Tausende Flüchtlinge schlafen im Freien

Da Slowenien die Menschenmassen nicht versorgen kann, sind auch am Donnerstag wieder mehrere Tausend Flüchtlinge über die Grenze in Spielfeld gekommen. Dort gibt es aber zu wenige Schlafplätze - viele müssen im Freien schlafen.

Wie viele Menschen sich genau in Spielfeld befinden, können weder Polizei noch Bundesheer genau sagen. Am Donnerstagnachmittag machten sich Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) ein Bild von der Lage an der Grenze - mehr dazu in Mikl-Leitner: „Festung Europa bauen“. Mikl-Leitner sprach sich ein weiteres Mal dafür aus, dass die Hotspots an den EU-Grenzen schnellstmöglich aufgebaut werden sollen. „Es sind schon wieder mehr als 20.000 Menschen am griechischen Festland angekommen“, weist die Ministerin darauf hin, dass der Flüchtlingsstrom nicht so schnell enden wird.

„We want to go Germany“

Schon Donnerstagfrüh mussten Absperrgitter geöffnet werden. Zu groß war die Befürchtung, dass es andernfalls Verletzte geben könnte. Der Druck im Lager sei zu groß geworden, hieß es. Als die Polizei die Absperrungen öffnete, verließen hunderte Flüchtlinge unkontrolliert das Lager - sie riefen „We want to go Germany“ und fragten, wie weit es sei und wie lange man dafür brauche; immer wieder kamen auch Taxis mit Grazer Kennzeichen, die Migranten als Kunden mitnahmen - um sie bildeten sich regelmäßig Menschentrauben.

Die Menschen wurden angehalten, auf dem Vorplatz zu warten, dennoch marschierten Hunderte einfach los - wie schon am Mittwoch, als sich auf Grund einer falschen Information hunderte Flüchtlinge auf eigene Faust auf den Weg nach Norden machten - mehr dazu in Flüchtlinge durchbrachen Absperrungen.

Am Donnerstag dürfte die Polizei aber besser auf den Durchbruch der Flüchtlinge vorbereitet gewesen sein: Die Schutzsuchenden wurden schon nach wenigen hundert Metern bei einem Kreisverkehr zum Umkehren aufgefordert, die Einsatzkräfte versuchten in englischer Sprache und mit Dolmetschern zu erklären, dass Deutschland hunderte Kilometer entfernt sei und sie noch Tage oder Wochen lang gehen müssten. Einige Flüchtlinge ließen sich aber auch davon nicht abhalten.

„Das sind keine Schwerverbrecher“

Polizeisprecher Fritz Grundnig versucht indes zu beruhigen: „Man muss betonen, das sind keine Schwerverbrecher, von diesen Personen geht keine unmittelbare Gefahr aus. Wir haben die Erfahrung gemacht, diese Leute gehen in Lebensmittelgeschäfte, kaufen dort ordnungsgemäß ein, bezahlen alles, sie gehen in Gasthäuser, bezahlen alles - sie versuchen einfach, selbstständig nach Deutschland weiterzukommen.“

Beunruhigung in der Bevölkerung steigt

Trotzdem steigt die Beunruhigung vor allem unter der Bevölkerung von Spielfeld: Der Ort wurde am Mittwoch von Flüchtlingen, die sich mit Lebensmitteln eindecken wollten, kurzfristig regelrecht gestürmt.

Zu viel auf einmal für die kleine Gemeinde, weshalb Bürgermeister Reinhold Höflechner (ÖVP) reagieren musste: „Wir haben unsere Feuerwehren alarmiert, wir haben auch um Unterstützung seitens des Bundesheeres und der Polizei gebeten, dass die Ortszufahrten abgeriegelt werden, dass dieser Strom kontrolliert auf der Bundesstraße in Richtung Norden marschiert und nicht rechts und links in die Ortschaften ausschwärmt.“

Laut Höflechner ist die Bevölkerung äußerst besorgt, „weil sie mit diesen großen Menschenmengen nicht umgehen können. Die Menschen tun an und für sich nichts schlechtes, sie wollen nur Richtung Deutschland, aber wenn solche Menschenmassen in Bewegung sind, dann muss man auch verstehen, dass die Bevölkerung in großer Sorge ist“.

Hermann Schützenhöfer in Spielfeld

APA/Erwin Scheriau

Hermann Schützenhöfer in Spielfeld

Schützenhöfer: „Unannehmbar“

Auch Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) machte sich am Donnerstag selbst ein Bild von der Lage in Spielfeld: Dabei bezeichnete er die derzeitige Situation als „unannehmbar“.

Wie schon im „Steiermark heute“-Interview am Mittwoch sagte er auch am Donnerstag, dass er die „Grenzen nicht dicht machen“ wolle, aber man müsse sie schützen können - mehr dazu in Schützenhöfer in Spielfeld: „Unannehmbar“ und in „So kann es nicht weitergehen“.

Zustrom ungebrochen

Wie es in Spielfeld weitergeht, ist derzeit völlig unklar; zudem ist der Zustrom aus Slowenien laut Polizei ungebrochen: Seit Mittwoch kamen mit fast 13.000 mehr Schutzsuchende denn je innerhalb von 24 Stunden in das Zwei-Millionen-Einwohner-Land - mehr dazu in Flüchtlingsandrang groß wie nie (news.ORF.at).

Absperrungen in Spielfeld geöffnet

Die Zahl der Flüchtlinge, die über den Westbalkan in die EU gelangen will, steigt täglich.

Flaggenparade abgesagt

Angesichts der Situation an der Grenze teilte das Land Steiermark am Donnerstag mit, dass die traditionelle Flaggenparade der Einsatzorganisationen anlässlich des bevorstehenden Nationalfeiertages abgesagt wurde - sie hätte am Freitag auf dem Grazer Hauptplatz stattfinden sollen.

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