Wiederbetätigung: 15 Monate für 22-Jährigen

Donnerstagabend ist ein 22-Jähriger bisher unbescholtener Zweitangeklagter in Leoben wegen Wiederbetätigung zu 15 Monaten bedingter Haft verurteilt worden. Der Prozess gegen den 27-jährigen Erstangeklagten wurde vertagt.

Der 27-jährige arbeitslose Oststeirer musste sich am Landesgericht Leoben wegen versuchten Mordes verantworten, nachdem er Ende September 2015 einen langjährigen Freund mit einer Kurzhantel attackiert hatte. Das Opfer erlitt unter anderem einen Schädelbruch.

Langes Strafregister

Aber auch wegen Wiederbetätigung stand der 27-Jährige am Donnerstag vor Gericht - gemeinsam mit einem 22-jährigen Mitangeklagten. Der Hauptangeklagte, der seine Kochlehre beim Bundesheer abgebrochen hatte und seither mehrfach sowohl in Graz als auch in Leoben wegen Körperverletzung und Nötigung verurteilt worden ist, wurde aus der U-Haft vorgeführt: mit Glatze und Tattoos, wie zum Beispiel den Zahlen 1889 (Geburtsjahr von Adolf Hitler, Anm.) am Hals. Ganz anders der Lebenslauf des zweiten Angeklagten, der in Anzug und in Begleitung seiner Familie gekommen war: Matura und drei Semester Jus-Studium, nun studiert er Geografie, unbescholten.

Staatsanwaltschaft: Foto mit Hitlergruß

Eines haben die beiden Männer aber gemeinsam, und das hat die beiden auch im Mai 2015 via Facebook zusammengeführt: Beide fühlen sich politisch dem rechten Lager zugehörig. Laut Staatsanwaltschaft haben die beiden zusammen ein Foto von sich gemacht, auf dem beide mit dem Hitlergruß zu sehen sind. Der 22-Jährige stellte es auf Facebook, seine Freunde sahen es.

Das wollte der junge Mann am Donnerstag vor dem Geschworenengericht gar nicht leugnen: „Es war ein rieser Blödsinn, ich war auch schon g’scheit betrunken, wobei das keine Entschuldigung sein soll.“ Als er am Tag darauf wieder nüchtern war, löschte er erst das Foto, dann gleich sein ganzes Facebook-Profil: „Das lasse ich nun ganz bleiben.“

22-Jähriger nahm Urteil an

Am Donnerstagabend ist der 22-jährige, bisher unbescholtene Zweitangeklagte dann wegen Wiederbetätigung zu 15 Monaten bedingter Haft verurteilt worden. Der Student nahm das Urteil an, die Staatsanwaltschaft gab keine Erklärung ab, weshalb es noch nicht rechtskräftig ist.

App für Hakenkreuze

Der 27-Jährige bestätigte, dass die Idee zum Foto vom 22-Jährigen gekommen war, und gestand ebenfalls, noch sechs Hakenkreuze darunter gepostet zu haben. Die Richterin fragte ihn, wie er die Hakenkreuze posten könne, sie finde diese nirgends am Handy oder auf der Tastatur. „Dafür gibt es eine App“, glänzte der Beschuldigte mit Fachwissen.

Frage der Gesinnung

Während der Hitlergruß mit seinem Bekannten zunehmend in den Hintergrund rückte, interessierte sich das Gericht für die Gesinnung des vorbestraften Obersteirers. Auf seiner Facebook-Seite hatte er ein Bild mit dem Text „Wir sind auch ohne Sonne braun“. Die Richterin wollte wissen, was er damit meinte. „Ich wollte damit die braune Gesinnung ansprechen. Das ist teilweise auch meine Gesinnung“, gestand er ganz ungeniert. Was die vier Zahlen auf seinem Hals bedeuten, wollte er zwar nicht sagen („Es sind einfach vier Zahlen in einem“), dafür stellte er die Existenz von Gaskammern im Zweiten Weltkrieg in Frage, auch wenn es sie heute etwa in Mauthausen gibt - dort sei er nämlich schon einmal gewesen.

Angeklagter sorgte für Kopfschütteln

Für Kopfschütteln im Gerichtssaal sorgte der Angeklagte im Zuge seiner Befragung mehrfach. Auf die Frage, warum er kein Adolf Hitler-T-Shirt, sondern eines von einem anderen Adolf trage, meinte er sofort: „Weil ich keines habe.“ Erst im Nachsatz meinte er, dass er schon wisse, dass es verboten sei, er sei ja nicht blöd. Zur Sprache kam auch noch die Sehschwäche des Obersteirers: Gefragt wurde, wie viel Dioptrien er habe. Er antwortete: „Zusammengerechnet fünf.“ Erst auf Nachfrage des Gerichts erklärte er, dass er damit 2,5 links und 2,5 rechts meinte.

Versuchter Mord mit Kurzhantel

Nachdem sich das Gericht und die Geschworenen einen doch recht eindeutigen Eindruck von der Gesinnung des 27-Jährigen gemacht hatten, widmete man sich dem versuchten Mord: Zugetragen hatte sich das Ganze Ende September 2015 in der Wohnung eines langjährigen Freundes des Beschuldigten. Sie hatten zusammen Alkohol getrunken und Fußball geschaut. Dann schlug der 27-Jährige plötzlich auf seinen Schulfreund ein. Warum, wisse er nicht mehr, sagte er vor Gericht. Erst soll er das schon am Boden liegende Opfer mit Faustschlägen ins Gesicht verletzt haben, dann griff er auch noch zu einer knapp zehn Kilogramm schweren Kurzhantel. Mit der stieß er seinen Angaben zufolge einmal auf den Kopf des Mannes ein.

Blutbesudelt festgenommen

Das Blut bei der Auseinandersetzung spritzte laut Gutachten sogar die Wände hoch. Das Opfer erlitt einen offenen Schädelbruch, Rissquetschwunden und ein Schädelhirntrauma. Außerdem schlug ihm der 27-Jährige mehrere Zähne aus oder ab. Das Opfer konnte flüchten und lief zur Polizei, woraufhin der Verdächtige noch blutbespritzt in der Wohnung seines Schulfreundes festgenommen wurde.

Tötungsabsicht geleugnet

Vor Gericht gestand der Angeklagte, auf seinen Freund eingeschlagen zu haben, aber er habe ihn nicht töten wollen: „Wenn ich ihn umbringen hätte wollen, hätte ich noch fester zugeschlagen.“ Erst als er abgelassen hatte, habe das Opfer flüchten können. Während der Verletzte sich zur Polizei rettete, machte der Täter noch ein Selfie mit seinem blutbespritzten Gesicht inklusive vorgehaltenem Mittelfinger. Er habe damit nur mögliche Verletzungen in seinem Gesicht sehen wollen.

Opfer hat Folgeschäden

Am Nachmittag wurde das Opfer des 27-Jährigen gehört. Der Mann, der noch immer eine Delle auf der Stirn hat, weil an dieser Stelle sein Schädelknochen eingedrückt wurde, klagte über gelegentlich auftretende Kopfschmerzen, Wetterfühligkeit und stechende Schmerzen an den Narben am Kopf. Außerdem habe er seit der Attacke seines Schulfreundes Angstzustände und Schlafstörungen.

Mehrmals bewusstlos

Mehrmals sei er bewusstlos gewesen, sagte der Mann aus, er könne sich noch erinnern, wie ihm der Mann ins Gesicht sagte: „Jetzt stirbst und wenn du dich wehrst, dann geh’ ich zu deiner Mutter und deiner Schwester und bring’ die auch noch um, weil mir ist das wurscht.“ Als sich der Angreifer kurz weggedreht habe, habe das Opfer die Flucht ergriffen, wobei ihm der 27-Jährige noch bis zur Nachbarwohnung nachgelaufen sei.

Schmerzengeld gefordert

Nach den Schilderungen der körperlichen und psychischen Verletzungen wurden 10.000 Euro Schmerzensgeld sowie die Übernahme möglicher Folgekosten durch mögliche Behandlungen vom Obersteirer gefordert. Der Angeklagte schluckte und meinte: „Schon ein bissl hoch.“ Daraufhin fragte ihn die Richterin, ob er denn schon einmal einen gebrochenen Schädel gehabt habe, was der Beschuldigte verneinte.

Prozess gegen 27-Jährigen vertagt

Das Verfahren gegen den 27-Jährigen wurde ausgeschieden und wird am 25. Mai fortgesetzt. Der Verteidiger des einschlägig vorbestraften Obersteirers beantragte die erneute Ladung eines Polizisten, der am Donnerstag wegen Krankheit nicht gekommen war. Außerdem will er ein dreistündiges Video mit der Tatrekonstruktion komplett vorspielen lassen.