche grundversorgt, die ohne Begleitung nach Österreich gekommen sind. Sie könnten künftig von Pflegefamilien betreut und unterstützt werden - mehr dazu in Pflegefamilien für Flüchtlingskinder gesucht.

ÖVP-Parlamentarier fordern Bundesheereinsatz

Die steirischen ÖVP-Parlamentarier Werner Amon und Bernd Schönegger haben am Montag eine Verdoppelung der 2.200 geplanten Bundesheer-Soldaten an den Grenzen gefordert. Nicht nur im Burgenland, sondern auch in der Steiermark und in Kärnten müssten die Grenzübergänge, Verkehrswege und die grüne Grenze kontrolliert werden, um nicht überrascht zu werden, sagten sie.

Die neue ungarische Gesetzgebung werde laut ÖVP-Sicherheitssprecher Amon dazu führen, dass sich die Routen ändern und sich der „Zustrom auch über die Steiermark und Kärnten in den nächsten Tagen und Wochen verstärken“ werde. Daher müsste der Einsatz des Bundesheeres auch für andere Bundesländer gelten. Er sprach sich für einen menschlichen Umgang aus, aber warnte vor „illegalen Einwanderern“ - so müsste etwa der Anspruch auf Asyl bei Menschen aus manchen nordafrikanischen Staaten oder Pakistan genau geprüft werden.