„Aula“-Prozess: Ehemalige KZ-Häftlinge abgeblitzt

Ehemalige KZ-Häftlinge, die mit einer Privatanklage gegen die freiheitliche Monatszeitschrift „Aula“ vorgegangen sind, sind am Freitag im Grazer Straflandesgericht abgeblitzt. Sie hatten wegen übler Nachrede und Beleidigung geklagt.

Geklagt wurde nicht wegen des ursprünglichen Artikels der „Aula“, in dem KZ-Häftlinge als „Massenmörder“ und „Landplage“ bezeichnet worden waren, sondern wegen des etwa ein Jahr später erschienenen Folgeartikels - mehr dazu in Folgenlose Hetze gegen KZ-Überlebende (8.2.1016): In diesem hatten die Herausgeber die Aussagen wiederholt und über den Ausgang des zivilgerichtlichen Verfahrens berichtet.

„Triumphierende Wiederholung“

Für die Kläger sei der Artikel „triumphierend“ ausgefallen und beinhalte eine Täter-Opfer-Umkehr: „Die noch lebenden Zeitzeugen versuchen aufzuklären und werden da als Massenmörder und Kriminelle bezeichnet“, führte der Anwalt der Kläger aus und sprach von einer „ganz üblen Geschichtsrevision“ - die ursprünglichen Aussagen seien in dem beanstandeten Artikel nämlich nicht zitiert, sondern triumphierend wiederholt worden.

Der Anwalt führte außerdem an, dass die noch lebenden ehemaligen KZ-Häftlinge direkt von den Aussagen betroffen seien, zumal einige von ihnen auch medial bekannt sind und in Schulen als Zeitzeugen Vorträge halten. Der Anwalt der Zeitschrift dagegen meinte, dass ein Bericht über das Verfahren ohne zu wiederholen nicht seriös sei - es ginge lediglich über den Triumph im Verfahren.

Anträge der Kläger als „verfehlt" bezeichnet

Sowohl der erste als auch der zweite Artikel würden klar machen, dass nicht alle KZ-Häftlinge Kriminelle oder eine Plage wären, es müsse aber möglich sein zu erwähnen, dass es auch Kriminelle gab. Der Anwalt sah die Anträge der Kläger als „verfehlt“.

Betroffenheit für Richter entscheidend

Der Richter entschied sich schließlich gegen eine Entschädigung, auch eine Beleidigung oder üble Nachrede lägen nicht vor, denn entscheidend sei die Betroffenheit: „Hier geht es nicht um die persönliche Betroffenheit, sondern um die individuelle Erkennbarkeit durch die Veröffentlichung.“

Die Frage sei, ob man als Person durch den Artikel individuell erkenn- und identifizierbar ist - das sei im Falle dieses zweiten Artikels in der „Aula“ nicht gegeben. „Den Erstartikel habe ich nicht zu beurteilen“, erklärte der Richter, auch wenn dieser „unstrittig unerträglich“ sei; auch der zweite Artikel sei „tendenziös“ und beinhalte „Geschichtsverdrehung und Geschmacklosigkeit“, aber er gebe lediglich die Inhalte des Erstartikels wieder.

Bericht - keine Behauptung

Es werde eins zu eins aus der Entscheidung der Staatsanwaltschaft zitiert: „Der zweite Artikel stellt daher nicht die Behauptung auf, sondern berichtet nur, was geschehen ist.“

Berufung angekündigt

In die Entscheidung des Richters floss die bisherige österreichische Judikatur ein: Im Fall der befreiten KZ-Häftlinge aus Mauthausen handle es sich um ein Kollektiv von rund 20.000 Menschen. „In Österreich gibt es keine Handhabe bei einem so großen Kollektiv.“ Es sei auch nicht entscheidend, wie viele von ihnen heute noch leben. Der Anwalt der Privatkläger kündigte Berufung an, das Urteil ist daher nicht rechtskräftig.