118 FPÖ-Fragen an drei Landesregierer

Der Landtag hat sich am Freitag in einer Sondersitzung mit dem Flüchtlingsstrom beschäftigt. Die FPÖ sprach von Asylchaos und forderte vom Landeshauptmann mehr Druck auf die Bundesregierung. Die KPÖ verließ den Saal.

Für die Freiheitlichen habe der Staat in der Flüchtlingskrise die Kontrolle über die Situation verloren, geltende Gesetze würden nicht eingehalten werden.

Kunasek: „Landeshauptmann auf Tauchstation“

Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) warf FPÖ-Chef Mario Kunasek am Freitag vor, „in dieser wohl dringlichsten Frage, die wir in der Steiermark im Moment haben, völlig auf Tauchstation zu gehen, und ich sage, Herr Landeshauptmann, hier haben sie auch Verantwortung, als Sicherheitsreferent dieser Landesregierung, dass gültiges Recht und Gesetze eingehalten werden, und hier haben sie auch Verantwortung, mit der Bevölkerung in Kontakt zu treten, ihr reinen Wein einzuschenken und vor allem auch für die Sicherheit der Bevölkerung im Grenzraum entsprechend zu sorgen“.

Grenzzaun in Spielfeld

APA/Erwin Scheriau

Kurzer Grenzzaun bei Spielfeld

Der große Grenzzaun in Spielfeld kommt vorerst nicht. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) gab am Freitag bekannt, dass man auf Ersuchen Sloweniens zunächst auf den angedachten, 25 Kilometer langen Zauns verzichte. In einer ersten Stellungnahme im Landtag sagte Landeshauptmann Schützenhöfer, ihm falle ein „Stein vom Herzen“ - mehr dazu in Vorerst kein langer Grenzzaun in Spielfeld und in Zwei Monate für 3,7 Kilometer Zaun (news.ORF.at).

Schützenhöfer verwies in seiner Antwort darauf, dass der Bund und nicht das Land für die Grenzsicherung zuständig sei, dass er sich aber sehr wohl für mehr Polizisten und Soldaten an der Grenze eingesetzt habe und auch einsetze: „Ich war in den vergangenen Wochen mehrmals - und im Gegensatz zu manch politischen Mitbewerbern auch ohne mediale Begleitung - vor Ort. Es ist nicht die Verantwortung eines Landeshauptmanns, jeden Schritt, den man an der Grenze tut, filmen zu lassen.“

Schützenhöfer: „Noch keine Vorfälle“

Danach ging der Landeshauptmann auf die brodelnde Gerüchteküche ein: „Ich habe ein SMS bekommen - ein Hof und ein Geschäft in Wildon und Gralla wurden ausgeraubt. Ich habe mich erkundigt. Es wurden einige Äpfel von einem abgeernteten Baum geholt. Derjenige melde sich, der noch nie einen Apfel von Nachbars Baum geholt hat. Ich bekomme fürchterliche Meldungen - der Tourismus liegt darnieder. Und am Wochenende hätte kein Fahrrad zwischen den Autos auf der Weinstraße Platz gehabt, ebenso wenig wie Platz in den Buschenschenken zu bekommen war. Von der Wahrnehmung her ist jedes Geschäft im Grenzraum zwei Mal, in der Wahrheit gar nicht ausgeplündert worden. Mein Appell ist, wachsam zu bleiben, es kann jeden Moment was passieren, darüber denke ich ständig nach.“ Aber bisher sei es durch die Einsatzkräfte und Freiwilligen „noch zu gar nichts gekommen“.

Neuverhandlung der Asylquote derzeit kein Thema

Hannes Amesbauer (FPÖ) forderte eine Obergrenze für Flüchtlinge, die in der Steiermark betreut werden sollen sowie eine Neuverhandlung der Kostenverteilung zwischen Land und Bund für die Grundversorgung.

Auf seine Frage, ob man an eine Aussetzung der Bund-Land-Vereinbarung - Stichwort Asylquote - denke, verneinte die zuständige Integrationslandesrätin Doris Kampus (SPÖ): „Die Quote stellt, und das ist etwas, was man möglicherweise auch gerne übersieht, nämlich auch eine Obergrenze dar, das heißt, der Bund könnte diese Quote bei ihrem Vorschlag auch nach oben erhöhen. Dadurch würden wir Gefahr laufen, dass wir nicht wie bisher mindestens 60 Prozent der Kosten vom Bund rückerstattet bekämen, sondern dass möglicherweise die gesamten 100 Prozent seitens des Landes zu tragen wären.“

Kampus: „Im Höchstfall 13.576 Menschen“

Die FPÖ wollte von Kampus auch wissen, wie viele Asylwerber bis Ende 2015 im Land untergebracht würden: „Im Höchstfall 13.576 Menschen“. Kampus - sie bekam mit 70 von 118 Fragen der FPÖ an sie das meiste ab - führte aus, bei Personen mit Anspruch auf Grundversorgung würden es laut Schätzungen des Innenministeriums zwischen 80.000 und 85.000 in Österreich für das Jahr 2015 sein. Für die Steiermark würde das - gemäß dieser Einschätzung - im Höchstfall 13.576 unterzubringende Menschen bedeuten. Demnach würden bis zum Jahreswechsel im Maximalfall bis zu 4.887 weitere Plätze benötigt werden.

Unterbringungsquote zu 96,57 Prozent erfüllt

Mit Freitag erfülle die Steiermark die Unterbringungsquote laut Berechnungen des Bundes zu 96,57 Prozent, sagte Kampus - derzeit fehlen 326 Plätze. Von den in der Grundversorgung durch die Steiermark betreuten Menschen sind mit Stand 11. November 52,89 Prozent Männer, 16,15 Prozent Frauen und 30,96 Prozent Personen unter 18 Jahren. An unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen waren mit gleichem Tag im Land 437 in Landesquartieren.

Die meisten seien in Bruck-Mürzzuschlag (699), Graz (1.760), Graz-Umgebung (862), Hartberg-Fürstenfeld (749) untergebracht. In den Grenzebezirken Leibnitz und Südoststeiermark hielten sich 794 bzw. 319 Personen in Einrichtungen auf. 6.830 Personen sind in organisierten Quartieren und 844 Personen in individuellen Unterkünften.

„Keine seriösen Schätzungen über Einbußen“

Auch Wirtschaftslandesrat Christian Buchmann (ÖVP) musste sich den Fragen der Freiheitlichen stellen - 23 Fragen richteten die Freiheitlichen an ihn. Buchmann wies darauf hin, dass in einigen Staaten das Bewusstsein fehle, dass es sich bei der Flüchtlingsproblematik um ein europäisches Problem handle und nicht um ein österreichisches, italienisches, slowenisches, griechisches oder deutsches.

Auf die Dringliche Anfrage, wie viele steirische Betriebe wegen der Flüchtlingssituation wirtschaftliche Einbußen zu verzeichnen hätten, sagte Buchmann: „Bis dato hat sich kein steirisches Unternehmen konkret an mich gewandt. Nachfragen von Tourismusverbänden und Wirtschaftskammer haben ergeben, dass im Raum Bad Radkersburg rund 80 Betriebe und im Raum Spielfeld rund 15 Betriebe aus verschiedenen Branchen in unterschiedlicher Intensität betroffen sind“. Seriöse Schätzungen über Einbußen gebe es nicht.

KPÖ-Fraktion verließ den Saal

Der Landtag beschloss, die medizinische Versorgung in Spielfeld weiter zu verstärken, um diese für die ankommenden Menschen auf der Flucht auch bei großer Anzahl zu gewährleisten, sowie die Finanzierung und Organisation warmer Mahlzeiten zu gewährleisten, um die ehrenamtlichen und privat finanzierten Strukturen zu entlasten, die derzeit als einzige für warme Mahlzeiten sorgen.

Die KPÖ verließ bei den Abstimmungen den Saal. Die Freiheitlichen hätten dem Landesparlament „Schaden zugefügt, indem sie das Instrument der Sondersitzung bei einem dringenden und ernsten Thema für ein unwürdiges Theater missbrauchten“, hieß es von der KPÖ.

„Verantwortungslos und unwürdig“

„Die Art und Weise, wie heute von der FPÖ längst widerlegte Gerüchte und Falschmeldungen, als Fragen getarnt, im Landtag verbreitet wurden, um negative Stimmungen zu verstärken, ist verantwortungslos und unwürdig. Das bringt uns einer Lösung der Probleme keinen Schritt näher“, so KPÖ-Klubobfrau Claudia Klimt-Weithaler. "Es braucht eine geordnete Abwicklung der Flüchtlingsströme und es sollte Gebot der Stunde sein, dass alle Parteien darauf verzichten, Forderungen zu stellen, die lediglich Stimmungen und Meinungen transportieren, ohne sachliche Lösungsvorschläge zu beinhalten.“

Die KPÖ werde ihre Vorschläge und Ideen zur Bewältigung der Situation an der steirischen Grenze sowie einer menschenwürdigen und sozial verträglichen Versorgung der vorübergehend oder auch längerfristig in Österreich befindlichen Kriegsflüchtlinge im Rahmen der nächsten Ausschusssitzung einbringen, hieß es.

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